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Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen

Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen

Titel: Der Hexer - NR11 - Engel des Bösen
Autoren: Verschiedene
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Kleines, Mattglänzendes hüpfte auf mich zu und blieb zwei Zentimeter neben meiner rechten Hand liegen.
    Ich griff zu, ohne zu denken. Meine Finger schlossen sich um Metall, ertasteten seine Form, und irgend etwas in meinem Unterbewußtsein sagte mir, was ich tun mußte.
    Als Shadow das nächste Mal heranraste, wich ich nicht mehr zurück, sondern stemmte mich im Gegenteil hoch, sprang ihr einen Schritt entgegen und riß das kleine Metallkreuz in die Höhe.
    Die geflügelte Teufelsgestalt schien mitten in der Luft gegen eine gläserne Wand zu prallen. Ein zorniger Schrei erscholl. Ihre Flügel schlugen so heftig, daß ich den Kopf senkte, um dem peitschenden Sturmwind zu entgehen. Aber sie kam nicht näher, sondern landete sanft drei, vier Schritte vor mir, betrachtete einen Moment das silberne Grabkreuz in meiner Hand und starrte mich dann haßerfüllt an.
    »Du bist schlau, Robert Craven«, sagte sie. »Ein Kreuz.«
    »Noch dazu ein silbernes Kreuz«, bestätigte ich. »Verschwinde, Shadow – oder wer immer du bist. Ich will dir nichts tun. Trotz allem nicht. Ich bin nicht dein Feind.«
    Die Teufelsfratze des Ungeheuers verzog sich zu einem hämischen Lächeln. Langsam kam der Unheimliche näher, blieb ganz dicht vor mir stehen und richtete sich zu seiner vollen Größe von mehr als zwei Metern auf. In seinen Augen blitzte es.
    »Du hast ziemlich romantische Vorstellungen, Robert«, sagte er spöttisch. »Bei mir wirkt das nicht, weißt du?«
    Damit hob er seine schreckliche Klaue, nahm mir das Kreuz aus der Hand und zerdrückte es ganz langsam, bis nur noch ein unförmiger Metallklumpen übrig war.
    Ein triumphierendes Grinsen verzerrte seine pockennarbige Fratze. »Du bist ein Narr, Robert Craven«, zischelte er. »Hast du dir wirklich eingebildet, so leicht mit mir fertig zu werden?«
    Das hatte ich nicht. Nicht eine Sekunde lang. Das einzige, worauf ich gehofft hatte, war dieser Augenblick des Triumphes, der Sekundenbruchteil der Unaufmerksamkeit, den er Shadow bescherte.
    Und ich nutzte ihn!
    Im gleichen Moment, in dem ihre Klaue das zermalmte Kreuz fallen ließ, schoß meine Linke vor, suchte ihr Gesicht und preßte sich mit aller Kraft auf ihre Stirn. Meine Finger ertasteten ihre Augen und drückten zu.
    Das Ungeheuer kreischte vor Schrecken und Schmerz, als es begriff, was ich tat. Aber seine Abwehr kam zu spät. Blitzartig griff ich nach seinem Bewußtsein und verschmolz damit.
    Es war wie ein Blick in die Hölle. Sein Geist war düster und voll finsterer Dinge.
    Ich sah Flammen und Rauch und spürte den Haß, der sein Atem war, das Universum aus Gewalt und Töten, in dem er lebte. Aber ich sah auch das andere, helle Etwas, das tief unter dem Geist des Dämons gefangen war.
    Der Dämon schrie auf und schlug nach mir. Seine Klaue legte sich um meinen Hals und drückte zu. Ich ignorierte den Schmerz und konzentrierte mich noch einmal mit aller Macht.
    Ich dachte an Shadows Gesicht. Nicht das Gesicht dieses dämonischen Monsters, in das sie sich verwandelt hatte, sondern das elfenhafte Antlitz des Engels, als den ich sie kennengelernt hatte; dachte mit aller Macht daran, konzentrierte mich wie niemals zuvor in meinem Leben, bis in meinem Geist nichts anderes mehr existierte, nur noch Platz für dieses Gesicht war.
    Ein grauenhafter Schrei erklang. Shadows Schwingen schlossen sich wie die Hälften einer gigantischen Falle um mich. Der Hieb schien mir jeden einzelnen Knochen im Leibe zu zerbrechen. Ich fiel nach hinten und kämpfte für die Dauer eines endlosen Herzschlages gegen dunkle Bewußtlosigkeit.
    Als sich die schwarzen Schleier vor meinem Blick hoben, bot sich mir ein bizarres Bild:
    Shadow war zurückgetaumelt und in die Knie gebrochen. Ihr Körper zuckte und bebte wie in einem Krampf. Schreckliche, glucksende Laute kamen über ihre Lippen, und plötzlich begann das düstere Rot ihrer Haut fleckig zu werden. Die riesigen Fledermausschwingen zogen sich zusammen, raschelnd wie verbrennendes Pergament, ihr Gesicht zerfloß, die Hörner, das schreckliche Insektenmaul und ihre Blutaugen verschwanden –
    Und aus dem Teufel wurde wieder ein Engel.
    Nur seine andere Seite... hörte ich ihre Worte noch einmal. Was ich sah, waren nur zwei Seiten eines einzigen Wesens...
    Der Gedanke erschien mir zu schrecklich, um ihn zu Ende zu verfolgen. Ich schüttelte die Benommenheit ab, stemmte mich hoch und wankte auf den gefallenen Engel zu.
    Shadow sah auf und hob abwehrend die Hand. Ihr Gesicht war schmerzverzerrt.
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