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Der Hoteldetektiv

Der Hoteldetektiv

Titel: Der Hoteldetektiv
Autoren: Alexandra Cordes
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Sir Walters Erfindung, die beim Servieren von
    Moi-gi-haltigen Speisen oder Getränken einen üblen fauligen Ge-
    ruch verursachte und somit das Gift erkennbar machte.
    Unser Codewort hieß ›schöner Sonnenuntergang‹; mein Telefon
    stand im Bauch des Hotels; da, wo Wasser-, Heizungs- und sämt-
    liche anderen Energieleitungen in einem Block zusammenliefen,
    war der Nabel dieses Bauches.
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    ›Schöner Sonnenuntergang‹ bedeutete, daß alles in Ordnung war,
    das Codewort ›Wolken‹ die Katastrophe.
    Bis neun Uhr abends tat sich nicht das geringste, bis auf die Rou-
    tineanrufe meiner Mitarbeiter: »Es wird ein schöner Sonnenunter-
    gang werden. Es war ein schöner Sonnenuntergang. War das nicht
    ein ausnehmend schöner Sonnenuntergang gewesen?«
    Um acht Uhr hatte das Bankett begonnen, um Viertel vor zehn
    klingelte das Telefon.
    »Was haben Sie mir da für ein verfluchtes Fritieröl geliefert«,
    dröhnte Sir Walters Stimme. »Wir haben hier ein Bankett, und ich
    sitze auf meinen unfritierten Beignets. Das Zeug stinkt wie Petro-
    leum und ist wolkig, daß es einem den Magen umdreht!«
    Ich schmiß den Hörer auf die Gabel, riß ihn wieder hoch, wählte
    die Eins-drei. »Wolken über Eins-zwei!«
    Ich guckte auf die Uhr, wenn alles klappte, würde die Küche in-
    nerhalb von dreißig Sekunden von sechs Spezialpolizisten in Zivil
    besetzt sein, und da sollte es noch jemand wagen, zu entwischen.
    Die Köche standen blaß wie ihre weißen Monturen herum, so, als
    hätten sie alle gerade die berühmte Ohrfeige aus dem Märchen be-
    kommen; die Polizisten bei Fuß.
    Sir Walter thronte an dem großen Tisch mit der Platte aus rost-
    freiem Stahl, der normalerweise zum Tranchieren von Fleisch be-
    nutzt wird.
    Sir Walter rauchte in aller Gemütsruhe eine Zigarre, die gewaltig
    genug war, in sein Gesicht zu passen.
    Er nahm die Zigarre aus dem Mund, als er meiner ansichtig wur-
    de, und sagte: »Mein lieber Freund, dieser junge Mann hier ist für den Einkauf aller Lebensmittel außer Fleisch, Gemüse und Obst
    verantwortlich.«
    Er deutete höflich auf einen jungen Mann in grauem Anzug, des-
    sen Gesicht nur um ein paar Nuancen weniger grau war.
    Er hieß Ernst-Mathias Wiese, stammte aus der Schweiz, hatte dort
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    die Hotelfachschule besucht und war von der Longmans-Gruppe
    vor drei Jahren zu uns übergewechselt.
    Sonst ließ sich bisher nichts gegen oder über ihn aussagen.
    Ich bat Herrn Wiese höflich, mich zu begleiten.
    Der Rolls brachte uns beide zum Besitz von Sheraman.
    Dort, in der verschwiegenen Bibliothek, führten wir ein kurzes
    und hartes Gespräch.
    Es stellte sich folgendes heraus:
    Seit drei Jahren – seit Wiese als Catering Manager im Bushman's Cliff tätig war, hatte er sämtliche Waren von ein und denselben Herstellern bezogen. In der vergangenen Woche hatte ihn ein Vertreter von Kossmanns aufgesucht und ihm einige neue Warenmus-
    ter mitgebracht. Unter anderem eine Dose besonders kalorienarmes
    Fritieröl.
    Und diese Dose war heute abend unter den wachsamen Augen
    Sir Walters geöffnet worden.
    Wiese beschrieb den Vertreter.
    Ich ließ die Beschreibung über Fernschreiber an die einschlägigen
    Dezernate in Kapstadt, Durban und Johannesburg tickern.
    Zwei Tage später, die Jinny und ich weiterhin als persönliche Gäste von Sheraman auf seinem Besitz verbrachten, wurde unser Mann in
    unserem Hotel in Johannesburg gefaßt, dem Oysterbarrel.
    Beim Verhör in Kapstadt, dem ein Beamter der Kriminalpolizei
    beiwohnte, brach Job M. zusammen, wurde zu einem weinenden,
    greinenden Häuflein Elend.
    Ehemals Besitzer eines kleinen, gutgehenden Hotels bei Durban,
    hatte er seine Existenz verloren, als nebenan ein Sheraman-Hotel er-
    öffnet wurde.
    Seine Frau war ihm davongelaufen, Kinder hatte er keine. Das
    einzige, was ihm blieb, war sein Haß auf die Sheraman-Hotels.
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    Job M. hatte mit der Idee gespielt, sich eine Bombe zu besorgen,
    um wenigstens das Hotel in Durban in die Luft zu sprengen.
    Aber so einfach war das gar nicht. Schließlich kann man Bomben
    nicht im Laden an der Ecke kaufen.
    Zwischendurch versuchte Job M. sich in allen möglichen Berufen,
    bis er als Vertreter beim Kossmanns-Großhandel unterkam, der Ho-
    telbetriebe mit unverderblichen Lebensmitteln versorgt.
    Durch Zufall wurde Job M. Zeuge, wie im Hafen von Durban ein
    Cholerafall ruchbar wurde.
    Cholera – das waren doch Bakterien oder Bazillen? Die mußte
    man doch in irgend etwas befördern können, in dem sie sich
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