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Der Hexer - NR49 - Hochzeit mit dem Tod

Der Hexer - NR49 - Hochzeit mit dem Tod

Titel: Der Hexer - NR49 - Hochzeit mit dem Tod
Autoren: Verschiedene
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verschwand. Es waren Blitze, die gegen jedes Naturgesetz nicht erloschen, sondern weiterbrannten.
    Und Howard wußte nur zu gut, daß es keine normalen Blitze waren.
    »Robert«, flüsterte er.
    Obwohl er sehr leise gesprochen hatte, verstand Shadow das Wort und reagierte darauf.
    »Du kannst nichts mehr für ihn tun«, sagte sie. Ihre Stimme war voller Trauer und Schmerz, und für einen Moment hatte Howard das absurde Gefühl, daß sie unmittelbar in seinem Bewußtsein erklang. »Alles kommt, wie es kommen muß.«
    »Dann war... alles umsonst?« flüsterte Howard. Er drehte sich nicht herum. Sein Blick hing wie gebannt auf dem lodernden Scheiterhaufen, in den sich das Haus verwandelt hatte. Selbst hier, fast fünfzig Schritte entfernt, war die Hitze fast unerträglich. Dort drinnen konnte niemand mehr leben.
    »Vielleicht nicht«, flüsterte Shadow. »Es gibt noch eine Chance. Etwas, das er tun kann. Vielleicht.«
    Sie sprach nicht weiter, und irgend etwas an der Art ihres Schweigens ließ Howard herumfahren und zur Kutsche zurückeilen.
    Er war nicht sehr überrascht.
    Sie war kein Mensch, und sie brauchte keine Hilfe, wie Menschen sie gebraucht hätten. Das Kind war geboren und lag in ihren Armen, und im gleichen Moment, in dem Howard in die Augen des Knaben blickte, wußte er, daß seine Mutter sterben würde.
    Der Gedanke entsetzte ihn. Sie war ein Wesen, dessen Existenz in Millionen Jahren gerechnet werden mußte, und sie hatte diese Existenz geopfert, um einem sterblichen Menschenkind das Leben zu schenken.
    »Warum?« flüsterte er, obwohl er die Antwort kannte.
    »Weil es... sein muß«, antwortete Shadow mit schwächer werdender Stimme. »Der Ring... darf nicht durchbrochen werden. Es war alles.... geplant. Wir sind nur Figuren, selbst ich. Figuren in einem Spiel, das nie... endet.«
    »Es ist Roberts Kind, nicht?« fragte er.
    Shadow nickte. Ihr Gesicht zuckte vor Schmerz, und in ihren Augen war bereits der Schatten des Todes. »Ja. Paß... gut darauf auf, Howard. Beschütze... meinen...«
    Sie war tot, noch bevor Howard sich behutsam vorbeugte und das Neugeborene aus ihren Armen nahm. Und diesmal tot für immer.
    Hinter ihm begann Andara-House zusammenzubrechen. Flammen leckten gegen den Himmel, und die Hitze wurde nun auch hier fast unerträglich, aber Howard sah nicht einmal mehr hin. Sein Blick war auf das Gesicht des Kindes gerichtet, und ein eisiger Schauer durchfuhr ihn.
    Der Junge hatte Roberts wache Augen, und der Haarflaum war schwarz und ungewöhnlich dicht, und –
    »Mein Gott«, flüsterte Howard. »Das... das kann doch nicht –«
    Fassungslos fuhr er abermals herum und starrte auf das lodernde Haus. Für einen ganz kurzen Moment, den Bruchteil einer Sekunde nur, glaubte er den Strom reiner mentaler Energie zu sehen, der sich, einer Nabelschnur gleich, aus dem Gebäude wand, das Kind traf – und im nächsten Moment abriß.
    Und über dem linken Auge des Kindes begann sich eine kaum fingerbreite, schlohweiße Strähne zu bilden, die sich wie ein gezackter Blitz bis zu seinem Scheitel emporzog.
    Howard schloß die Augen. Erleichterung und unendliche Trauer stritten in seiner Seele miteinander. Noch einmal sah er – wie in einer Vision – Robert Craven vor sich, sein schmales Gesicht mit dem sorgsam gestutzten Bart und der gezackten Strähne im Haar.
    Eine einzelne Träne lief über Howards Wange, als er das Kind fest an sich preßte. Er hörte kaum mehr das Donnern und Krachen des zusammenstürzenden Hauses, spürte nicht die gnadenlose Hitze der Flammen, die noch einmal in einem feurigen Crescendo zum Himmel emporschlugen.
    Robert Craven war tot, das wußte er in diesem Augenblick mit unerschütterlicher Gewißheit.
    Robert war tot.
    Doch der Hexer lebte weiter.

    * * *

    Es sind jetzt neun oder zehn Blitze, die wie Fäden eines entsetzlichen Spinnennetzes aus purer Energie in Priscyllas Händen zusammenlaufen. Ich weiß nicht, wie viele genau. Ich kann nicht mehr zählen. Selbst diese kleine Anstrengung ist zuviel für meinen Geist.
    Ich sterbe.
    Mein Leben zählt nur noch nach Sekunden, bestenfalls Minuten, aber irgendwie weiß ich auch, daß es zuvor geschehen wird, daß Priscylla – das entsetzliche, unmenschliche Ding, das von ihr Besitz ergriffen hat – dafür sorgen wird, daß ich es miterlebe.
    Wieder rast ein Blitz durch das Haus und brennt sich in das SIEGEL, das jetzt die Form einer gewaltigen grünleuchtenden Energiekugel angenommen hat. In ihrem Inneren... bewegt sich etwas.
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