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Der Jüngstre Tag

Der Jüngstre Tag

Titel: Der Jüngstre Tag
Autoren: Michael Green
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in die Höhe ragten. Langsam gingen die Familien davon, um die traumatisierten Kinder zu Bett zu bringen. Nur Diana blieb zurück und starrte gedankenverloren auf das Grab.
    Nach diesem Massaker blieben Nigel nur noch dreiundzwanzig Untertanen. Seine Söhne hatten nicht nur vier ihrer Verwandten getötet, sondern auch zwei zeugungsfähige Männer beseitigt. Der so wichtige Genpool war dezimiert.
    Nigel, der mit seinen Söhnen im Ballsaal von Haver saß, kümmerte sich nicht um künftige Generationen. Seine Hauptsorge galt der Frage, ob Mark und Steven Chatfield zurückkehren würden und wie er seinen Lebensstandard mit so wenigen Untertanen aufrechterhalten konnte.
    »Wagt ja nicht, noch einmal jemanden zu erschießen«, drohte er seinen Söhnen und funkelte sie über den Tisch von Boulle hinweg wütend an. Greg und Jasper wichen dem Blick ihres Vaters aus und starrten auf den Boden.
    Damian versuchte, sich zu verteidigen. »Ich dachte, du bist in Gefahr.«
    »Was? Wer sollte mir denn etwas tun? Wegrennende Frauen und Kinder? Ihr könnt froh sein, wenn Mark und Steven nicht zurückkehren und Rache üben.« Diese Vorstellung erschreckte die jungen Männer sehr. Er reichte ihnen Marks Nachricht.
    »Dieser arrogante Scheißkerl«, zischte Damian. »Was glaubt er eigentlich, wer er ist?«
    »Denkst du, sie kommen wieder?«, fragte Greg, dessen Stimme seine Angst verriet. Bei Marks waghalsiger Flucht war sein Zwillingsbruder Miles ums Leben gekommen, und er stand noch immer unter Schock. »Warum sollte Mark das Risiko eingehen und zurückkommen?«, zischte Jasper verächtlich. »Er hat doch, was er wollte: Allison.«
    Bei der Erwähnung seiner ehemaligen Geliebten stieg Nigel Zornesröte ins Gesicht. »Wenn sie sich hier noch einmal blicken lassen, vernichte ich sie alle, und vor allem diese Schlampe«, drohte er. Offenbar galt der Befehl, niemandem mehr Schaden zuzufügen, nicht für ihn selbst.
    »Ich bin sicher, sie kommen nicht zurück – jedenfalls nicht in nächster Zeit«, beharrte Jasper.
    »Mark blufft«, stimmte Damian ihm zu, doch es hörte sich an, als versuchte er lediglich, sich und seinen Vater davon zu überzeugen.
    »Vielleicht, aber wir müssen für den Fall der Fälle Sicherheitsvorkehrungen treffen«, sagte Nigel.
    Diana hielt noch immer Totenwache am Grab im Rosengarten, als Damian und Greg wieder den Lawn Court betraten.
    »Was machst du hier draußen?«, fuhr Damian sie an. »Du weißt, dass nach Einbruch der Dunkelheit Ausgehverbot herrscht.«
    Diana antwortete nicht. Greg bemerkte den Spaten und die feuchte, aufgewühlte Erde, die dunkel im Mondschein schimmerte, und nahm an, dass Diana vor einem Grab stand. Zumindest hatten die Bauern so viel Verstand, nicht noch mehr Gräber auf dem Bowlingrasen seines Vaters zu graben.
    »Du sorgst dafür, dass das Frühstück pünktlich serviert wird. Alle sollen sich im Großen Saal an die Tische setzen. Jetzt geh ins Haus«, befahl Damian.
    Diana antwortete weder, noch bewegte sie sich.
    »Willst du dich zu denen da unten gesellen?«, fragte Greg. Er zog die Pistole und zeigte damit aufs Grab. Diana bewegte sich noch immer nicht.
    Erst als sie sah, dass Damian ebenfalls eine Waffe zog, drehte sie sich um und ging langsam auf die Quartiere zu. Die Brüder hörten sie schluchzen. Es waren die ersten Tränen, die sie vergoss, seit ihre Tochter ermordet worden war.
    Als Diana sich ein Stück entfernt hatte, gab Damian Greg ein Zeichen, ihm zu folgen. Mit den Pistolen in den Händen überquerten sie den Lawn Court und gingen auf die Familienquartiere der Grey-Familie zu. Als sie sich dem Haus näherten, sahen sie Paul, Cheryl und die Kinder durch das Fenster. Sie drängten sich im Kerzenlicht um Bridget.
    Paul hörte knirschende Schritte auf dem Kiesweg vor dem Fenster und hob den Blick, als plötzlich die Tür aufflog. Greg und Damian stürmten mit gezückten Pistolen herein.
    »Was wollt Ihr?«, fragte er und sprang auf. Sein Kopf wippte nervös von einer Seite zur anderen.
    Die Brüder antworteten nicht. Greg durchquerte den Raum und ergriff Cheryls Tochter Mary-Claire.
    »Nein!«, schrie Cheryl und stürzte sich auf ihn. Damian feuerte eine Kugel ab, die über ihren Kopf hinwegzischte. Cheryl duckte sich, und Paul schirmte instinktiv die anderen Kinder mit den Armen ab, um sie zu schützen.
    Sekunden später waren die Chatfield-Brüder wieder verschwunden. Verängstigte Gesichter spähten durch die dunklen Fensterscheiben und blickten den vom Mondlicht
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