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Der Herzberuehrer

Der Herzberuehrer

Titel: Der Herzberuehrer
Autoren: Jobst Mahrenholz
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genau...!«
    Und damit wandte er sich zum Gehen, verließ, ohne sich noch einmal umzublicken, das Lauro’s und verschwand in die stürmische Nacht hinaus.
    ·
    Als Shiro mich verlassen hatte, lautete der Grund: Daniele.
    Und ich konnte es sogar verstehen.
    Die beiden waren auseinandergerissen worden, von Eltern, die sich damals exakt so verhalten hatten, wie es gut ein Jahr später die meinen getan hatten: verständnislos, allwissend und im Hinblick auf die Zukunft ihrer Zöglinge unnachgiebig.
    Sie besaßen die Macht, zu unterbinden, also taten sie es. Mit all den damit verbundenen Konsequenzen.
    Shiro wurde aus dem Dunstkreis Danieles entfernt und so dem meinen zugeführt. Elterliche Gewalt eben. Schicksal...
    Das ein Wiedersehen der beiden schon bald in dem Wunsch gipfelte, all das, was ihnen bis dahin versagt geblieben war, auszuleben, war da nur nachvollziehbar. Auch für mich, der ich die Konsequenzen zu tragen hatte.
    Das machte es jedoch nicht einfacher. Ich war verletzt. Die beiden hatten mir einen Schlag versetzt, der noch bis heute schmerzte. Denn etwas von Shiro war auf eine ganz gewisse, kostbare, eigenartige Weise irgendwie immer noch ein Teil von mir.
    Nie zuvor war da jemand gewesen, der es mir erlaubt hatte, die Welt durch seine Augen zu sehen, ohne Hintergedanken, ohne mich damit fangen zu wollen. Mein Vater, der hatte Visionen für mich erschaffen, die ausschließlich seinen Idealen entsprachen. Und meine Mutter: Ihre unerbittlichen Versuche, mein Weltbild christlich zu prägen, erzeugen bis heute nur Wut und Unsicherheit in mir.
    Shiro jedoch war anders. Er ließ mich in seine Welt. Er erlaubte es mir, dort zu wandeln, sie zu entdecken, sie auszuprobieren, in ihr zu spielen und wenn mir danach war, dann durfte ich sie auch einfach wieder verlassen. Es gab keine Bedingungen, keine Zwänge, Forderungen Erwartungen... Ich war frei...
    Das hatten sie mir genommen. Shiro, aber auch Daniele. Ihre Spielregeln eben... Freiheit...
    Auch wenn ich es irgendwie verstehen konnte, darüber hinweg war ich noch nicht. Ich war nun mal so.
    Danieles Besuch alarmierte mich.
    Etwas war aus den Fugen geraten. Sein eigenartiger Auftritt bot Anlass zur Sorge, ganz zu schweigen von den Fragen, die er aufwarf. Fragen, die ich beantwortet wissen wollte...
    ·
    Zunächst mal bat ich bei Chip um eine Auszeit, die sie mir auch ohne Nachfrage gewährte. Claudio hatte wohl schon berichtet, dass es mit meinem 'Besuch' etwas schräg gelaufen sein musste. Zumindest interpretierte ich das in die Blicke, die mich in der Küche trafen.
    Ich holte mir eine Flasche Roten aus dem Keller, verzog mich nach oben, in mein Zimmer, setzte mich an meinen Tisch, sah ins verregnete Dunkel der Nacht und dachte nach.
    Was war das da gerade gewesen?
    Nichts gutes, so viel war sicher.
    Zwei Dinge waren es, die mich nicht losließen. Zum einen Shiros Verschwinden. Da hatte Daniele ganz recht: Es entsprach einfach nicht seiner Art, dies so sang- und klanglos zu tun. Aber, zweitens, natürlich vor allem der schräge Auftritt von ihm selbst. Ich kannte Daniele zwar nicht gut genug, um sagen zu können, ob er sich ansonsten anders verhielt, aber ich ging doch sehr stark davon aus.
    Seine Art zu sprechen war ja zum verrücktwerden - das hielt doch keiner lange aus. Und was war das mit dem L'amo? Wovon redete der da? Ich hatte die Bar seinerzeit gekauft, um Shiro etwas zu geben, das ihn beschäftigte, sein Leben mit Inhalt füllte. Das hatte er damals so sehr vermisst. Aber daran waren keine Bedingungen geknüpft gewesen. Das L'amo sollte ihm gehören. Etwas eigenes, so die Idee...
    Was hatte nun auf einmal Daniele damit zu tun? Was sollte das Gerede von vertraglichen Rechten?
    Ich öffnete das Fenster, griff mir eine Zigarette und rauchte in tiefen Zügen.
    Warum tauchten diese Gespenster gerade jetzt auf.
    Es ging mir gut. Endlich ging es mir mal richtig gut...
    War das nicht okay?
    Durfte es mir nicht einfach mal gut gehen?
    Vor allem - war das jetzt noch mein Problem? Eigentlich ja wohl nicht.
    Meine Ratlosigkeit wandelte sich in Wut.
    Ich wollte verstehen, was da vorging, konnte es aber nicht...
    Ich wollte meine Ruhe haben, von den beiden, bekam sie aber nicht...
    Ich wollte vor allem, dass mich das Ganze kalt ließ, das tat es aber nicht...
    Dies vor allem war es, was mich ärgerte. Dass ich nicht cool bleiben konnte, es mir nicht egal war, was mit Shiro war oder sein würde...
    Da war wieder dieser Stich in der Brust, den ich schon fast vergessen
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