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Der indische Fluch

Der indische Fluch

Titel: Der indische Fluch
Autoren: Alfred Bekker
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ärgerlich.
    "Haben Sie eine Spinnenplage?" erkundigte sich Josh.
    "In diesem Jahr ist es ziemlich schlimm", brummte der Butler. "Das Hausmädchen kommt nicht nach! Es ist furchtbar!"
    "Wohnt hier noch eine junge Frau, mit dunklen langen Haaren?" erkundigte ich mich dann. "Ein eher exotischer Typ..."
    "Eine junge Frau?" echote der Butler. "Da wäre nur Miss Lisa, Gillian Carters Tochter aus ihrer dritten Ehe. Aber Miss Lisa ist blond und hat einen Kurzhaarschnitt..."
    "Und sonst? Wer wohnt noch hier?"
    "Mrs. Carter, Mr. Stanton, Miss Lisa, Mr. Lambert, meine Wenigkeit... Es gibt hier keine Frau, auf die Ihre Beschreibung paßt, Miss Chester."
    "Aber sie war hier! Gerade eben!"
    "Das ist unmöglich", erklärte Edward im Brustton der Überzeugung. "Ich wüßte sonst davon, Miss Chester! Sie müssen sich getäuscht haben..."

    *
    Edward führte uns in einen weitläufigen Salon. An einer Tafel aus Ebenholz war für uns alle gedeckt. Unablässig war die Klaviermusik zu hören. Romantische Apeggi erinnerten an die Wellen des Meeres, bevor harte, hämmernde Dissonanz-Akkorde dem ein dramatisches Ende setzten.
    Lambert, der Manager, stand lässig gegen eine Kommode gelehnt da und musterte uns aufmerksam.
    Eine junge Frau saß bereits am Tisch. Ihren blonden kurzen Haaren nach war sie Lisa Carter, die einzige Tochter der großen Diva.
    Lisa hatte ein sehr zartes Gesicht mit großen, in sich gekehrt wirkenden Augen, die ins Nichts zu blicken schienen.
    Sie trug ein blaues Kleid. Um den Hals hing ihr ein Diamentencollier. Sie saß da, schien uns gar nicht zu bemerken und kaute auf ihren Nägeln.
    Ein hübsches Gesicht, dachte ich.
    Und ein sehr trauriges.
    Und dann sah ich sie, deren Gesicht mich von Dutzenden von Filmplakaten angelächelt hatte und deren Name in riesigen Lettern auf der Leinwand stand, wenn einer ihrer Filme gezeigt wurde.
    Sie war eine alte Dame geworden.
    Lächelnd kam sie auf mich zu.
    "Ich bin Gillian Carter Stanton", stellte sie sich vor, als ob es bei jemandem wie ihr noch einer Vorstellung bedurft hätte! "Und Sie sind gewiß Linda Chester!"
    "Ja. Ich bin zusammen mit meinem Kollegen Josh Cody hier..."
    Sie gab erst mir die Hand, dann Josh. Dabei blickte sie an ihm hinab und sah auf die zerschlissene Jeans. Sie war eine perfekte Schauspielerin, denn die Mißbilligung, die sie zweifellos empfand, vermochte sie hinter einem charmanten Lächeln nahezu perfekt zu tarnen.
    "Es freut mich sehr, Sie kennenzulernen, Mr. Cody!"
    "Ganz meinerseits!"
    Sie deutete auf die Kamera um Joshs Hals und meinte dann:
    "Für eine Schauspielerin in meinem Alter ist jede Kamera ein Feind, Mr. Cody - wenn Sie verstehen, was ich meine!"
    Josh, ganz gefangen vom Charme der alten Dame, lächelte und erwiderte dann: "Ich glaube, die Kamera, die jemanden mit Ihrer Austrahlung entstellen könnte, ist glücklicherweise noch nicht erfunden, Mrs. Carter!"
    Gillian Carters Gesichtszüge wurden jetzt weich.
    "Wer hätte das gedacht, daß in Ihnen ein Charmeur der alten Schule steckt, Mr. Cody..." Sie wandte sich an mich und fuhr dann lächelnd fort: "Sie sollten sich glücklich schätzen, Miss Chester! Diese Gattung stirbt nämlich leider aus!"

    Josh zuckte die Achseln.
    "Leider weiß Miss Chester diese Qualitäten an mir bislang nicht so recht zu schätzen!" meinte er schelmisch und zwinkerte mir dabei zu.
    Josh war insgeheim immer ein bißchen in mich verliebt gewesen, aber für mich war er nicht mehr, als ein netter, sehr guter Kollege und Freund. Seine etwas jungenhafte Art entsprach einfach nicht dem, was ich mir von einem Mann erträumte und er wußte das auch.
    Dennoch unternahm er immer wieder einen - wenn auch kaum wirklich ernstgemeinten - Versuch.
    Er war eben ein Spaßvogel.
    "Bitte setzen Sie sich doch!" forderte Lambert uns auf. Wir nahmen Platz und Mrs. Carter saß mir direkt gegenüber.
    Der Butler begann indessen die Gläser zu füllen, während im Hintergrund immer noch ein wahres Inferno aus Klaviertönen tobte, ehe Norman Stantons Spiel schließlich in ruhigere Bahnen geriet. Er spielte jetzt ein Stück, das aus einer Reihe getragener, dunkler Akkorde zu bestehen schien, die wie eine akkustische Untermalung zu den massiven Blöcken aus grauem Stein wirkten, aus dem Pembroke Manor erbaut war.
    "Kommt mein Mann nicht zum Dinner?" fragte Gillian Carter an den Butler gewandt.
    "Er hat mir strickte Anweisung gegeben, ihn nicht beim Spielen zu stören, Ma'am!"
    "Dann befehle ich Ihnen das Gegenteil, Edward! Stören Sie
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