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Der Hexenmeister

Der Hexenmeister

Titel: Der Hexenmeister
Autoren: James Blish
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Baines an seinem weder eingeladenen noch eindrucksvollen Vergil vorbei. Erst konnte er nichts erkennen als die beschlagene und von herabrinnenden Kondenswassertropfen gestreifte Innenseite des Glases. Jenseits schienen dicke Schneeflocken zu fallen. Dann sah Baines allmählich, daß die Nacht draußen nicht völlig dunkel war. Irgendwie konnte er die Unterseite einer lebhaft bewegten Wolkendecke sehen. Das Fenster gestattete, ebenso wie das in Wares Büro, einen Blick den Steilhang hinunter und hinaus aufs Meer, doch letzteres war im Schneegestöber fast unsichtbar. Eigentlich hätte man auch die Stadt nicht erkennen können, doch war sie irgendwie schwach beleuchtet. Die Wolken oben wurden fast dauernd durch Strahlen schwachen Feuers erhellt, die wie phosphoreszierende Kondensstreifen aussahen. Sie hielten lange an und schienen mit dem Wetter nichts zu tun zu haben.
    »Nun?« sagte Baines.
    »Sehen Sie denn nichts?«
    »Ich sehe diese Meteoritenspuren, oder was sie sein mögen. Und das Licht ist seltsam — Flächenblitze, nehme ich an, und vielleicht brennt es dort unten in der Stadt.«
    »Sonst nichts?«
    »Sonst nichts«, sagte Baines ärgerlich. »Was wollen Sie denn eigentlich von mir — wollen Sie mich erschrecken, damit ich Dr. Ware wecke und das Experiment abblase? Machen Sie sich keine falschen Hoffnungen. Wir sehen uns das Ende an.«
    »Gut«, sagte Pater Domenico und nahm seinen Wachposten wieder ein. Baines stapfte in seine Ecke zurück und nahm das Radio wieder auf. Er hörte:
    ». . . wird jetzt angenommen, daß der angebliche chinesische Wasserstoffbombentest in Wirklichkeit die Explosion einer Kernwaffe von mindestens dreißig Megatonnen direkt über Taiwan war. In den Hauptstädten westlicher Länder, die schon durch den Napalmmord an der Witwe des amerikanischen Präsidenten in einer Diskothek New Yorks in Aufruhr waren, rüstet man sich jetzt rasch für vollen Kriegszustand, und wir erwarten, daß jeden Augenblick einschneidende Nachrichtenbeschränkungen oder -sperren aus Sicherheitsgründen verhängt werden. Solange dies aber noch nicht der Fall ist, bringen wir Ihnen selbstverständlich alle wichtigen Nachrichten, die in unserem Studio eintreffen. Wir geben jetzt unser Sendezeichen . . . Uwuuh .. . lüg. Oh, piggly baby, I caught you — cheating on me — uwuuh . . .«
    Baines drehte wütend am Einstellknopf, aber das Heulen wurde nur noch schlimmer. Nahe der Wand zu seiner Rechten krümmte Hess seinen langen Kadaver auf dem Refektoriumstisch, setzte sich plötzlich auf und ließ seine bestrumpften Füße zu Boden schwingen.
    »Jesus Christus«, sagte er mit tiefer Stimme, »habe ich das jetzt wirklich gehört oder habe ich mir das nur eingebildet?«
    »Sie haben es wirklich gehört«, sagte Baines still, ja sogar mit einer gewissen Freude. Aber er war gleichzeitig auch besorgt. »Rutschen Sie mal hier herüber und setzen Sie sich. Etwas braut sich jetzt da draußen zusammen, und es ist nicht das, was wir — oder auch Ware — erwartet haben.«
    »Sollten wir dann der Sache nicht lieber Einhalt gebieten?«
    »Nein. So setzen Sie sich doch, verdammt noch mal. Ich bin gar nicht sicher, daß wir jetzt noch Einhalt gebieten können — und selbst, wenn wir es könnten, so möchte ich unserem klerikalen Freund dort drüben die Befriedigung nicht gönnen.«
    »Der dritte Weltkrieg ist Ihnen lieber?« sagte Hess und setzte sich gehorsam nieder.
    »Ich weiß nicht, ob der kommt. Wir haben uns auf diese Sache eingelassen, wir haben sie bestellt. . . Warten wir’s ab. Entweder Ware hat die Sache in der Hand — oder er sollte sie wenigstens in der Hand haben. Schauen wir also, was dabei herauskommt.«
    »Gut«, sagte Hess. Er begann, die Gelenke seiner langen Finger knacken zu lassen. Baines versuchte es wieder mit dem Radio, aber alles, was er herausbekam, war eine Mischung von Händels Messias, Gustav Mahler und The Supremes.
    Jack Ginsberg jammerte in seinem Halbschlaf weinerlich vor sich hin. Nach einer Weile sagte Hess ganz ruhig:
    »Baines?«
    »Was ist los?«
    »Was glauben Sie nun, daß aus der Sache wird?«
    »Nun, entweder ist es der dritte Weltkrieg oder er ist es nicht. Wie sollten wir das in diesem Stadium schon wissen?«
    »Das habe ich Sie eigentlich nicht gefragt. Ich wollte wissen, was für eine Sorte Ding das nun ist. Was glauben Sie? Sie müßten ja davon eine Ahnung haben, denn Sie haben sich das Ding ja bestellt.«
    »Ach — ja, hm. — Pater Domenico sagte, es könne sehr wohl
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