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Der Herr der zerstörten Seelen

Der Herr der zerstörten Seelen

Titel: Der Herr der zerstörten Seelen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Marc Berg getreten, und ehe er ihn auch nur wahrnehmen konnte, wurde ihm der Kopf zurückgerissen, zerschnitt ihm die rasiermesserscharfe gekurvte Schneide eines Nahkampfmessers die Kehle …
    Marc gab keinen Ton von sich. Man hörte nur das weiche, abgedämpfte Geräusch seines Aufpralls auf den Boden. Und sah Blut, viel, viel Blut …
    »Ausgerechnet im Eingang«, sagte Rister. »Das hättest du dir sparen können.«
    »Diesen Eingang«, grinste Iwan, »den gibt's in ein paar Minuten sowieso nicht mehr. Und Munition hab' ich auch gespart …«
    Es war ein gewaltiger, zitternder Ton, so als habe jemand alle Bässe einer riesigen Orgel auf einmal betätigt. Die Erde zitterte. Den Schein der Explosion dämpften die Bäume, die Nacht schluckte die gewaltige Staubwolke, die zum Himmel flog, als der Sprengstoff den gesamten Mittelteil des Schlosses Schönberg zerriß. Doch das Prasseln der herabregnenden Trümmer in das Astwerk war zu vernehmen, und dann hörte man einzelne dünne Schreie. Sie klangen wie die Klagerufe von Nachtvögeln.
    Stille.
    Eine sehr lange, lautlose Stille. Sie lastete wie Blei.
    Nun flammten Scheinwerfer auf. Sie badeten den Park von Schönberg in ihrem weißen gleißenden Licht, ließen Stein- und Mörtelstaub vorbeiwehen wie Nebelfahnen. Die Stille aber zerschnitt eine blecherne Lautsprecherstimme:
    »Hier spricht die Polizei! – Hier spricht die Polizei! – Dies ist eine Warnung … Dies ist eine Warnung. Von nun an werden wir zurückschießen. Wir machen Sie also darauf aufmerksam, daß jeder weitere Schußwaffengebrauch von uns mit gnadenloser Härte beantwortet wird. Wir fordern Sie auf, daß sich jede Person, die sich zur Zeit auf dem Gelände von Schönberg befindet, sofort zum rückwärtigen, unversehrt gebliebenen Schloßplatz begibt. Wir werden dort in Kürze einen Verbandsplatz einrichten … Alle GW-Mitglieder sofort zum rückwärtigen Schloßplatz! Vor allem diejenigen, die Verletzungen davongetragen haben.«
    Heininger saß stumm da, die Hände um das Steuerrad gekrampft, den Blick zu all der staubdurchzogenen Helligkeit dort drüben gewandt.
    Do erwachte aus ihrer Betäubung. Sie rannte zum Frontera.
    »So, jetzt haben sie ihn, ihren Weltuntergang, diese Arschlöcher!« hörte sie Tommi schreien. »Jetzt haben sie, was sie wollten, die verdammten Dreckschweine!«
    Ihr Weltuntergang? – Nein, ihr eigener und Katis Untergang … Doch das durfte, das konnte nicht sein! In Do war nichts als verzweifelte Rebellion.
    Sie kletterte in den Wagen. »Fahr los! Fahr doch! Auf was wartest du eigentlich?«
    Und Tommi gab Gas. »Bring das Presseschild an, Do! Schnell!«
    Sie griff ins Handschuhfach, riß das weiße Rechteck mit der Aufschrift ›Presse‹ heraus und schob es in die Halterung an der Windschutzscheibe. Und da war auch schon das Tor. Die Flügel standen offen, ein halbes Dutzend Beamte war dabei, an der Einfahrt Trümmer wegzuräumen.
    Einer richtete sich auf und hob die Hand, aber Tommi beschleunigte die Fahrt. Der Mann mußte zurückspringen, griff nach seiner Waffe und ließ sie wieder sinken.
    Und dann sahen sie es.
    Der Anblick war zu unglaublich, als daß sie ihn ohne weiteres aufnehmen und verarbeiten konnten. All das Licht auf der Zerstörung, die verwüstete Fassade, aus der, als habe eine gewaltige Faust zugeschlagen, der gesamte Mittelteil herausgebrochen war. Die Fahrzeuge davor, die Menschen, die Männer in Uniform, die hin und her rannten … Tommi nahm die rechte Auffahrt und stoppte vor dem Garagengebäude. Er schaltete den Motor ab und drehte den Kopf: »Und jetzt?«
    Ja – und jetzt? dachte Do erschöpft.
    Er war schon draußen, hatte die Kamera in der Hand und rannte zum Schloß. Do fühlte sich zu schwach, um sich aus dem Sitz zu erheben. Doch war das Schwäche? Nein, nichts als Angst, eine Furcht, die jeden Impuls, jeden Nerv und jede Zelle in ihr zu lähmen drohte … Kati! O Kati …
    Schließlich schob Do doch die Tür auf und stieg aus. In der kalten Luft lag der Geruch der Zerstörung, den sie so gut kannte, der Geruch nach Rauch, Brand, Staub.
    Ihre Knie zitterten, als sie sich in Bewegung setzte. Sie ging auch nicht weit. Der Anblick, der sich ihr bot, ließ sie stehenbleiben: Dort, auf der Bank, die alte Frau … Sie war klein und wie gepudert vom Staub. Sie hatte die Hände auf einem kleinen verschrammten Koffer und hielt den Oberkörper darübergebeugt, als müsse sie ihn schützen.
    Do setzte sich neben sie und legte ihr die Hand auf die
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