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Der Herzensbrecher

Der Herzensbrecher

Titel: Der Herzensbrecher
Autoren: Nicole Jordan
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unangenehme Überraschung erleben ...
      Bei diesem Gedanken empfand sie eine gewisse Genugtuung. Bald würde er erfahren, dass sie nicht mehr die Zielscheibe seiner beharrlichen Annäherungsversuche war.
      Drei Häuserblocks weiter verbreiterte sich die Straße zu einer Eichenallee, von hübschen Häusern gesäumt. Als Heather auf die andere Seite gehen wollte, wurde sie von schrillem Geschrei und donnernden Hufschlägen aus ihren Gedanken gerissen. Erschrocken sah sie zwei kastanienbraune Pferde auf sich zugaloppieren, die einen geschlossenen Wagen hinter sich herzogen. Niemand saß auf dem Kutschbock, und die Insassinnen kreischten in hilflosem Entsetzen.
      Von Panik ergriffen, blieb Heather wie festgewurzelt stehen und hob instinktiv die Hände, was das aufgescheuchte Gespann natürlich nicht vom Kurs abbrachte. Plötzlich wurde sie am Arm gepackt und aufs Kopfsteinpflaster geschleudert.
      Sie richtete sich verdutzt auf und beobachtete leicht benommen einen Mann, der einen Wildledermantel und einen breitrandigen Stetson trug, an ihr vorbeistürmte und auf den Kutschbock des heftig schwankenden Wagens sprang. Im nächsten Augenblick warf er sich auf den Rücken eines der Pferde. Dabei flog ihm der Hut vom Kopf. Wie durch ein Wunder gelang es ihm, die beiden Füchse zu zügeln. Zitternd blieben sie stehen, einen Häuserblock von der Stelle entfernt, wo Heather am Boden lag.
      »Gott sei Dank«, flüsterte sie atemlos und erhob sich schwankend. Hastig strich sie ihre zerknitterten Röcke glatt. Dann eilte sie, ebenso wie andere Passanten, zu dem Wagen, um zu sehen, ob sie irgendjemandem beistehen könnte.
      Die Zuschauer halfen einer gutgekleideten Frau und einem jungen Mädchen aus der Kutsche. Die Hüte verrutscht, bebend und schluchzend vermochten sie sich kaum auf den Beinen zu halten. Ihr Retter sprach beruhigend auf die verängstigten Pferde ein.
      Fasziniert betrachtete Heather den hochgewachsenen Fremden. Er strahlte eine Stärke aus, die nicht nur von der kraftvollen, breitschultrigen Gestalt herzurühren schien. Langes goldbraunes Haar streifte den Kragen seines Wildledermantels.
      Der schwarze Fahrer rannte die Straße herab und entschuldigte sich wortreich bei seiner Herrin, weil er die Pferde, die plötzlich durchgegangen waren, nicht fest genug am Zügel gehalten hatte.
      Inzwischen strich der Fremde über seinen Kopf und vermisste seinen Hut. Er wollte sich abwenden, um danach zu suchen. Doch da rief die ältere Dame: »O Sir, meine Tochter und ich hatten solche Angst. Wie kann ich Ihnen nur danken?«
      »Keine Ursache«, erwiderte er mit rauher Stimme.
      »Immerhin haben Sie uns das Leben gerettet.«
      »Wie tapfer Sie waren ...«, seufzte die hübsche Tochter, und Heather musste ihr recht geben. Nur wenige Männer wären bereit gewesen, auf den führerlosen, fahrenden Wagen zu springen und den Kampf mit den verschreckten Pferden aufzunehmen. Vermutlich hatte er eine Tragödie verhindert.
      Der Dank und das Lob der beiden Frauen schien ihn verlegen zu stimmen. Er murmelte eine kurze Entschuldigung und versuchte erneut, sich abzuwenden. Aber da streckte die junge. Dame eine bebende Hand aus und taumelte in seine Richtung, als würde sie in Ohnmacht fallen. Deshalb blieb ihm nichts anderes übrig, als sie aufzufangen und unter den Achseln festzuhalten.
      Warum ihr die Sinne zu schwinden drohten, verstand Heather nur zu gut. Eine so markante, naturverbundene Erscheinung traf man unter den Gentlemen von St. Louis nur selten. Wind und Wetter hatten das ausdrucksvolle Gesicht mit den harten Zügen und sinnlichen Lippen gebräunt. Offensichtlich hatte das zerzauste blonde Haar schon lange keinen Barbier mehr gesehen. Aber am interessantesten fand Heather die strahlendblauen Augen.
      Als hätte er ihren Blick bemerkt, schaute er zu ihr herüber, und ihr Puls beschleunigte sich. Langsam, fast verächtlich musterte er sie von oben bis unten und schien die unbeholfene Frau zu erkennen, die er vor dem wilden Galopp des Gespanns gerettet hatte. Heather errötete und hoffte, die breite Krempe ihres Huts würde ihre Zerknirschung verbergen.
      »Sir, Sie sind mein Held«, hauchte das Mädchen und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich.
      Plötzlich lächelte er. ironisch. Ein solches Lächeln könnte die vernünftigsten Frauen zu einer Dummheit verleiten, dachte Heather und beobachtete, wie es die harten Gesichtszüge milderte und andere Menschen die Belustigungzu teilen.
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