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Der Joker

Titel: Der Joker
Autoren: Markus Zusak Alexandra Ernst
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Bankräuber sinkt auf die Knie.
    »Ich bin ja so ein Idiot«, sagt er.
    Dem kann ich nur zustimmen.
    Einen Moment lang schaue ich ihn an und bemitleide ihn, denn mir wird klar, dass ich den womöglich größten Pechvogel der Welt vor mir habe. Zuerst raubt er eine Bank aus, in der sich so unsagbare Idioten wie Marv und ich befinden. Dann verschwindet sein Fluchtwagen. Dann, als er auf der Sonnenseite zu stehen scheint, weil er weiß, wie er an einen anderen Wagen kommt, erweist sich dieses Gefährt als die erbärmlichste Schrottkarre der südlichen Hemisphäre. Ja, irgendwie tut er mir Leid. Stell dir das mal vor - diese Blamage!
    Als die Bullen ihm Handschellen anlegen und ihn abführen, sage ich zu Marv: »Siehst du es jetzt ein?« Immer wieder sage ich es und werde dabei immer lauter: »Siehst du es jetzt endlich ein? Das war gerade der schlagende Beweis
für die absolute Jämmerlichkeit deines« - und hier deute ich darauf - »Autos.« Ich mache eine kurze Pause. »Wenn diese Karre auch nur eine Winzigkeit taugen würde, wäre der Kerl davongekommen, oder etwa nicht?«
    Marv nickt. »Wahrscheinlich.«
    Es ist schwer zu sagen, ob er es tatsächlich vorgezogen hätte, dass dem Bankräuber die Flucht gelungen wäre, sozusagen als Beweis dafür, dass sein Auto nicht vollends schrottreif ist.
    Auf der Straße und überall auf den Autositzen liegt Glas. Ich weiß für den Moment nicht, was zerrütteter aussieht - das Fenster oder Marvs Gesicht.
    »He«, sage ich, »tut mir Leid wegen der Windschutzscheibe.«
    »Schon gut«, erwidert Marv.
    Die Waffe in meiner Hand fühlt sich warm und klebrig an, wie geschmolzene Schokolade.
     
     
    Immer mehr Polizisten tauchen auf und stellen Fragen.
    Wir fahren zur Wache, und dort will man alles über den Bankraub wissen, was passiert ist und wie es mir gelungen ist, die Waffe an mich zu bringen.
    »Er hat sie einfach fallen lassen?«
    »Das habe ich Ihnen doch gesagt.«
    »Hör mal, Freundchen«, sagt der Bulle. Er schaut von seinen Papieren auf. »Es gibt keinen Grund, rotzig zu werden, okay?« Er hat einen Bierbauch und einen grau werdenden Schnurrbart. Warum haben fast alle Polizisten, die ich kenne, einen Schnurrbart?
    »Rotzig?«, frage ich.
    »Ja, rotzig.«

    Rotzig.
    Das Wort gefällt mir.
    »Entschuldigung«, sage ich. »Er hat das Gewehr einfach beim Weglaufen fallen lassen, und ich habe es aufgehoben, als ich ihm nachgerannt bin. Das ist alles. Der Typ war einfach der absolute Idiot.«
    »Du sagst es.«
    Wir müssen eine ganze Weile dableiben. Das einzige Mal, dass der bierbäuchige Polizist beinahe die Fassung verliert, ist der Moment, als Marv ihn auf Schadensersatz für sein Auto anspricht.
    »Der blaue Falcon?«, fragt der Bulle.
    »Genau.«
    »Ganz ehrlich, Junge - der Wagen ist eine völlige Katastrophe. Eine Schande für die Welt.«
    »Ich hab’s dir ja gesagt«, erkläre ich.
    »Die Karre hat noch nicht einmal eine Handbremse, Herrgott noch mal!«
    »Na und?«
    »Du kannst von Glück reden, dass wir dir keine Anzeige dafür aufbrummen. Das Ding ist eine Gefahr für den Stra ßenverkehr.«
    »Na, herzlichen Dank.«
    Der Bulle grinst. »Gern geschehen.«
     
     
    »Ich möchte dir einen guten Rat geben.«
    Wir sind schon fast aus der Tür, als wir merken, dass der Polizist noch nicht fertig ist mit uns. Er ruft uns zurück, das heißt, eigentlich ruft er Marv zurück.
    »Was ist?«, fragt Marv.
    »Warum schaffst du dir keinen neuen Wagen an, Mann?«

    Marv betrachtet ihn mit ernstem Blick. »Ich habe meine Gründe.«
    »Was denn, kein Geld?«
    »Oh, Geld habe ich. Ich arbeite nämlich, müssen Sie wissen.« Aus irgendeinem Grund klingt seine Stimme scheinheilig. »Ich habe nur andere Prioritäten.« Jetzt lächelt er, wie nur jemand lächeln kann, der stolz ist auf einen Wagen wie den seinen. »Außerdem liebe ich mein Auto.«
    »Also schön«, sagt der Bulle abschließend. »Macht’s gut.«
     
     
    »Was für Prioritäten könntest du denn haben? Ausgerechnet du?«, frage ich Marv, als wir uns auf der anderen Seite der Tür befinden.
    Marv schaut stur und ausdruckslos geradeaus.
    »Halt einfach dein Maul, Ed«, sagt er. »Die meisten Leute mögen dich ja heute für einen Helden halten, aber für mich bist und bleibst du der Dreckskerl, der eine Kugel durch meine Windschutzscheibe gejagt hat.«
    »Willst du, dass ich dir den Schaden bezahle?«
    Marv schenkt mir ein Lächeln. »Nein.«
    Ehrlich gesagt erleichtert mich das. Ich würde lieber sterben, als nur einen
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