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Der Jüngstre Tag

Der Jüngstre Tag

Titel: Der Jüngstre Tag
Autoren: Michael Green
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wäre sie in großer Eile. An das Ende des Tisches, das am weitesten von der Minstrel Gallery entfernt und in der Nähe des erhöhten Podiums stand, wo Nigel und seine Söhne an ihrem aufwendig gedeckten Tisch sitzen würden, platzierte sie die Steed-Familie. Duncan und Jennifer nahmen am anderen Ende des Tisches Platz und schoben ihn ein Stück zurück, als wollten sie die Entfernung zum Podium vergrößern. Neben Duncan setzte Diana seine Tochter Virginia, deren dreizehnjährige Töchter Amy und Beatrice und ihre jüngere Schwester Hazel. Virginia war eine wahre Schönheit, die attraktivste Frau in Haver. Die hoch aufgeschossenen eineiigen Zwillinge bekamen allmählich weibliche Rundungen und ließen ahnen, dass sie ihrer Mutter eines Tages Konkurrenz machen würden. Doch die dreijährige Hazel mit den dicken roten Locken würde sie später vielleicht alle in den Schatten stellen. Neben Jennifer setzte Diana Camerons Töchter Rebecca und Kimberly, die beide Brillen trugen.
    Anschließend zeigte sie den Greys ihre Plätze.
    »Hast du Mary-Claire gesehen?«, fragte Cheryl Diana ängstlich, als ihr der Platz gegenüber ihrem Vater zugewiesen wurde.
    Diana schüttelte den Kopf. »Wir haben niemanden gesehen.«
    Paul hielt neben sich einen Platz für Mary-Claire frei, und Cheryl setzte sich mit ihren Söhnen auf die Plätze daneben. Bridget lag mit ihren Schusswunden darnieder, deshalb musste sich Cheryl um ihre zwei Nichten, ihre eigenen Söhne und Charlene Daltons verwaiste Zwillinge kümmern.
    Die letzten Plätze am Tisch nahe bei der Minstrel Gallery und beim Eingang zur Küche waren für Dianas eigene Familie, die Morgans, reserviert. Langsam schlurfte Susan, die ihre arthritischen Knie quälten, aus der Küche in den Großen Saal. Dianas überlebende Tochter Theresa folgte ihr. Auch sie hatte seit fünf Uhr früh in der Küche geschuftet. Wie all ihre Verwandten hatte die Morgan-Familie die hohen Wangenknochen der Chatfields. Dennoch waren ihre Gesichtszüge viel markanter als die der anderen. Die jüngeren Frauen waren zwar attraktiv, besonders Theresa, doch Susan und Diana sahen mittlerweile zänkisch und verhärmt aus.
    Diana stand am Ende des Tisches und betrachtete sich das Ganze. Der riesige Raum wirkte beinahe leer. Das ständige Gejammer ihres Cousins Mark über die Notwendigkeit, die Gemeinschaft zu vergrößern, schien auf einmal von größter Bedeutung zu sein.
    Von der älteren Generation am Tisch konnte nur Duncan für Zuwachs in der Familie sorgen. Die Frauen waren alle zu alt, um noch Kinder zu gebären, und Paul hatte sich sterilisieren lassen.
    Zur nächsten Generation gehörten Virginia, Kimberley und Rebecca Steed, Cheryl und Bridget Grey und Dianas eigene Tochter Theresa. Sie waren alle Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Aus dieser Generation war kein einziger Mann mehr in Haver.
    Zu der jüngsten Generation gehörten zwölf Kinder, darunter nur zwei Jungen, nämlich Cherlys Söhne Ruben und Harry.
    Das bedeutete, dass in Haver nur fünf zeugungsfähige männliche Erwachsene lebten. Diana nahm ihr graues Kopftuch ab und setzte sich ans Ende des Tisches. Sie starrte auf die Tür hinter dem Podium und wartete angsterfüllt auf die Ankunft der restlichen vier.

5
    Fünfzehn Minuten später betrat Greg Chatfield den Großen Saal durch die Tür hinter dem Podium. Diana schwante Böses, als sie sah, dass er eine seiner feinsten Tudor-Jacken trug, aus einem Kostümgeschäft in Haver, wo vor Ausbruch der Pandemie ein historischer Film gedreht worden war. Wenn etwas Wichtiges verkündet wurde, warfen Nigel und seine Söhne sich in Schale. Diana hatte das Rednerpult vorne auf dem Podium bereits entdeckt – ein untrügliches Zeichen dafür, dass Nigel eine Rede halten würde. Zumindest hatte keiner seiner Söhne mit einem Maschinengewehr auf der Minstrel Gallery Position bezogen.
    »Aufstehen!«, brüllte Greg.
    Die Versammelten erhoben sich und starrten auf die Tür. Allen stockte der Atem, als Nigel in Begleitung von Jasper und Damian mit einem Stapel Blätter das Podium betrat. Die drei trugen ebenfalls ihre besten Tudor-Kostüme. Damian hatte wieder seine gelbe Strumpfhose an und einen Federhut auf dem Kopf.
    Doch weder die Strumpfhose noch der Hut waren der Grund, warum der Gemeinschaft der Atem stockte. Es war der Anblick der winzigen Gestalt von Mary-Claire, die Nigel an einer Leine hinter sich herzog, die in einem beschlagenen Hundehalsband um ihren Hals endete.
    Damian zog seine Pistole und
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