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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verwüsten.
    Do schob einen umgekippten Stuhl zur Seite, ging zur Schrankwand und öffnete die Türen.
    Die Kleider hingen in Reih und Glied auf ihren Bügeln. Sie blickte hoch zum Kofferfach. Nichts schien zu fehlen. »Sie hat nur ein bißchen Wäsche, den Anorak, Jeans und Pullis mitgenommen. Sie hat alles in eine Tasche gesteckt«, hörte Do die klagende Stimme der Haushälterin hinter sich.
    »Ich denke, Sie waren nicht im Haus?« Dos Knie begannen zu zittern. Sie mußte sich am Schrank abstützen. Ihre Stimme klang ihr selbst fremd. Eine idiotische Frage! Alles war idiotisch, nein, war verrückt, auf eine grausame, absurde Weise verrückt …
    »Die Frau Bernhard von Nummer 15 hat gesehen, wie sie heimkam. Die Kati war ja die ganze Zeit nicht in Starnberg gewesen. Die Frau Bernhard hat einen Wagen gesehen und wie Kati ausgestiegen ist. Ich war ja erst um sieben hier. Da war alles schon passiert … Die Frau Bernhard kam mir entgegen, als ich die Gartentür aufschließen wollte. Ich sah aber den Rauch oben … Zunächst dachte ich, daß der alte Schober vielleicht Tannenreisig verbrannte. Aber warum sollte er das? Mitten im Schnee? – Ja, und der Wagen war wieder weg … Sie sind so blaß, Frau Folkert. Ist Ihnen nicht gut?«
    »Weiter, Hanne. Los, erzählen Sie!«
    »Die Frau Bernhard sagte mir, als es gebrannt hat, hätten sie die Feuerwehr anrufen wollen. Aber dann hätten sie entdeckt, daß es ja nur auf der Terrasse brannte. Die Polizei haben sie dann trotzdem alarmiert, und der Herr Bernhard ist in die Garage gelaufen, um aus seinem Mercedes den Feuerlöscher zu holen.«
    »Die Polizei …«
    »Ja. Die ist auch dagewesen. Aber was konnte die schon machen?«
    Das Zimmer, dieses Zimmer mit den zerbrochenen Möbeln und den nackten Wänden begann um Do zu kreisen. Sie ging zur Tür, wieder erfüllt von dem panikartigen jähen Drang: Weg, nur fort hier! Dann vernahm sie einen hohen, sirrend-metallischen Laut. Sie blickte zu Boden: Katis Gitarre.
    Do bückte sich, kam kaum wieder hoch, die Gitarre hielt sie in der Hand – oder das, was von ihr übrig geblieben war: Der Klangkörper war zerstört, das helle Holz zersplittert. Die Splitter ragten wie scharfe, spitze Zähne aus den Holzresten. Die runde Schallöffnung mit dem hübschen Intarsien-Kreis gab es nicht mehr. Dos Augen schmerzten. Und plötzlich sah sie Katis Kopf über das Instrument gebeugt, die runde Stirn, die gerade kurze Nase, die Schatten der Wimpern und das lange Haar, das die Saiten streifte, wenn ihre Tochter den Kopf bewegte.
    Die Übelkeit war wie eine Faust, die nach Dos Magen griff.
    Sie betrachtete die kläglichen Gitarrenreste. Sie las die zwei Reihen spanischer Worte auf dem Papier, das auf den noch intakten Gitarrenboden geklebt war: »Bartolomé Vidal. Plaza España , Barcelona.«
    Barcelona – dachte Do. Kati hat die Gitarre von ihrer Barcelona-Reise mitgebracht. Wann? Vor zwei Jahren …
    Diesmal hatte sie Mühe, die Tür zu erreichen. Sie lehnte sich daran. Wieder spürte sie Hannes Blick auf sich. Es war ein Blick, der nichts ausdrückte. In Hannes Bäuerinnengesicht hatte der Schock jedes Begreifen gelöscht: »Beim Herrgott! Alles rausgeschmissen. Die Schubladen, ihre Sachen, die Bücher …«
    Ja, dachte Do, beim Herrgott! – Und dann hat sie auf der Gitarre herumgetrampelt, hat Jans Bild von der Wand gerissen, auf den Boden geschleudert oder es gleichfalls zertreten. Von mir stand kein Bild auf dem Nachttisch. Ich hatte noch Glück …
    Dorothea Folkerts Schlafzimmer sowie ein kleiner Salon, ein Ankleidezimmer und das Gästezimmer lagen im ersten Stock des Hauses, Katis Zimmer im Erdgeschoß. Sie hatte darauf bestanden, im Erdgeschoß zu wohnen, und Do verstand das auch: So hatte Kati ihren eigenen Eingang, konnte Freunde empfangen und sich unabhängig fühlen.
    Do ging durch den Korridor. Nach Erklärungen würde sie später suchen. Jetzt mußte etwas getan werden. Was? – Irgend etwas. Sie konnte es sich nicht leisten, loszuheulen. Im Studio nahm sie die Cognac-Flasche aus der Bar, schüttete ein Glas halb voll und trank. Dann griff sie zum Telefon. Die Nummer brauchte sie nicht nachzuschlagen. Während sie sie drückte, betete sie, daß Jan keinen Nachtdienst hatte oder sonstwie durch seine Klinik davon abgehalten war, zu Hause zu sein.
    »Hier bei Professor Schneider.«
    Die Frauenstimme war jung und hell. Sie gehörte Jans Freundin Bea. Ausgerechnet!
    »Folkert. Kann ich Jan sprechen? Es ist dringend.«
    »Tut mir
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