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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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zurück. Ich gebe Ihnen dazu eine Minute Zeit. Das sind sechzig Sekunden … Nach Ablauf dieser sechzig Sekunden sind Sie es, Herr Staatsanwalt, der für alle weiteren Folgen die Verantwortung zu tragen hat …«
    Die Stimme schwieg einen Augenblick und fuhr dann fort: »Immerhin habe ich noch die Zeit, Ihnen die Gründe unseres Handelns und auch unsere Position zu erklären: Nach unserer Auffassung und unserer tiefen Überzeugung ist GW-Gebiet und damit vor allem auch Schönberg ein Hort kosmischen Friedens und universeller Harmonie in einer Welt der Zerstörung und des aggressiven Bösen … Diesen Frieden und diese Harmonie zu verbreiten, dazu sind wir angetreten. Dafür sind wir bereit zu kämpfen – und auch zu sterben … Blicken Sie jetzt auf Ihre Uhren. Ab jetzt wird gezählt. Ab jetzt läuft der Countdown. So, jetzt! Steigen Sie sofort in Ihren Wagen und fahren Sie ab!«
    Sprachlos starrte Tommi Do Folkert an. Sie wandte sich um und rannte zu Heininger, der gerade seinen Wagen bestieg. »Fahrt ihr ab?«
    »Den Teufel werden wir!« Heininger nahm das Mikrophon des Funkgeräts hoch. »Hier Albert – hier Albert. Berta, kommen. He, Schellinger! Paßt auf … Der Staatsanwalt gibt gerade den Einsatzbefehl. Ja, über die Mauern … Und an allen besprochenen Punkten … Richtig. Wahrscheinlich, mit ziemlicher Sicherheit sogar, werden wir hier Verstärkung brauchen, benachrichtige also Anderson, benachrichtige jeden, den du erwischen kannst, daß er sich bereithalten soll. Ende.«
    Do sah ihn fragend an.
    Er zerrte nervös am Kragen seiner Jacke. »Frau Folkert, Sie verziehen sich jetzt hier. Ist das klar? Und zwar sofort! Das kann haarig werden, sehr haarig. Auch für Sie.«
    »Sieben Sekunden«, kam die Stimme über den Lautsprecher und hallte durch die Nacht: »Sechs … fünf … vier … drei …« und als die Stimme »eins« sagte, peitschten bereits die ersten Schüsse auf.
    Do warf sich zu Boden, wie sie es so oft getan hatte. Doch dieses Mal war es anders. Sie hatte nicht an ihre Schulter gedacht, und der grelle Schmerz lähmte ihr Denken für Sekunden. Sie lag neben Heiningers Wagen, sie sah Heininger rennen, sich hinwerfen, sah die Leuchtschnüre automatischer Waffen auf den BMW zuwandern, sah, wie aus der dunklen Karosserie eine Flamme hochschoß.
    Nein! dachte Do. Nicht wieder! Welcher Wahnsinn … Das träumst du! Und dann kamen die Druckwelle, die Hitze, der Krach und das Licht …
    Der Wagen des Staatsanwaltes explodierte, und dort, wo er gerade noch gestanden hatte, waren wie auf einer überbelichteten Aufnahme nur noch die nackten schwarzen Streben seines Stahlskeletts zu erkennen …
    Do hatte beide Arme vor das Gesicht gepreßt, als könnten sie ihr in dieser wüsten Schießerei so etwas wie Schutz gewähren.
    Die Schulter schmerzte wie Feuer. Sie konnte sich nicht seitwärts rollen, also robbte sie rückwärts, hinter das Heck von Heiningers Wagen … Wenn der auch getroffen wird? Wenn hier das gleiche geschieht, wenn der BMW zu brennen beginnt wie der Wagen des Staatsanwalts?
    So richtete Do sich auf und begann geduckt auf den Frontera zuzulaufen, stolperte über einen Stein oder Ast, schlug hin, aber da kam Tommi angerannt, zog sie hoch, zerrte sie zum Wagen und schob sie hinein. Und dann saß er hinter dem Steuer und fuhr den schweren Frontera mit ausgeschaltetem Licht im Rückwärtsgang vom Parkplatz, eine kleine Böschung hoch auf die Straße und hinter die Alleebäume.
    Zwischen den Stämmen konnten sie jetzt den dunklen Streifen der Mauer ausmachen und die Büsche, die den Parkplatz begrenzten. Hinter den Büschen gab es dunkle Flecken: Männer, die sich niederkauerten, wahrscheinlich Heininger und die anderen. Do hoffte zu Gott, daß keiner verletzt war, daß sie sich retten konnten, sie hoffte … hoffte … hoffte …
    Kati! Kati steckte irgendwo hinter diesen Mauern.
    Irgendwo hinter den Baumkronen dort, mitten unter diesen Dafür-kämpfen-wir-dafür-sterben-wir-Wahnsinnigen …
    »Die sind schon drüben!« rief Tommi neben Do.
    »Was?«
    »Die sind über die Mauer. Auch am Tor, weiter rechts, siehst du nicht?«
    Ja, dort rannten Männer mit Stahlhelmen und Leitern, weiter vorne und rechts ebenfalls. Schwere Motoren dröhnten. Die Wagen der Polizei schoben sich an die Mauer heran. Wieder Schüsse. Sie kamen von oben, vom Hang. Sie klangen entfernter als die ersten.
    Do zitterte unter der Welle von Kälte, die sie durchfloß, die immer tiefer kroch, ihr Herz umfaßte.
    Sie fühlte
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