Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Junge, der es regnen liess

Der Junge, der es regnen liess

Titel: Der Junge, der es regnen liess
Autoren: Brian Conaghan
Vom Netzwerk:
interessierten. Was ihren Kleidungsstil, die Musik, die sie hörte, oder ihr Benehmen im Allgemeinen betraf, konnte man sie wohl als Emo-Mädchen bezeichnen. Was emotional bedeutet. Es bezieht sich auf eine bestimmte Musikrichtung. Emotionale Musik, könnte ich mir denken. Natürlich geht es darüber hinaus, in dem Sinn, dass auch ganz allgemein ästhetische Fragen und Verhalten mit einbezogen sind. Ikonoklastisch und subversiv – mit kleinem »s« geschrieben. Rosie fiel zweifellos in diese Kategorie, sie war eine Verschmelzung all dieser Dinge.
    Es ist ja nicht so, als würden wir Lehrer keine Musik hören. Dass wir uns Wissen in Pop-Kultur aneignen, sollte zur Bedingung werden. Wenn überhaupt, dann sind wir mehr auf Teenager eingestellt als jede andere Berufsgruppe. Ich würde allen Lehrern raten, sich X Factor , Big Brother oder The Inbetweeners anzusehen. Es hat mit dem Versuch, eine Beziehung aufzubauen, zu tun. Und das ist gar nicht so besonders schwer.
    Rosie hatte ein Gefühl für Englisch. Ich glaube aber nicht, dass ihr das bewusst war. Manchmal ist es schwierig, objektiv zu sein, die Fähigkeit zu entwickeln, sich von außen zu betrachten und die eigenen Erfolge und die Gebiete, die verbessert werden müssen, zu analysieren. Dafür kann dann vielleicht ein Lehrer ganz nützlich sein. Ich konnte sehen, dass sie echtes Potenzial hatte. Aus meiner Sicht hatte sie Spaß an Macbeth und an manchen von Shakespeares Sonetten.
    Ich fand, Cora Kelly war wie ein Mühlstein an Rosies Hals. Es war nicht zu übersehen, dass sie schlechten Einfluss auf sie ausübte. Vielleicht war das eine Art von intellektuellem Minderwertigkeitskomplex oder es lag an etwas Optischem. Sie wissen ja, wie Teenagerinnen sein können. Ich hatte das Gefühl, dass es eine Spur von Feindseligkeit in dieser Freundschaft gab. Cora konnte sehr boshaft sein, aber gleichzeitig hatte sie etwas herzzerreißend Charmantes an sich. Sie brauchte immer ein Publikum. Wenn Rosie aus irgendwelchen Gründen nicht im Unterricht war, benahm sich Cora wie ein verdrossener Hund ohne seine Besitzerin. Irgendetwas ziemlich Grundlegendes stimmte nicht mit diesem Mädchen. Keiner meiner Kollegen hatte ein gutes Wort über sie zu sagen, aber bitte betrachten Sie das nicht als eine Art Barometer!
    Unter keinen Umständen der Welt hätte sie ihr Examen bestehen können. Warum nicht? Einfach weil sie schwach und faul war. Ich glaube, man hatte ihr nahegelegt, dass es besser für sie sein könnte, von der Schule abzugehen und sich in der Berufsschule des Bezirks für einen Lehrgang als Kosmetikerin anzumelden. Wenn Sie mich fragen, war das eine gute Idee. Ich bin nicht sicher, warum sie es nicht gemacht hat. Meiner Theorie nach genoss sie die Annehmlichkeiten, die Kameradschaft und die Sicherheit, die die Schule ihr lieferte.
    Clem Curran? Nun ja, das ist eben so eine Geschichte, oder?
     

 
    Conor Duffys Einblicke
    Mann, der hatte voll die Angebersprache drauf. Und dann dieser Name, was sollte das denn? Konnten seine Alten ihn nicht ab, oder was? Die Hälfte von dem, was wir sagten, konnte er nicht verstehen, weshalb es ein Albtraum war, mit ihm zu reden. Wir Oberstufenschüler waren nämlich beauftragt, ihn so ’n bisschen rumzuführen, in den Klassenzimmern und im Aufenthaltsraum und so.
    Wo die Raucherecke war.
    Wo man’s in der Schule treiben konnte, ohne erwischt zu werden.
    Wer die guten Lehrer waren und wer die Vollidioten. Die Clowns.
    Mit welchen Schülern man sich abgeben konnte und wer die totalen Freaks und Spinner waren.
    Wer ins Irrenhaus gehörte.
    Ich meine die, von denen wir wirklich dachten, dass sie ins Irrenhaus gehörten. Nicht die, die sich aus Quatsch wie die Irren benahmen, sondern die Typen, die echt irre Sachen abzogen. Ich weiß auch nicht, so Schlägertypen. Nur viel schlimmer. Viel schlimmer. Aufschlitzen und all dieses Gang-Zeug. Wie auch immer, auf diesen Haufen Irre musste man jedenfalls aufpassen, das war wichtig, denn die hätten keine Hemmungen, einen dämlichen Engländer abzustechen. Ein falsches Wort oder ein falscher Blick, und das war’s dann.
    Die brauchten keine Ausrede. Klein-Sean hat ihm echt klar gesagt, er soll bei diesen Psychos besser die Schnauze halten, falls die sich an seinen Akzent stören würden. Klar, wir hätten jeden von denen fertigmachen können, wenn es drauf angekommen wäre, aber das war die Sache nicht wert, denn die würden einen abstechen, sobald sie die Chance dazu hätten. Also war’s einfach
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher