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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv
Autoren: Alexandra Cordes
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bist, hast du mich einfach mit auf die Rech-
    nung gesetzt! Und das will ein Bücherrevisor sein? Du schädigst die Sheraman-Kette ja!«
    »Nun hör mal zu.«
    Ich setzte mich neben Jinny aufs Bett, nahm eine ihrer Hände,
    die noch so kindlich aussahen, daß man direkt abgebissene Nägel
    und Tintenflecke daran erwartete. »Es liegt doch nicht an mir,
    wenn wir noch nicht verheiratet sind.«
    »An wem denn?«
    »An dir, mein Schatz.«
    »Du hast mich noch nie gefragt.«
    »Wieso denn auch? Jedesmal, wenn ich dazu ansetzen wollte, hast
    du es im Keim erstickt.«
    »Ich?«
    »Ja, du. Entweder hast du angefangen zu streiten …«
    »Du fängst immer an«, unterbrach sie mich sofort. »Denk doch
    bloß an gestern abend, als ich keinen zweiten Cognac trinken durf-
    te. Du hast mich behandelt, als wäre ich –«
    »Ich mag meine Frauen lieber nüchtern.«
    »Deine Frauen?«
    »Dich, Jinny.«
    »Du hast Frau-en gesagt! Mehrzahl!«
    »Aber ich habe bloß dich gemeint.«
    »Ehrenwort?«
    »Ehrenwort.«
    »Na schön. Also, wo waren wir stehengeblieben?«
    »Bei dir, mein Schatz, und daß du mir immer in die Parade fährst,
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    wenn ich mal vernünftig mit dir reden will.«
    »Jetzt lügst du schon wieder.«
    »Ach, Jinny-Kind. Ich geb's auf.«
    Ich seufzte tief und hoffentlich gequält, gab ihr einen Klaps auf
    die Hand und stand auf.
    »Warum brichst du jetzt die Diskussion einfach ab?«
    Ich schwieg und beschäftigte mich mit meinem Haar, das ich mir
    noch rasch in Johannesburg hatte stutzen lassen. Von den ›Mitar-
    beitern‹ der Sheraman-Kette wurde erwartet, daß sie wie englische
    Gentlemen wirkten. Ich bezweifle allerdings, daß ich dem Vorbild
    mit meinen Sommersprossen, die selbst bei Sonnenbräune durch-
    schlagen, und der dunklen Narbe über der rechten Augenbraue, die
    von meinen jugendlichen Boxkämpfen herrührt, entsprach.
    Jinny meinte, ich sähe absolut verwegen aus; man müsse sich bloß
    einfach die Sommersprossen wegdenken.
    »Du bist eitel!« sagte Jinny. »Du starrst schon seit fünf Minuten
    in den Spiegel.«
    »Seit dreißig Sekunden, mein Schatz.«
    »Immer mußt du widersprechen.«
    »Du auch, mein Schatz.«
    »Hör auf, mich ›mein Schatz‹ zu nennen, das klingt so – so her-
    ablassend.«
    Ich lächelte Jinny freundlich an und sagte: »Gut, dann werde ich
    dich ab sofort nur noch bei deinem vollen Vornamen rufen, liebe
    Johanna.«
    Wenn sie eines nicht ausstehen konnte, dann war es dieser Name.
    Und ich flüchtete aus dem Abteil, ehe Jinny mir nach dem weichen
    Kopfkissen was Härteres an den Kopf werfen konnte.
    Der BLUE TRAIN rollte so sanft über die Schienen, daß man sich
    nicht des Seemannsganges bedienen mußte, um heil durch die Gän-
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    ge in den Speisewagen zu kommen.
    Ein freundlicher Steward, der das runde, meist lächelnde Gesicht
    der Zulus hatte, geleitete mich zu meinem Tisch. »Madam schläft
    sicher noch?« fragte er.
    »Ja, sie wird später frühstücken.«
    Ich gab mich dem Studium der Frühstückskarte hin, die so lang
    war wie zwei ausgewachsene Menüs.
    Ich entschied mich für frischen Ananassaft, Rührei mit einer Gril -
    tomate, danach ein 1-Minuten-Steak und schließlich Kaffee, dazu
    gab es knusprige Brötchen, die noch warm waren und für mich, der
    ich ein Brotnarr bin, wie Ambrosia schmeckten.
    Jinny erschien zehn Minuten später, so brav und süß, als sei nicht das Geringste vorgefallen.
    Sie wußte genau, daß ich sie vom Fleck weg heiraten würde, wie
    ich wußte, daß sie Angst davor hatte.
    Ihre Eltern waren geschieden, ihre Schwester war geschieden, und
    sie selbst hatte eine geplatzte Verlobung hinter sich.
    Jinny nahm bald meine Hand, ihre Finger waren schon ein biß-
    chen klebrig vom Honig, den sie leidenschaftlich gern aß, guckte
    mich lieb an und sagte: »Weißt du, Jörg, ich möchte am liebsten
    immer so mit dir durch die Welt reisen; können wir nicht eine Wei-
    le lang hier im Zug hin- und herpendeln?«
    »Sicher könnten wir das. Dazu fehlt uns bloß ein reicher Onkel
    oder eine gute alte Tante, die nicht weiß, wo sie mit ihren Klunkerchen hin sol . Weißt du was, wir heiraten in Kapstadt, ehe wir zum Bushman's Cliff rausfahren.«
    »Geht denn das so schnell?«
    »Wir können es ja probieren.«
    »Oh, Jörg. Manchmal hast du doch ganz gute Ideen. – Aber
    wenn es nicht klappt? Dann ist das ein böses Omen.«
    »Auf jeden Fall kriegst du deinen Verlobungsring.«
    Ich zog ihn aus der Hosentasche. Ich trug ihn seit einer Woche
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    mit mir
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