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Der Jüngstre Tag

Der Jüngstre Tag

Titel: Der Jüngstre Tag
Autoren: Michael Green
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es auf den Boden. Das Klirren des Metalls lenkte die Aufmerksamkeit der anderen auf das Drama, das sich oben an dem Tisch entspann. Im Großen Saal herrschte Stille. Jasper füllte aus allen Schüsseln Essen in die eine Schale, während Damian aus dem Kristallkrug Wasser in die andere goss.
    Zumindest würde Mary-Claire etwas Vernünftiges zu essen bekommen, dachte Diana. Sie und ihre Familie nahmen sich regelmäßig heimlich etwas vom Frühstück der Chatfields, ehe es serviert wurde – was die anderen Mitglieder der Gemeinschaft vermuteten, aber nicht beweisen konnten. Diana wusste, dass die anderen sie darum beneideten und oft hungrig blieben.
    »Gut«, zischte Nigel. Er nahm seinen Söhnen die Schalen ab und reichte sie Diana. »Stell sie da unten hin.« Er zeigte auf eine Stelle am Ende des Tisches.
    Diana stellte die Schalen auf den Boden, worauf Mary-Claire zu dem Essen kroch und die Leine sich spannte.
    Damian stand auf und spähte über den Tisch hinweg zu ihr hinunter. »Wage nicht, deine Finger zu benutzen«, drohte er.
    Der Rest der Gemeinschaft sah zu, wie die hungrige Mary-Claire das Frühstück verschlang und wie ein Hund Wasser aus der Schale schlürfte. Schweigend aßen sie den Rest ihres Mahls. Ohnehin schon durch den Tod ihrer Angehörigen gebrochen, stieg nun frische Wut auf Nigel und seine Söhne in ihnen auf.
    Als das Frühstück beendet war, erhob Nigel sich, nahm seine Notizen und ging zum Rednerpult. Er zog an der Leine und zwang Mary-Claire, aufzustehen und ihm zu folgen.
    »Sitz«, befahl er, als er das Pult erreicht hatte. Wie ein gehorsamer Hund hockte sie sich neben ihn und rieb sich den Nacken, wo das Halsband in ihre Haut schnitt.
    Cheryl weinte wieder, versuchte aber hartnäckig ihr Schluchzen zu dämpfen. Alle am großen Esstisch richteten ihre Blicke auf Duncan, der sitzen blieb und auf den Boden starrte. Diana hustete laut. Er warf ihr einen schüchternen Blick zu. Sie funkelte ihn böse an, um ihn daran zu erinnern, dass er es nicht wagen sollte zu schweigen. Zögerlich erhob er sich von der Holzbank.
    Nigel hob kurz den Blick und sah, dass Duncan aufgestanden war. »Setz dich«, stieß er hervor und sortierte seine Aufzeichnungen. Duncan gehorchte demütig.
    Entschlossen, die sorgfältig ausgearbeiteten Forderungen, über die die erwachsenen Mitglieder der Gemeinschaft bis zwei Uhr nachts diskutiert hatten, auf jeden Fall vorzutragen, sprang Diana auf. »Euer Lordschaft …«
    »Setz dich«, sagte Nigel, ohne den Blick zu heben.
    Diana blieb stehen. Damian nahm seine Pistole vom Tisch. Unbeirrt fuhr Diana fort, doch sie umklammerte die Tischkante, um das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. »Wir verstehen natürlich Euer Bedürfnis …«
    »Verstehen, verstehen«, unterbrach Nigel sie. »Das Einzige, was du verstehen musst, ist, dass dieser Hund eine ordentliche Tracht Prügel erhält, wenn du oder ein anderer meine Befehle nicht befolgt.« Um seinen Worten Nachdruck zu verleihen, zog er so fest an der Leine, dass Mary-Claire umkippte und zu husten begann, als das Halsband ihr einen Augenblick lang die Luft abschnürte.
    Cheryl warf Diana einen bösen Blick zu. »Setz dich hin!«, brüllte sie ihre Tante an. Jetzt gab Diana auf. Damian legte seine Pistole auf den Tisch. Die drei Brüder verschränkten die Arme, lehnten sich mit arroganten Mienen auf ihren Stühlen zurück und warteten auf die Rede ihres Vaters.
    Schließlich begann Nigel.
    »Es ist von größter Bedeutung, dass in Haver weiterhin alles reibungslos funktioniert«, begann er. »Mark hat die Hälfte der Arbeitskräfte der Gemeinschaft entführt und für uns alle ein großes Problem geschaffen.« Die Anwesenden sahen sich ungläubig an. Nicht nur Marks Flucht hatte ihre Anzahl verringert: Damian, Jasper und Greg hatten vier ihrer Verwandten niedergemetzelt. Das erwähnte Nigel mit keinem Wort.
    »Um Marks Tat auszugleichen, wird euer Arbeitstag verlängert. Das Mittagessen wird auf eine halbe Stunde verkürzt, und euer Arbeitstag endet erst um halb sechs abends.« Die Gemeinschaft begann zu stöhnen.
    »Der Sonntag ist kein Ruhetag mehr.« Das Stöhnen wurde lauter; wütendes Murren folgte. Sonntags hatten sie immer nur einen halben Tag frei gehabt, aber wenigstens war es eine Pause gewesen.
    »Ruhe!«, brüllte Nigel. Er wartete, bis das Murmeln verstummte, und fuhr dann fort. »Die Tretmühle wird nicht länger als Strafe für kleinere Vergehen eingesetzt.«
    »Er hat begriffen, dass sein Service leidet, wenn
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