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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv
Autoren: Alexandra Cordes
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herum. Es war ein Prachtstück. Ein Saphir, so blau wie
    Jinnys Augen, und rundherum Brillanten, jeder so groß wie eine
    halbe Linse.
    Jinny kriegte ganz träumerisch vernebelte Augen.
    Ich steckte ihr den Ring an die Hand und sagte: »So, das wär's,
    mein Schatz.«
    Diesmal erhob sie keinen Einspruch gegen den Schatz.
    Sie drehte und wendete die Hand, und die Morgensonne ließ den
    Ring in allen Farben funkeln.
    »Womit hast du den bezahlt?« frage meine praktische Jinny.
    »Mit Geld«, sagte ich unschuldsvoll.
    »Aber der hat doch ein Vermögen gekostet. Und so viel verdienst
    du weiß Gott nicht.«
    Als Sekretärin in meinem vorläufigen Basishotel in Beirut wußte
    sie nur zu genau über mein Gehaltskonto Bescheid und leider auch,
    daß ich mal in die roten Zahlen geriet, obwohl ich mir Mühe gebe,
    das nur alle halbe Jahre vorkommen zu lassen.
    »Ich habe den Ring geschenkt bekommen«, sagte ich.
    »Geschenkt?« Jinny riß die Augen weit auf, aber gleich danach
    schlitzten sie sich mißtrauisch.
    »Das kann doch nur die verrückte Lady Brigg getan haben. Die
    mit ihren Klunkern. Immer hat sie dir an den Rockschößen gehan-
    gen.«
    Ich stel te mir vor, wie ausgerechnet Lady Brigg an meinen Rock-
    schößen, die natürlich als Jackettschöße zu verstehen sind, hing,
    und mußte lachen.
    »Lach nicht«, sagte Jinny. »Das ist viel zu ernst.«
    »Jinny, der Ring hat meiner Großmutter gehört, und ich habe ihn
    nur neu fassen lassen.«
    »Ist das auch wirklich wahr?«
    Ich legte stumm die Hand aufs Herz.
    »Oh, Jörg!« Jinny sprang auf und fiel mir vor allen Leuten quer
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    über den Frühstückstisch um den Hals.
    In entsprechend fröhlicher Stimmung kamen wir in Kapstadt an.
    Man muß dort gewesen sein, um zu wissen, wie schön eine Ha-
    fenstadt sein kann. Das Meer schäumt blau und weiß und grün in
    die Buchten, der Tafelberg beschirmt Häuser in Rosa und Weiß und
    Ockerfarben – heute natürlich auch Wolkenkratzer, aber die vergißt man bald, wenn man in die Gärten des ehemaligen Gouverneurs-palastes eindringt oder weiter zum Mount Nelson -Hotel spaziert.
    Blumen bilden ein Farbenmeer; da gibt es Bäume, deren Stämme
    vier Männer mit ausgestreckten Armen nicht umfassen können, die
    berühmten Kap-Eichen und Kap-Walnußbäume. Ihre Kronen sind
    so ausladend, daß man sich vorstellen kann, wie schon die ersten
    Siedler unter van Riebeeck ihren Schatten gesucht haben.
    Und dazu jenes Rassengemisch, das stärker als allen anderen Hä-
    fen dieser Stadt ihr Gesicht gibt.
    Schwarz und weiß und alle Zwischentöne, die aprikosenfarbene
    Haut der Mädchen, deren Urahnen aus dem fernen Osten Asiens
    kamen. Man nennt sie die Kap-Malaien, und die Frauen sind so
    schön, daß man glaubt, lebendiggewordenen Portraits Gauguins zu
    begegnen.
    All das wollte ich Jinny zeigen.
    Aber wir kamen nicht dazu.
    Kaum war der BLUE TRAIN SO elegant und leise in den Bahnhof ge-
    glitten, kaum waren wir ausgestiegen, samt Jinnys ›großem‹ Gepäck, als ein Herr in grauem Chauffeurzivil auf uns zutrat und mit ge-dämpfter Fistelstimme fragte: »Mister Helm, Sir?«
    »Ja, das bin ich.«
    »Erfreut, Sie bei uns begrüßen zu dürfen, Sir, Madam.« Er neigte
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    das glattgescheitelte englischblonde Haupt und entsprach nicht nur in dieser Beziehung einem Gentleman.
    »Darf ich Sie zum Wagen geleiten?«
    »Ja, bitte.« Aber über seinen Kopf hinweg blinzelte Jinny mir fra-
    gend und amüsiert zu.
    Der Wagen war ein Rolls, und ich muß schon sagen, ich hätte bis
    heute nichts dagegen, so einen zu besitzen. Jinny saß neben mir,
    das Kinn ein bißchen vorgereckt, die weißbehandschuhten Hände
    locker in ihrem schmalen Schoß – und ich wäre kaum verwundert
    gewesen, hätte sie mit einemmal begonnen, huldvol nach allen Sei-
    ten zu grüßen.
    Aber ich war doch heilfroh, daß sie's nicht tat, denn schließlich
    gesteht man solches nur noch gekrönten Häuptern zu.
    »Du, wo fährt der uns denn hin?« fragte sie, als wir längst die
    Stadt hinter uns gelassen hatten und über eine prachtvolle Straße
    den Ufern des Atlantiks folgten.
    »Ich nehme an, zum Hotel.«
    »Ist das denn die Richtung?«
    »Wo sollte er uns sonst hinfahren?«
    »Na, daß sie dich hierher eingeladen haben und so, ist ja schon
    große Klasse, ich meine, schließlich…« Jinny stockte, errötete.
    »Bin ich nur ein simpler Hoteldetektiv«, half ich ihr weiter.
    »So hätte ich es nicht ausgedrückt«, widersprach Jinny ohne Ver-
    blüffung. »Da du es
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