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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Kontraste gewöhnt: gestern Bergkämme, knochig und kahl wie Kamelrücken – hier Gartenzwerge und dahinter die funkelnden Lichtergirlanden der Weihnachtsbäume.
    Sie ließ den Frontera in der Garageneinfahrt stehen, sog tief die kalte trockene Luft in die Nase, schloß die Gartentür auf und blickte hoch.
    Das Haus war nahezu dunkel, ein breiter Schatten.
    Nur in der Küche und in der Anrichte brannte das Licht. Do blieb stehen. Eine Welle von Unbehagen flog sie aus dem Dunkel an. Als sie die Tür aufstieß, entzündete die Automatik die Leuchten rechts und links der Gartentreppe. Bis zum Haus hinauf erhellten sie den Weg. Die Treppe war gefegt und mit Sand gestreut. Hanne natürlich … Kati traute sie soviel Einsatz nicht zu. Aber sie mußte doch den Wagen gehört haben!
    Do stieg die Stufen hinauf, vorsichtig, die Hand nahe am Geländer.
    Oben ging die Tür auf.
    »Kati!« wollte sie rufen – und blieb stumm: Da war ein Geruch, dunkel und unangenehm. Mit einer Spur ätzender Schärfe, wehte er auf sie zu, der Geruch nach frisch verkohltem Holz, nein, der Gestank einer Brandstelle … Hatten sie den Weihnachtsbaum schon verbrannt? Der war doch erst nach dem siebten Januar fällig.
    Außerdem, Weihnachtsbäume stinken nicht …
    »Frau Folkert?« fragte eine Stimme.
    »Hanne!«
    »Ach Frau Folkert, Gott sei Dank, da sind Sie ja. Ich helf' Ihnen …«
    Do nahm die nächsten Stufen, blieb wieder stehen. »Hanne, das riecht hier ja bestialisch.« Ihr fiel ein, daß sie den Koffer mit dem geblümten Seidenstoff für die Haushälterin noch im Wagen hatte.
    »Frau Folkert, Maria und Josef, was für ein Glück, daß Sie gekommen sind …«
    Etwas war in Hannes Stimme, das Do alarmierte. Die Haushälterin kam ihr entgegen, die Arme leicht ausgestreckt, stand nun vor ihr, trotz der Kälte im blauen Küchenkleid, das Gesicht blaß, ängstlich; sie hatte Falten auf der Stirn, Falten an den Mundwinkeln, zitternde Lippen.
    »Was ist, Hanne? Wo ist Kati?«
    »Frau Folkert, ich … ich bin so durcheinander … Kati ist fort. Weg.«
    Der Geruch schien sich zu verstärken.
    »Und vorher hat sie …« Die Moser redete nicht weiter. Do konnte ihren Atem hören. Nun sah sie die Taschenlampe in Hanne Mosers Hand. Sie blitzte auf. Der Strahl wanderte zur Terrasse. In den schmalen Lichtstreifen schob sich ein dünnes graublaues Band von Rauch.
    »Vorher hat sie was?« fragte Do.
    »Frau Folkert, vorher hat sie ihre Sachen verbrannt … alles.«
    Dos Nacken spannte sich. In all ihren Reporterjahren hatte sie sich wie auf einem endlosen, unaufhaltsamen Fließband den unglaublichsten Situationen ausgeliefert gesehen, und dabei war es für sie zu einer Art lebenserhaltender Routine geworden, sie zu bewältigen.
    Dies aber war etwas anderes.
    »Geben Sie mir die Taschenlampe.«
    »Bitte?«
    »Die Taschenlampe, Herrgott!«
    »Ja. Ja, natürlich, Frau Folkert.«
    Do nahm Hanne die Lampe ab und ging voraus. Sie ging über die Steinplatten zur Treppe, die zum Westflügel und zur Terrasse führte …
    Kati hat ihre Sachen verbrannt? – Alles?
    Tommi Reinecke stellte die Flasche in den Eisschrank zurück, öffnete das Küchenfenster, lehnte sich hinaus, um nachzusehen, ob der Kater sich dort unten irgendwo herumtrieb. Nichts. Nichts als naß schimmernde schwarze Abfallkübel, Schneereste in den Hofecken, ein kahler Haselnußstrauch und grauer feuchter Beton.
    Er ging zum Telefon und drückte wieder einige Nummern. »Deep-Dark-Shop«, meldete sich eine tiefe Frauenstimme, die nicht viel mehr war als ein matter Hauch. Selbst zum Flüstern schien sie zu müde, aber sie reichte aus, um Tommi Reinecke in das Souterrain in der Agnesstraße zu versetzen, in Köhlers komischen Basar, wo die Abteilung ›Okkulte Mächte‹ durch ein einen Meter großes Pentagramm aus Messing gekennzeichnet war und wo man all die Dinge finden konnte, die wohl dann interessant wurden, wenn man von Wahnvorstellungen heimgesucht wurde: Zahlenmystik, Hexenzauber und Satansbücher, Schwarze-Magie-Anweisungen, Sammlungen alchimistischer Rezepte und ägyptischer Geheimlehren, ägyptische und gnostische Orgien-Philosophien. Das ›Lexikon der Parapsychologie‹ stand da neben einem Bildband über Inkubus-Beschwörungen, man konnte sich an den Telemar-Festen des Meisters Aleister Crowley aufheizen oder sich den bebilderten Band über den Horror der Inquisition und der Hexenprozesse besorgen. Und das war noch lange nicht alles. In den Regalen glänzte Schlangenhaut, funkelten die
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