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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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leid. Aber das geht nicht.«
    »Was geht nicht?«
    Do war sich darüber klar, daß ihre plötzlich aufflammende Wut mit dem Mädchen am anderen Ende der Leitung wenig zu tun hatte, aber sie konnte sie nicht beherrschen. Also fing sie an zu schreien: »Herrgott noch mal, habe ich nicht gerade gesagt, daß es dringend ist! Es handelt sich um Kati. Und die ist schließlich auch seine Tochter. Was soll das heißen – es geht nicht?!«
    »Daß es nicht geht, Frau Folkert. Jan ist gar nicht im Haus. Er hat vor einer Stunde angerufen. Irgendwas mit einer dringenden Operation. Tut mir leid. Aber Sie brauchen ja nicht gleich zu schreien.«
    Da hast du recht, dachte Do und legte auf.
    Für die nächste Nummer brauchte sie das Buch. Klinikum Harlaching. Abteilung Gefäß-Chirurgie. Diesmal meldete sich eine Schwester. »Professor Schneider? Ausgeschlossen. Er ist im OP.«
    Do drehte den Hörer in der Hand hin und her und goß sich ein zweites Glas Cognac ein. »Hanne, hör mal, ich brauch' etwas zu essen.«
    Sie trank den Cognac nur zur Hälfte. »Irgendeine scharfe Brühe. Und ein paar Brote.«
    »Aber Frau Folkert, ich hab' doch Hasenbraten und Rotkohl …«
    »Hanne! Eine heiße Brühe! Und ein Sandwich. Soll ich dir die Bude mit Hasenbraten vollbrechen?«
    Hanne Moser ließ die Arme fallen und verschwand in der Küche. Eine Art Anfall muß Kati gehabt haben, dachte Do. Irgendein Schub von Verrücktheit, Paranoia, pubertäre Aggression. Aber Aggression gegen wen? Und warum, zum Teufel? Da gibt es also eine Kati, die niemand kennt, von der du nicht die geringste Ahnung hast. Es gibt ein sonderbares Wesen von einem anderen Stern, das alles verbrennt, was es mag, und vielleicht am liebsten noch das ganze Haus angezündet hätte. Herrgott – warum? Was ist eigentlich los?
    Do öffnete die Tür, um zum Bürotrakt zu gehen.
    »Frau Folkert … Frau Folkert.« Hanne stand in der Küchentür.
    »Was ist denn?«
    »Die Brühe ist gleich fertig … Aber Kati hat etwas dagelassen. Für Sie.«
    »Ich kapier' nicht.«
    »Sie hat einen Brief für Sie dagelassen, Frau Folkert.«
    Dos Mund wurde trocken. »Hanne, verdammter Mist! Wieso sagen Sie das erst jetzt? Einen Brief? Wo ist er? Geben Sie her.«
    »Hier, Frau Folkert.«
    Hanne griff in die Seitentasche ihres Arbeitsmantels und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier heraus. »Wissen Sie, als die Polizei kam, habe ich es weggesteckt. Ich wollte nicht, daß die das lesen.«
    Do hörte es kaum. Sie öffnete das Blatt, strich es mit der Hand glatt und sah die Schrift ihrer Tochter. Ja, das war Katis Schrift, sie war deutlich, groß, voller Energie: Vier Zeilen, vier Reihen Buchstaben, die Dorothea ansprangen, die sie nicht begriff und die ihr vielleicht deshalb so bedrohlich erschienen, weil ihr Inhalt sie zu erschlagen drohte.
    Du magst Dich meine Mutter nennen … Du bist es auf dem Papier. Vielleicht auch im Fleisch. Aber mit meiner Seele und meinem Herzen und allem, was ich bin, hast Du nie etwas zu tun gehabt …
    Kurz vor elf Uhr stellte Tommi Reinecke sein Kamerastativ in ein schmuddliges Zementviereck von vier Metern Breite und vier Metern Länge in dem ehemaligen Ersatzteillager einer pleite gegangenen Autowerkstatt in Gräfelfing bei München. Axel Köhler half ihm dabei. Nie hatte Tommi einen Kaugummi kauenden Köhler erlebt, nun aber bewegten sich Köhlers Kiefer unablässig. Er schien ziemlich aufgeregt. Die Taschenlampe, die sie mitgebracht hatten, war ihre einzige Lichtquelle. Von der Decke hing eine verstaubte Glühbirne. Sie funktionierte nicht mehr. Außer der Tür gab es noch eine viereckige Durchreiche, die in die ölverschmierte, betongraue Garagenruine führte.
    Der Regen prasselte auf das Dach. Irgendwo gluckste es. Wahrscheinlich ließ ein Loch in den Eternitplatten Wasser herein. Wenn schon!
    Tommi zog einen schmierigen Plastikvorhang zur Seite und ließ den Lichtstrahl in die Garage wandern.
    Da hatte sich jemand eine Menge Mühe gemacht, den trostlosen Raum für etwas herzurichten, das noch außerhalb von Tommis Vorstellungsvermögen lag: Das Licht der Lampe beschien eine Hebebühne. Es sah ganz so aus, als sei ihr eine besondere Rolle zugewiesen. Man hatte sie auf etwa einen Meter Höhe hochgefahren. Der vordere Teil der Stahlholme war mit Bohlenbrettern belegt, auf denen wiederum ein ziemlich vergammelter Teppich ausgebreitet war.
    »Was soll das?« fragte Tommi.
    Köhler gab keine Antwort. Köhler kaute weiter. Rechts und links von der Hebebühne standen
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