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Der indische Fluch

Der indische Fluch

Titel: Der indische Fluch
Autoren: Alfred Bekker
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zusammengestellt hatte, schien sich nicht gerade durch ein frohes Gemüt auszuzeichnen.
    Von Ferne war Klaviermusik zu hören. Hämmernde, aufwühlende Kompositionen von Rachmaninoff oder Skrjiabin, voll von düsterer Leidenschaft und schmerzerfüllter Sehnsucht drangen an unsere Ohren. Sie wurden mit einer geradezu von Besessenheit zeigenden Intensität gespielt, die einem Schauder über den Rücken jagen konnte.
    Zweifellos waren es die begnadeten Finger eines Meisters, die da in die Tasten griffen und dieses düstere Gemäuer mit einer überschäumenden Flut von Tönen erfüllten.
    Eine Tür öffnete sich und die Musik wurde für einen Moment etwas lauter.
    Ein Mann im dunklen Rollkragenpullover, mittelgroß und mit sehr wachen Augen kam herein. Das Lächeln, bei dem er zwei Reihen makellos blitzender Zähne zeigte, gefiel mir nicht. Es hatte etwas Kaltes, Geschäftsmäßiges an sich.

    "Miss Chester? Mr. Cody?" begrüßte er mich und sein überharter Händedruck sollte wohl jedem gleich klarmachen, wer hier das Sagen hatte. "Mein Name ist Thomas Lambert. Ich bin Mrs. Carters Manager."
    "Angenehm."
    "Mr. Farnham hat Sie mir gegenüber telefonisch angekündigt.
    Willkommen auf Pembroke Manor."
    "Ein schönes Anwesen."
    "Ja, Mrs. Carter hat Geschmack!"
    "Sind diese Bilder historische Stücke, die schon immer zum Besitz gehörten!"
    "Oh, nein!" Lambert schüttelte den Kopf. "Im letzten Jahrhundert war das Haus hier mal komplett ausgebrannt und stand dann jahrzehntelang als leere Ruine da. Ein Platz, von dem man sich Geistergeschichten erzählte. Sie wissen ja, wie so etwas geht..."
    "Sicher...
    "Nachdem es schließlich restauriert wurde, wechselten ziemlich häufig die Besitzer... Und jeder von ihnen brachte seine eigene Einrichtung mit. Wir haben uns natürlich bemüht, Mobiliar zu finden, daß sich vom Stil her einigermaßen einfügt, wenn Sie verstehen, was ich meine..."
    "Ja, sicher."
    Josh hatte seine Kamera um den Hals hängen. Das Revers seiner Jacke war dadurch ziemlich in Mitleidenschaft gezogen.
    Er sah sich um und ließ es kurz darauf bereits einigemal blitzen.
    Lambert hob daraufhin die Hand.
    Auf seiner Stirn erschien senkrecht zwischen den Augen eine dicke Furche.
    "Damit wir uns gleich richtig verstehen, Mr. Cody", sagte er dann in einem strengen, glasklaren Tonfall. "Jedes Bild, das dieses Haus verläßt, wird erst von mir begutachtet."
    "Aber..."
    "Andernfalls wird es gar keine Bilder geben. Habe ich mich klar ausgedrückt!"
    Josh zuckte etwas verärgert die Achseln.
    "Das war nicht mißzuverstehen", knurrte er zurück.
    Lambert setzte jetzt wieder ein joviales Gesicht auf, daß jedoch reichlich gekünstelt wirkte. "Sie müssen das verstehen", sagte er.
    "Ach, ja?" erwiderte Josh trotzig. Es war ihm überdeutlich anzusehen, daß ihm das Gehabe des Managers nicht gefiel.
    "Sehen Sie, Mrs. Carter hat im Grunde genug davon, im Mittelpunkt des Medieninteresses zu stehen. Sie will sich zurückziehen, deswegen ist sie hier her, nach Pembroke Manor gezogen. Andererseits möchte sie aber auch, daß die Erinnerung an ihre Arbeit, an ihre Filme und ihr Leben erhalten bleibt. Sie möchte ihr Image in der Öffentlichkeit etwas mitbestimmen..."
    "Vielleicht hätte sie dann lieber eine Werbeagentur engagieren sollen", erwiderte Josh etwas gallig. "Wir sind nämlich Journalisten!"
    Bevor Lambert etwas sagen und sich die Situation noch weiter zuspitzen konnte, mischte ich mich ein.
    "Ich denke, wir werden uns sicher einigen", erklärte ich in der Hoffnung, zu Gillian Carter selbst einen besseren Draht zu finden, als zu ihrem Manager.
    Lambert lächelte geschäftsmäßig.
    "Schön, daß Sie soviel Verständnis zeigen, Miss Chester.
    Ich sehe, ich habe es bei Ihnen mit einem Profi zu tun!" Dann wandte er sich an den Butler. "Edward! Wären Sie so freundlich und würden den Herrschaften das Gepäck auf die Zimmer bringen, die wir für sie vorbereitet haben?"
    "Ja, Sir", war die kühle Erwiderung.
    "Miss Chester! Mr. Cody! Ich nehme an, daß Sie nach Ihrer langen Reise hungrig sind. Daher schlage ich vor, daß wir uns in einer Viertelstunde zum Dinner sehen."
    "Einverstanden", nickte ich.

    *
    Die Zimmer, die man uns zuwies, waren groß und hoch. Sie lagen nebeneinander im Westflügel des Hauses.
    Das Klavierspiel war hier kaum noch zu hören.
    Als Edward, der Butler das Gepäck brachte, fragte ich ihn nach dem Pianisten.
    "Das ist Mr. Stanton", erklärte er.
    "Das habe ich mir gedacht", erwiderte ich.
    Norman Stanton,
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