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Der Herr des Traumreichs

Der Herr des Traumreichs

Titel: Der Herr des Traumreichs
Autoren: Sara Douglass
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der besten Seite zu sehen. »Dann kommst du wieder nach Hause.«
    Garth schaute von einem zum anderen. »Vater? Nimmst du mich dieses Jahr mit? Ich kann dir doch helfen. Ganz bestimmt.«
    Joseph sah seinen Sohn an. »Wenn du wüßtest, was dich erwartet, Garth…«
    »Ich kann dir helfen«, sagte Garth. »Wenn ich mitkomme, ist die Belastung für dich nicht so groß. Und früher oder später muß ich diese Arbeit ohnehin übernehmen.«
    Nona beobachtete ihren Mann mit wachsender Bestürzung.
    Er hatte doch wohl nicht ernsthaft vor… »Joseph! Nein!«
    Joseph sah sie verdrossen an. »Er hat recht, Nona. Früher oder später ist die Reihe an ihm.« Garth wäre tatsächlich eine Hilfe. Er könnte ihm einen Teil der Last abnehmen. Aber konnte er es verantworten, ihn schon in so jungen Jahren…
    »Die Adern«, sagte er leise und richtete den Blick wieder auf den Becher, den seine Finger jetzt rastlos hin und her drehten.
    »Nona, zeig mir den Brief!«
    Jegliche Hoffnung, es könnte sich um etwas anderes handeln, wurde sofort zunichte, als Nona ihm das versiegelte Pergament in die Hände legte. Die Klappe war mit einem dicken himmelblauen Wachsklumpen verschlossen, auf dem das königliche Wappen von Escator prangte, der sagenhafte Manteceros. Joseph zögerte kurz, dann erbrach er das Siegel mit dem Daumennagel und öffnete den Brief.
    »Heiler Baxtor«, las er laut. Seine Stimme klang gleichgültig, nur die Fältchen um seine Augen vertieften sich. »Ihr werdet hiermit aufgefordert, Euren alljährlichen Dienst in den Adern anzutreten. Ihr habt Euch zwei Wochen nach Erhalt dieses Schreibens dort einzufinden und drei Wochen zu verweilen.
    Mit dem Ende Eurer Dienstzeit seid Ihr aller Schulden an die königliche Schatzkammer ledig.«
    Alle Heiler von Escator mußten, anstatt Steuern zu bezahlen, jedes Jahr drei Wochen lang Wärter und Sträflinge in den sogenannten Adern behandeln, jenen Bergwerken, wo Glomm gefördert wurde – ein schwarzes Teergestein, das als Brennmaterial diente.
    Alle Heiler hätten lieber Steuern bezahlt.
    Joseph runzelte die Stirn. »Es geht noch weiter«, bemerkte er.
    »Außerdem werdet Ihr aufgefordert, Euch auf dem Weg zu den Adern am Hof zu Ruen bei König Cavor zu melden. Man erwartet Euch.«
    Er lächelte spöttisch. »Und so weiter und so weiter. Cavor braucht also wieder einmal meine Hilfe.«
    Nona setzte sich an den Tisch. Acht Jahre zuvor hatte Seine Königliche Hoheit schon einmal verlangt, daß Joseph auf dem Weg zu den Adern bei ihm vorspräche; ihr Gatte war wegen seiner ›Hände‹ weithin bekannt und geschätzt. »Schade, daß man dir nicht gestattet, deine Abgaben an die königliche Schatzkammer mit der Behandlung Seiner Königlichen Hoheit zu verrechnen, Joseph.«
    Joseph legte das Pergament auf den Tisch und strich es glatt.
    »Ach, weißt du, Nona, ich lasse meine Fähigkeiten lieber den Gefangenen in den Adern zugute kommen als Cavor. Sie brauchen mich nötiger. Wie auch immer…« Er hob den Blick und sah Garth scharf an. »Der Junge wird das höfische Treiben sicherlich genießen.«
    Garth lehnte sich zurück. Er war aufgeregt und unsicher zugleich. Wenn ihn sein Vater mit zu den Adern nahm, war das ein großer Vertrauensbeweis, und wenn er seinen Sohn sogar bei Hofe vorstellen wollte, mußte er schon sehr stolz auf ihn sein. Garth würde den König sehen!
    »Joseph!« rief Nona entsetzt. »Laß ihm doch noch ein oder zwei Jahre Zeit, ich bitte dich!«

Am Hof zu Ruen
    Mona gab sich schließlich geschlagen, obwohl ihr der Plan noch immer nicht gefiel. Und so machten sich Garth und sein Vater an einem milden Frühlingstag auf den Weg, um zuerst nach Ruen und danach weiter zu den Adern zu reiten. Vorher hatten sie zwei Tage lang alle Hände voll zu tun gehabt, um die nötigen Vorbereitungen zu treffen, eine ausreichende Menge an Pulvern und Tränken für ihre Stammpatienten herzustellen und Merton Fillis, einen anderen Heiler in Narbon, mit der Versorgung aller dringenden Fälle zu betrauen.
    Garth war bemüht, trotz seiner Aufregung keine Miene zu verziehen, als er Nona zum Abschied einen Kuß gab. Er kannte die Bedenken seiner Mutter – manche davon teilte er sogar –, aber an einem so herrlichen Tag und angesichts eines solchen Abenteuers war sein Jubel durch nichts zu dämpfen.
    Nona strich ihrem Sohn über die Wange. »Sei brav und tu, was dir dein Vater sagt«, mahnte sie. »Und komm gesund wieder.«
    »Versprochen, Mutter.« Garth drückte sie noch einmal kurz an sich,
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