Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Jüngstre Tag

Der Jüngstre Tag

Titel: Der Jüngstre Tag
Autoren: Michael Green
Vom Netzwerk:
kaputt, und sie verzog ständig das Gesicht, wenn sie in dem verrosteten Rollstuhl über die holprigen Wege ratterte. Zum Glück fanden sie auch einen Kinderwagen für den kleinen David. Die Straßen waren von Unkraut überwuchert, zum Teil aufgerissen und an vielen Stellen uneben, und so war diese letzte Etappe ihrer Reise für alle ausgesprochen beschwerlich. Da Luke Steven am Rollstuhl und Penny am Kinderwagen ab und zu ablöste, kamen sie dennoch recht gut voran, auch wenn sie aussahen wie Flüchtlinge aus dem Zweiten Weltkrieg.
    Zwei Tage, nachdem sie Greenwich verlassen hatten, erreichten sie Sevenoaks. Es war spät am Abend und wurde bereits dunkel. Alle waren erschöpft. Obwohl sie es kaum erwarten konnten, mussten sie sich bis zum nächsten Tag gedulden, ehe sie sich Haver nähern konnten. Sie wussten nicht, was sie dort erwartete. Schließlich betraten sie erschöpft das Red House am Ende der Sevenoaks High Street, fielen angezogen auf die muffig riechenden Betten und schliefen auf der Stelle ein.
    Penny, Allison und die Kinder schliefen noch, als Steven und Luke sich am nächsten Morgen um sechs Uhr aus dem Haus schlichen und zum Haver Park liefen. Sie joggten durch die schmale Straße am Rand der Stadt und den Hügel gegenüber der St. Nicholas Church hinunter. Nachdem sie im Schutz der Dämmerung über das Gatter gestiegen waren, das die offenen Tore des Haver Parks schützte, rannten sie aufgeregt durch das Tal und den bewaldeten Hügel auf der anderen Seite hinauf. Als sie den Gipfel erreichten, traten die beeindruckenden Umrisse von Haver House aus dem Morgennebel hervor.
    Allison, Penny und Lee hörten Schritte auf der Treppe.
    »Der Union Jack und das Georgskreuz flattern über dem West Tower!«, rief Steven aufgeregt.
    »Wie geht es meiner Mutter?«, fragte Allison.
    »Wir sind nicht hineingegangen. Als wir die Fahnen gesehen haben, sind wir sofort zurückgelaufen.«
    »Deine Mutter ist bestimmt noch nicht aufgestanden«, sagte Luke. »Im Haus brannten keine Lichter.«
    »Ich wünschte, ich könnte Lee mit reinnehmen«, sagte Penny.
    »Das kannst du«, erwiderte Allison leise.
    Steven sah sie verwirrt an. »Er trägt doch den Typhus-Erreger in sich, oder nicht?«
    »Ja, er ist ein Träger. Einige oder alle könnten krank werden, wenn wir nicht aufpassen, aber sie werden nicht sterben.«
    Penny war ebenfalls verwirrt. »Woher weißt du das?«
    »Ich glaube, er trägt nicht den normalen Typhus-Erreger in sich. Ich glaube, es ist eine neue Krankheit, die nur für Menschen mit dunklerer Haut wie die Aborigine-Frauen und Menschen mit Maori-Vorfahren wie Zoë tödlich ist. Fragt mich nicht, wie es so eine Krankheit geben kann. Ich weiß es nicht.«
    »Seit wann vermutest du das schon?«, fragte Steven.
    Allison antwortete ihm nicht.
    »Hast du es gewusst, bevor wir Neuseeland verlassen haben?«
    Allison antwortete immer noch nicht.
    »Du hättest es meinem Vater sagen müssen!«, schrie Steven in ungezügelter Wut.
    »Und weißt du, was er getan hätte? Er hätte Holly für Lee geopfert, nur damit ihr bleibt.«
    »Du meinst, er hätte sie dem Virus ausgesetzt und sie sterben lassen?«, fragte Steven außer sich vor Wut. »Das hätte er niemals getan!«
    »Bist du dir da so sicher? Es war jedenfalls vernünftig, es ihm nicht zu sagen. Solange Lee keinen Kontakt zu Holly hatte, war sie vor einer Ansteckung sicher, und jetzt kann die Gemeinschaft in Neuseeland den Vorteil ihrer Maori-Gene nutzen.«
    Lee öffnete den Mund, um etwas zu sagen, doch Luke kam ihm zuvor.
    »Kommt, lasst uns gehen. Was spielt es jetzt noch für eine Rolle? Die Fahnen sind gehisst. Wir sind hier, und wir können Haver betreten. Das ist alles, was zählt.«
    Sie halfen Allison die Treppe hinunter, setzten sie in den Rollstuhl und legten den kleinen David in den Kinderwagen. Dann liefen sie die High Street entlang und folgten demselben Weg, den Steven und Luke in aller Frühe gegangen waren. Der Nebel löste sich allmählich auf. Als sie das Fußgängertor neben dem Gatter passierten, sahen sie die Umrisse des Rotwilds und des Viehs unten im Tal. Sie schoben den Rollstuhl und den Kinderwagen über den von Unkraut überwucherten schmalen Asphaltweg, der sich durch den Wald oben auf den Hügel schlängelte.
    »Seht mal«, rief Luke und zeigte auf die Fahnen, die über dem West Tower in der Brise wehten. Er strahlte.
    Stevens Freude war gedämpft. Er musste das, was er gerade von Allison erfahren hatte, noch verdauen und war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher