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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nicht unbedingt mit uns aufs Gelände.«
    »Gut. Das wäre so etwas wie ein Kompromiß. Akzeptiert.«
    Es war nichts zu machen. Do nickte zögernd.
    Der Mann in der Strickjacke erschien erneut am Tisch. Er hielt ein Tablett in den Händen. Darauf standen Schnapsgläser. »Nur weil's Januar ist … und draußen so scheißkalt … Da kann's nicht schaden.«
    Die Augen des Staatsanwalts wurden schmal. »Sie wissen doch genau …«
    »Ich weiß vieles genau«, sagte der Wirt. »Daß ich zum Beispiel heilfroh bin, daß der Sauladen jetzt endlich mal ausgemistet wird. Ja, ich sag's: Ein Sauladen ist aus Schönberg geworden! Haschen tun die doch … und huren. All die Weiber, die da rumlaufen …«
    Die Äderchen an seiner Nase wirkten im Licht fast schwarz, und wenn er sprach, kam ein Sprühregen durch die fetten Lippen. Er setzte das Tablett auf den Tisch. »Da, trinken Sie! Wenn nicht, dann trink' ich darauf, daß es mit denen da oben Schluß ist. Und das ganze Geld? Ja woher kommt denn das? Können Sie mir das vielleicht sagen? Die schmeißen mit dem Geld doch nur so um sich. Und wie die uns behandelt haben hier in Walldorf! Wie den letzten Dreck! Und dann reden die auch noch von Gott. Eine Saubande ist das, sag ich, eine Saubande!«
    Sie rührten die Gläser nicht an. Sie sprachen auch nicht mit dem Wirt. Sie ließen ihn einfach stehen.
    Als sie im Vorraum der Gaststube nach ihren Mänteln griffen, knurrte der Staatsanwalt: »Ich mach jede Wette, daß der längst in Schönberg angerufen und erzählt hat, was los ist … Die wissen Bescheid. Die warten nur auf uns.«
    Heininger nickte. »Ja. Aber mit Sicherheit schon länger.«
    Das hast du doch schon einmal erlebt. Nun erlebst du es wieder: die Allee im Licht der abgeblendeten Scheinwerfer, Baum an Baum. Ulmen sind es, schöne alte Ulmen, die sich irgendein Herr von Schönberg einmal hat pflanzen lassen. Nun die leichte Linkskurve, die dem Parkplatz zuführt …
    Schon einmal erlebt, das ja. Aber es hatte sich etwas geändert.
    »Die haben die Scheinwerfer abgeschaltet«, flüsterte Tommi neben Do. Er hatte die Leika bereits umgehängt, trotz Weissners striktem Fotografierverbot. »Alles dunkel, verdamm mich! Das stinkt, stinkt gewaltig, sag' ich dir.«
    Er hatte recht.
    Da war der Parkplatz. Die beiden BMW, die vor ihnen fuhren, bogen ein und stoppten. Der Himmel über den Bäumen begann sich mit einem leichten, ganz zarten Grau zu färben, doch es war noch immer dunkel. Do konnte das Tor ausmachen, zumindest die beiden aus Sandsteinquadern gebauten helleren Pfeiler.
    Eine Welle von Kälte überlief ihren Nacken: Das letzte Mal … Das letzte Mal brannten die Scheinwerfer, und ein Motorrad kam. Ein Mann stieg ab, und dann stand Kati dort: »Wir werden miteinander reden, Mami. Dann, wenn ich soweit bin.«
    War sie jetzt soweit?
    Der erste der beiden Wagen schaltete die Scheinwerfer wieder an. Das Schild ›Kulturstiftung Schönberg‹ leuchtete auf. Do sah, wie der Staatsanwalt und der Polizeioffizier ausstiegen. Nun öffnete sich auch die Tür des zweiten Wagens, und Heininger kreuzte die Lichtbahn. In diesem Augenblick knackte ein Lautsprecher. Musik klang auf. Sie mußten ziemlich leistungsfähige Verstärker und Lautsprecher benutzen, denn die Töne, die nun zu hören waren, hüllten sie förmlich ein: sanfte, harmonische Töne, Sitar-Saitenklänge, Klavier, nun eine Flöte – Astral-Musik, New-Age-Klänge, so rein, so friedlich, so passend …
    »He? Und jetzt?« sagte Tommi. »Sollen wir etwa tanzen? Ist das die Aufforderung?«
    Er stand neben dem Frontera und hielt die Nase hoch, als könne er wittern, was dort hinter den Mauern vorging. Auch die Gruppe von Männern war stehengeblieben.
    Die Musik verklang. Eine Stimme folgte. Sie war tief, sonor, ruhig und sehr bestimmt: »Hier spricht die GW. Sie befinden sich auf Privatgelände. Auch der Parkplatz gehört dazu. Wir bitten Sie, diesen Parkplatz sofort zu verlassen.«
    Do und Tommi Reinecke sahen sich an. Alles hatten sie erwartet, das nicht.
    Nun wieder Musik. Einer der Beamten löste sich aus der Gruppe, rannte zum Wagen des Kommissars, holte ein Megaphon heraus und brachte es zu den anderen. Wieder erklang Musik. Diesmal waren es nur wenige Takte, dann die Stimme: »Herr Staatsanwalt! Und dies gilt auch für die Herren der Polizei.« In der Stimme des Mannes schwang ein leicht ironischer Ton mit, als genieße er die Situation. »Ich fordere Sie zum zweiten Mal auf: Verlassen Sie das Gelände. Fahren Sie
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