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Der Hundeknochen

Der Hundeknochen

Titel: Der Hundeknochen
Autoren: Niklaus Schmid
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meiner Nase. Sein Atem roch nach Menthol und zart nach Erdnüssen. Er war geschult, keinen Mundgeruch zu haben. Erstaunlich mild sagte er: »Heute nicht. Wenn wir Sie das nächste Mal in einer fremden Wohnung erwischen, sieht es womöglich anders aus. Vielleicht sind Sie dann gerade dabei, die Wohnung auszuräumen, haben ein tragbares Fernsehgerät in der Hand und leisten Widerstand gegen die Staatsgewalt – und danach haben Sie wahrscheinlich Schwierigkeiten mit dem Laufen.« Er krümmte bedeutungsvoll den Zeigefinger.
    Das mit dem möglichen Schußwaffengebrauch war Humbug, das überließen sie anderen. Aber sonst traute ich den beiden schon allerhand zu. Sie tauschten einen raschen Blick und gingen zur Tür.
    Die Uhr in Salms Videorecorder zeigte 14:35. Eine halbe Stunde hatten die Landesbullen mir gestohlen. Wieder etwas, das auf die große Rechnung kam.

51.
     
     
     
    »Warum rasen wir eigentlich so?« fragte Judith. Sie wischte mit dem Handballen den Staub vom Spiegel der Sonnenblende und begann, sich die Lippen mit einem Fettstift zu schminken.
    »Wieso rasen? Tun doch alle«, wich ich aus.
    Jetzt war nicht die Zeit für Erklärungen, später im Hafen, ja dann. Aber auch nur, wenn wir rechtzeitig dort ankämen und wenn sich meine Vermutung nicht als Hirngespinst erweisen würde. Eine Menge Wenn und Aber, zugegeben.
    »Du siehst heute so anders aus, Elmar.«
    »Ich, anders, wie denn?« fragte ich abwesend.
    »So angespannt, du guckst, als stünden große Ereignisse bevor.«
    Es konnte ihr ja nicht verborgen bleiben, daß ich den Fuß bis zum Bodenblech durchgedrückt und den Blick dauernd im Rückspiegel hatte. Wieso überholte mich der Mercedes nicht? Der hatte doch einen viel stärkeren Motor unter der Haube. Fahrer, die am Wochenende nicht alles aus ihren Fahrzeugen rauskitzelten, verhielten sich verdächtig. War es ein Verfolger, und wenn ja, von welcher Seite?
    Nach dem Verlassen von Salms Wohnung hatte ich bei der Taxizentrale einen Wagen mit Pilot angefordert. Den zweiten Fahrer hatte ich mit meinem Kombi auf Verwirrungstour geschickt, mit dem ersten war ich zu meinem Büro gefahren und hatte ihn dann Judith abholen lassen. Kein billiges Vergnügen, aber wenn ich jetzt keine große Sprünge machte, würde ich bald überhaupt keine mehr machen.
    Ich hatte mich umgezogen und meine Reisetasche geschnappt. Wieder waren mir die Fotoabzüge eingefallen. Beweise brauchte ich. Und zwar auf der Stelle! Ich hatte bei meinem Nachbarn Sturm geklingelt, geklopft und gerufen. Danach war ich durch eine rückwärtige Luke in sein Atelier eingestiegen.
    Verdunkelte Fenster, abgestandene Luft und dazwischen ein süßlicher Geruch. Ich fand meinen Nachbarn. Er saß auf einem Stuhl vor seiner Druckerpresse, aber in recht ungewöhnlicher Stellung. Sein Oberkörper war weit nach vorn gebeugt, der Kopf lehnte gegen die Presse, die Unterarme steckten bis zu den Ellbogen zwischen den Walzen.
    Überall lagen Fotos verstreut, auf den Rückseiten der meisten Papierabzüge hatte der Werbemann seinen Stempel gedrückt. Und das war dann auch die Antwort auf die Frage, wie die Gangster darauf gekommen waren, gerade bei ihm nach den Abzügen aus meiner Fotoserie zu suchen. Daß diese den Mörder von Jan Wieczorek zeigten, daran zweifelte ich nicht mehr.
    Es wären die schönsten Beweismittel gewesen. Zu spät! Ich mußte den Fall ohne sie lösen.
    Zuerst rief ich Kurt an. Dann gab ich dem Zeitungsmann Tom Becker, als Ausgleich für seine Informationen, den Tip, umgehend zu meiner Adresse zu fahren. Zuletzt rief ich noch einmal die Taxizentrale an. Fahrerwechsel.
    Als die Sirenen der anrückenden Polizei ertönten, war ich mit Judith im eigenen Wagen schon ein gutes Stück vom Tatort entfernt gewesen.
    Der Mercedes hing immer noch an meiner Stoßstange. Ich tippte scharf auf die Bremse, er zog vorbei.
    »Werden wir verfolgt? Wirft gleich jemand wieder einen Aal durchs Seitenfenster?« Sie schenkte mir einen ihrer speziellen Blicke. »Oder verfolgen wir jemanden?«
    Ihr Blick wurde noch spezieller. »Du?« Ihr Finger zeichnete eine Schlangenlinie auf meinen Oberschenkel. »Mir wäre jetzt danach.«
    »Mir nicht so sehr. Nimm lieber deine Hand da weg. Bei diesem Tempo!«
    Mein Einwand störte sie nicht. Statt dessen zeigte sie mir, daß sie ihren Sicherheitsgurt mit soviel Sinnlichkeit ablegen konnte, als handle es sich dabei um einen Teil ihrer Unterwäsche. Sie rutschte tief in den Sitz und legte ihren Kopf auf meinem Schoß.
    Meiner
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