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Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats

Titel: Söhne der Erde 04 - Tage Des Verrats
Autoren: Susanne U. Wiemer
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I.
    Über den roten Wüsten des Mars brannte die Sonne.
    Windböen wirbelten Staub auf, trieben karmesinfarbene Schlieren über das Raumschiff hinweg, drangen durch Schluchten und Täler tief in das Gebiet der Garrathon-Berge. Jenseits des Waldgürtels lag grünes Kulturland unter einem schützenden Energieschirm. Im Süden, sehr fern, verbarg sich Kadnos, die Hauptstadt der Vereinigten Planeten, hinter flirrenden Schleiern. Hier, im Niemandsland zwischen Wüste und Gebirge, herrschten Wind, Hitze und Staub. Hier war das havarierte Schiff mit den Namen »Terra I« vergessen worden.
    Der Greis in der zerfetzten roten Robe kauerte reglos im Schatten eines Felsens.
    Düstere schwarze Augen brannten tief in den Höhlen. Gelb wie Pergament spannte sich die Haut über der scharf gebogenen Nase, den hervortretenden Wangenknochen, dem kalhlen Schädel. In Bar Nergals Totengesicht bewegten sich die strichdünnen Lippen. Der Oberpriester flüsterte Gebete - Gebete zu Göttern, die nie existiert hatten.
    Sein Blick folgte den Kriegern, die sich in der Umgebung des Raumschiffs umsahen. Männer mit gegürteten Schwertern, halbnackte, abgekämpfte Gestalten, in deren Gesichtern immer noch das Grauen stand. Sie hatten gesehen, wie die Laserkanonen der marsianischen Armee ihren letzten Schlupfwinkel binnen Sekunden in Staub und Dampf verwandelten. Auch Bar Nergal hatte es gesehen. Aber für ihn war es mehr gewesen als ein brutaler Überfall von Menschen auf Menschen. Für ihn war es das Wirken mächtiger göttlicher Weiser, denen man sich unterwerfen mußte.
    Sie waren die Herren.
    Sie hatten die Welt unter dem Mondstein geschaffen: jene Welt, in der die Nachkommen der Erdenmenschen, mit wissenschaftlichen Mitteln zur Winzigkeit verkleinert, zwischen lodernden Flammenwänden gelebt hatten. Bar Nergal glaubte wieder, die Tempelpyramide vor sich zu sehen, die Gebete und Gesänge derer zu hören, die ihn als absoluten Herrscher verehrten. Ihm hatten die Schwarzen Götter ihren Willen offenbart, wenn sie blitzeschleudernd und schrecklich aus der Felswand traten. Ihm gehörte die Macht. Ihm, dem Oberpriester - nicht den frevlerischen Tiefland-Stämmen, nicht dem König von Mornag, der behauptete, daß die Götter nur Menschen seien...
    Bar Nergal schloß die Augen und hing den Bildern nach, die in seinem Gedächtnis brannten.
    Frevel war es gewesen, der die Welt unter dem Mondstein zerstört hatte. Der Frevel Charru von Mornags, der sich dem Gericht der Priester entzogen und es gewagt hatte, mit dem schwarzen Wasser des Todesflusses über die Kante zu schwimmen - jenem Fluß, der durch die Flammenwände in die Ewigkeit stürzte. Der Fürst von Mornag war zurückgekommen, aber nur, um einen noch größeren Frevel zu begehen. Mit seinen Gefährten hatte er sich den Göttern selbst entgegengestellt, hatte das heilige Tor in den Felsen betreten und die Götter herausgefordert, bis sie diese Welt zerstörten. Eine Welt, die nur ein wissenschaftliches Spielzeug in einem Museum gewesen und zufällig vom Feuerstrahl einer Waffe getroffen worden war - so sagte er. Bar Nergal erinnerte sich an den schrecklichen Augenblick, als die Tempelpyraminde in einem Glutball verging, glaubte das grauenhafte Klirren zu hören, mit dem der Himmel über ihnen einstürzte. Und er fühlte wieder das Entsetzen angesichts der Gigantengestalten, die vor ihm emporwuchsen, bevor auch er seine natürliche Größe zurückerlangte; er sah sich selbst auf den Knien liegen, hörte sich schreien und schwören...
    Ein Schwur, der nicht galt!
    Er war halb wahnsinnig gewesen, gelähmt vor Grauen, unfähig, dem Frevel Einhalt zu gebieten. Charru von Mornag hatte behauptet, daß die Götter Menschen seien, Bewohner eines Planeten mit dem Namen Mars, und selbst die Priester und die Leute aus dem Tempeltal waren ihm gefolgt, als er gegen sie kämpfte. Statt sich zu unterwerfen, waren sie in die Wüste geflohen. Und jetzt wollten sie den schlimmsten Frevel begehen; jetzt wollten sie dieses Schiff benutzen, das den Göttern gehörte, und zu den Sternen fliegen...
    Bar Nergal schauerte.
    Seine Augen glitten über den metallenen Giganten, über die Leiter, die zu der Einstiegsluke führte, über die geknickten Eisenstreben, die wie die Beine einer überdimensionalen Spinne aussahen und das Ungetüm mühsam in seiner Schräglage hielten. Göttliche Wesen mochten vielleicht damit fliegen können. Die Menschen durften ihre Hände nicht danach ausstrecken. Und wenn sie es trotzdem wagten,
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