Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Infekt

Der Infekt

Titel: Der Infekt
Autoren: Linda Budinger
Vom Netzwerk:
die Uni so schlecht?«
    »Die Produktion hier ist sozusagen mein Hobby. Und Sie sind wohl ein Hobbyreporter. Oder sollte ich sagen: Polizist?«
    Cotton lief die Zeit davon. »Damit kommen wir also zum Kern des Ganzen. Wieso wollen Sie mich umbringen?«
    »Ich? Ach, Sie meinen die Waffe?« Harris schaute unschuldig auf die Pistole, als wäre sie ein Fremdkörper, der vom Himmel in seine Hand gefallen war. »Die ist nur gegen Einbrecher. Und was sollte ich gegen Sie haben? Ich kenne Sie ja nicht mal.«
    Cotton stand nun doch auf. Die Ereignisse der letzten Tage befeuerten seine Wut wie einen Heizkessel. »Wenn ich Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge helfen dürfte: Wir sind uns vor gerade mal zwei Wochen im Astoria Park begegnet.«
    »Stimmt, ich war da. Sie auch? Ich wollte das Feuerwerk bestaunen.«
    »Und dazu haben Sie Ihren Eiswagen in den Park gefahren.« Während seiner Zeit als Streifenpolizist hatte Cotton ein Gedächtnis für markante Einzelheiten entwickelt. Und nach dem Albtraum letzte Nacht war ihm eingefallen, dass er Harris das erste Mal am 4. Juli gesehen hatte. Aber er wusste nicht genau, in welchem Umfeld. Erst das Firmenlogo hatte ihn schließlich auf die richtige Spur geführt. »Sie trugen so ein Pinguin-Käppi und hatten die Brille vergessen.«
    »Das ist nicht verboten, oder?«, entgegnete Harris.
    Cotton musste husten. Er schwankte bei dem Versuch, das Gleichgewicht zu wahren.
    »Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte Harris scheinheilig.
    Nun war Cottons Geduld am Ende. »Das wissen Sie doch am besten, Doktor. In der letzten Woche hatte ich ein paar unliebsame Begegnungen mit bösartigen Krabbeltieren. Ein Mann ist deswegen tot.« Cotton wurde schwindelig, und ohne es zu wollen, sank er wieder auf den Hocker. »Und jedes Mal lief die Verbindung über Sie oder Ihr Labor in der Uni. Nur über das Motiv bin ich mir noch nicht im Klaren. Ist es Rache?« Er stützte sich mit dem gesunden Arm am Labortisch ab, damit er nicht umkippte.
    Harris zog den linken Mundwinkel ein Stück hoch. »Da nehmen Sie sich aber ein bisschen zu wichtig. Nun ja, da Sie ohnehin in den nächsten Stunden sterben werden, möchte ich Sie nicht im Dunkeln lassen.«
    Harris legte die Pistole beiseite und zog stattdessen eine Betäubungswaffe hervor. »Ich ziehe es allerdings vor, wenn ich die letzte Phase der Krankheit an Ihnen studieren kann. Kommen Sie also nicht auf dumme Gedanken, Mister, sonst muss ich Sie lahmlegen.«
    Cotton schätzte die Entfernung zur Pistole ab. Wenn er schnell genug war …
    »Was haben Sie mit mir angestellt?« Cottons Verzweiflung war nicht vorgetäuscht. Er baute schnell ab.
    »Das, mein Bester, haben Sie sich selbst zugefügt. Sie mussten ja unbedingt den Helden spielen.«
    Und endlich wurde Cotton alles klar. »Sie waren da, um das Attentat in allen blutigen Einzelheiten zu beobachten. Hinter Ihrem Wagen wären Sie vor der Explosion geschützt gewesen, und ein Gegenmittel werden sie bestimmt schon längst eingenommen haben.«
    Was für ein perfider Plan. Und es passte zu der Tatsache, dass Mörder oft an den Schauplatz des Verbrechens zurückkehrten oder sich bei der Auffindung der Opfer unter die Schaulustigen mischten.
    »Der Stolz des Künstlers.« Harris hüstelte affektiert. »Und dann kamen Sie mit Ihrer Superman-Nummer dazwischen. Monate der Vorbereitung umsonst. Da ist es nur ausgleichende Gerechtigkeit, dass Sie bei dem Versuch, Miller zu stoppen, mit dem Erreger in Kontakt …«
    Es klingelte an der Tür. Cotton nutzte die halbe Sekunde der Ablenkung und hechtete auf Harris zu, der instinktiv zurückwich und nach ihm trat. Cotton erwischte die Pistole auf dem Tisch, ehe er mit Schwung zurück gegen die Wand prallte. Die Luft wurde ihm aus der Lunge gepresst. Er ging zu Boden. Es kostete Cotton ungeheure Anstrengung, sich herumzudrehen und die Waffe auf Harris zu richten.
    Der zuckte nur die Schultern. »Ist nicht geladen.«
    Cotton drückte im Liegen ab, ohne sich zu vergewissern, ob Harris die Wahrheit gesagt hatte. Bis auf das leise Klicken des Abzugs blieb es still.
    Die Klingel schrillte ein weiteres Mal.
    »Holen Sie die …«, brüllte Cotton, doch der Rest des Hilferufs ging in einem Hustenanfall unter. »Feuer«, krächzte er noch, obwohl er bezweifelte, dass jemand an der weit vorne gelegenen Tür ihn hörte.
    Harris zischte und winkte mit der Betäubungswaffe. »Sie spielen nicht nur mit Ihrem eigenen Leben. Wollen Sie den unschuldigen Paketboten opfern?«
    Cotton traute Harris
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher