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Der Herzensbrecher

Der Herzensbrecher

Titel: Der Herzensbrecher
Autoren: Nicole Jordan
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Zweifellos war er an e Bewunderung gewöhnt.
      »Mama, ich kann keinen einzigen Schritt gehen«, klagte die junge Dame und betrachtete ihren Retter durch gesenkte Wimpern. »Und ich steige nie wieder in diese Kutsche. Das würde ich nicht ertragen.«
      »Gibt's einen Arzt in der Nähe?« fragte der Fremde resignierend.
      »An der nächsten Ecke«, erklärte die Mutter des Mädchens.
      »Dann gestatten Sie, Miss ...« Mühelos hob er die Tochter hoch, die sichtlich beglückt seinen Hals umklammerte, und trug sie mit langen Schritten davon.
      Heather schaute ihm nach, und es dauerte eine Weile, bis sich ihre Herzschläge beruhigten. Als sie sich umdrehte, blieb ein eleganter Landauer neben ihr stehen. Die beiden schönen Grauschimmel waren unverkennbar.
      Für edle Pferde interessierte sich der reiche Eisenbahnmagnat Evan Randolf ebenso wie für schöne Frauen. Seine Ställe und die Zucht der Tiere gehörten zu den besten in drei Staaten. Er war ein attraktiver Mann, mit dunklen Augen und Haaren, modischen Koteletten und gepflegtem Schnurrbart. Lächelnd öffnete er die Wagentür und stieg aus.
      Wie immer war er untadelig gekleidet. Diesmal trug er ein exquisit geschnittenes hellblaues Cape. Der verwöhnte arrogante Millionär, ein Bekannter ihres verstorbenen Vaters, verbarg seine skrupellose Kälte hinter einer liebenswürdigen Fassade. Heather wusste, dass sie seinen Scharfsinn allerdings nicht unterschätzen durfte. Obwohl er sich in den gehobenen Gesellschaftskreisen von St. Louis bewegte und die Wahl unter zahlreichen reizvollen Frauen hatte, glaubte er irrtümlich, sie wäre die ideale Ehefrau für ihn.
      Höflich tippte er an seine Melone. »Gehst du nach Hause, meine Liebe?« Ein dezenter britischer Akzent verriet seine aristokratische Herkunft. »Erlaube mir, dich zu begleiten.«
      »Nicht nötig, Evan, ich hab's ja nicht mehr weit.«
      »Bitte, ich bestehe darauf«, drängte er und lächelte selbstsicher. Natürlich war er es gewöhnt, seinen Willen immer und überall. durchzusetzen, mit Charme und Beharrlichkeit, und gerade das machte ihn so gefährlich. »Bei diesem kalten Wetter darfst du nicht zu Fuß nach Hause gehen, meine Liebe, schon gar nicht ohne Dienstmädchen. Andererseits sehe ich voller Wohlgefallen, dass die kühle Luft deine Wangen rosig gefärbt hat. In letzter Zeit warst du viel zu blass.«
      Heather verkniff sich die Antwort, sie könne sich kein Dienstmädchen mehr leisten und Evan habe nach dem Tod ihrer Mutter die verhängnisvolle Spielsucht, ihres Vaters auch noch gefördert. Was vom Erbe der Mutter übriggeblieben war, hatte er am Pokertisch verschleudert.
      Am liebsten hätte sie auf Evans Begleitung verzichtet. Aber sie musste allein mit ihm reden, und sie durfte die Diskussion nicht länger hinauszögern. Widerstrebend ließ sie sich in den Landauer helfen und sank in die weiche Lederpolsterung. Während der kurzen Fahrt sprach er über belanglose Dinge, und Heather schwieg unbehaglich.
      Der Wagen hielt vor dem bescheidenen Haus, das sie mit Caitlins Tante Winifred teilte. Ihr eigenes Heim hatte sie verkaufen müssen, um die Spielschulden ihres Vaters wenigstens teilweise zu begleichen. Nun lebte sie von Winnies Großzügigkeit.
      »Möchtest du hereinkommen, Evan?« fragte sie. »Ich muss dir etwas mitteilen.«
      »Gewiss, meine Liebe.« Evan lächelte selbstzufrieden, als wüsste er bereits, worum es ging, und wäre seines Sieges sicher.
      Um diese Zeit würde Winnie nicht zu Hause sein, weil sie die Einkäufe für das Hochzeitsfrühstück erledigte, das am nächsten Morgen stattfinden sollte. Nur Bridget war hier, die junge Frau, die Heather in den letzten Jahren in der Schule unterstützt hatte und jetzt ebenfalls bei Winnie wohnte, bis sie eine neue Stellung gefunden hatte.
      Heather ließ sich von Evan aus dem Mantel helfen und hängte ihn an die Garderobe. Nachdem er sein Cape ebenfalls abgelegt und den Spazierstock mit dem Goldknauf in den Schirmständer gestellt hatte, folgte er ihr in den Salon. Das kleine Haus war nicht so elegant und geräumig wie das schöne Heim, in dem sie aufgewachsen war. Aber der Raum mit den zahlreichen Spitzendeckchen, Sepia-Daguerreotypien und Porzellanfiguren wirkte sehr gemütlich.
      »Setz dich, bitte. Darf ich dir eine Tasse Tee anbieten?« fragte Heather, als er auf dem Chintzsofa Platz nahm.
      »Danke, sehr gern.«
      Sie eilte zur Küche im Hintergrund des Hauses und bat Bridget, Erfrischungen
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