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Der Himmel auf Erden

Der Himmel auf Erden

Titel: Der Himmel auf Erden
Autoren: Ake Edwardson
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seine Bewegungen nicht mehr richtig kontrollieren. »Jerner hat ein Auto. Wir müssen nachsehen, ob es draußen steht.«
    Er wählte die Nummer und bat um alle Verstärkung der Welt.
    *
    Minuten später waren sie immer noch allein in der Wohnung. Winter hatte Bengt Johansson angerufen und dann Hans Bülow. Jetzt hatten sie eine Jagd vor sich.
    Auf dem Fußboden im Bad und auf der Spüle war Wasser. Jerner war nicht aus der Welt. Micke konnte nicht weit entfernt sein.
    Winter war unten gewesen und hatte den Parkplatz abgesucht. Aber das war sinnlos gewesen. Innerhalb einer halben Stunde würden alle in diesem Haus erzählen müssen, was sie gesehen hatten und was sie wussten.
    »Hat niemand darauf reagiert, dass er einen kleinen Jungen hier hatte?«, sagte Ringmar jetzt.
    »Wenn sie es mitgekriegt haben«, sagte Winter. »Vielleicht hat er gewartet, bis es dunkel wurde und den Jungen dann hinaufgetragen.«
    »Aber dann?«
    »Sie sind nicht rausgegangen.«
    Ringmar wandte sich ab. Winter stand mitten im Zimmer. Er sah die Videokassetten in ihren schwarzen Schubern, ging zum Tisch und nahm eine nach der anderen in die Hand. Es gab keine Kennzeichnung, keinen Text.
    Er sah sich um. Rechts stand ein Regal mit Kassetten, die meisten waren beschriftet. Gekaufte Videos. Er wusste, dass Pädophile ihre Filme in harmlose Krimis oder Komödien kopierten. Er hatte schon alles zwischen Himmel und Erde gesehen, plötzlich konnte eine fremde Sequenz kommen, ein Kind, das… das…
    Aber jetzt brauchte er nicht zu schauen. Pädophil. Wenn Jerner nicht pädophil war, was war er dann? Winter war nicht sicher.
    »Hast du hier drinnen eine Kamera gesehen, Bertil?«, fragte er und wedelte mit einer Kassette in Ringmars Richtung.
    »Nein.«
    Im Videoapparat steckte kein Film. Winter legte eine der Kassetten ein, schaltete auf den Videokanal und ließ das Band laufen. Ringmar stellte sich neben ihn. Sie warteten die Bildstörungen am Anfang ab.
    Das Bild hüpfte förmlich hervor, plötzlich, unerwartet scharf. Bäume, Büsche, Gras, ein Ballplatz. Kinder in einer Reihe. Erwachsene an beiden Enden und in der Mitte. Ein Frauengesicht, das Winter erkannte. Eine andere der Frauen hielt eine Kamera in verschiedene Richtungen. Der Ton war schwach. Die Frau auf dem Bild wurde größer, als sie herangezoomt wurde. Ihre Kamera richtete sich auf Winter, der neben Ringmar in dem widerlichen Zimmer stand.
    Wir hatten ihn, dachte Winter. Ich hatte ihn, ich habe ihn getroffen. Micke war hier, als er bei mir war. Es ist einen halben Tag her, eine Nacht. Ich habe nichts bemerkt.
    Jerner hatte genau hier gestanden, wo er jetzt stand, und gesehen, wie sich die Kamera auf ihn richtete. Was hat er gedacht? Hat er es gemerkt? Glaubte er, die Videokamera und die Kappe würden ihn schützen?
    Draußen im Flur hing eine karierte Kappe. Sie brauchten sie nicht mehr. Jerner brauchte sie auch nicht.
    Auf dem Fernseher tauchte jetzt das Haus auf der anderen Straßenseite auf. Es war, wie etwas illustriert zu sehen, das einem erzählt worden war, dachte Winter, oder was man gelesen hat: ein Buch, das zum Film wird.
    Ein schwarzer Schnitt - und dann kam Micke Johansson ins Bild, im Wagen, der von Bengt Johansson geschoben wurde. Winter erkannte die Umgebung, Bertil kannte sie.
    »Ruf sie an und sag ihnen, sie sollen ein Auto hinschicken«, sagte er, ohne den Blick vom Bildschirm zu nehmen.
    Ringmar telefonierte, und sie schauten weiter: Micke Johansson mit Papa, mit Mama, allein auf einer Schaukel, unterwegs im Buggy, halb schlafend, ein Bein draußen. Auf dem Weg durch den Brunnsparken auf das grell erleuchtete Portal vom Nordstan zu, dem Eingang zu den Kaufhäusern.
    »Himmel«, sagte Ringmar. »Das war kurz vorher.«
    »Er muss die Kamera mitgenommen haben«, sagte Winter. Wieder ein schwarzer Schnitt, eine kurze Störung, ein Bild, das stillhielt an einem Tag, der grauer war, feuchter, vielleicht nackter.
    »November«, sagte Ringmar.
    »Die Chronologie läuft rückwärts auf der Kassette«, sagte Winter.
    Das Bild zeigte einen neuen Spielplatz und spielende Kinder. Winter wurde es sofort schlecht: Er erkannte das Haus. Es war Elsas Kindergarten.
    Es war Elsa, die dort auf der Schaukel schaukelte. Es war ihr Gesicht, das so verdammt nah herangezoomt wurde, wie es nur ging, ihr Mund, der geradewegs in diese wunderbare Welt lächelte, in die sie vor noch nicht langer Zeit hineingeboren worden war.
    Die Kamera folgte ihr, als sie von der Schaukel stieg und zum
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