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Der Herr der Welt

Der Herr der Welt

Titel: Der Herr der Welt
Autoren: Vampira VA
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also plötzlich vor dieser komischen Kneipe. Auf dem schwarzen Schild über der Tür stand in roter Schrift: Sundown. Der seltsam krakelige Schriftzug, in Verbindung mit dieser Farbe, erinnerten mich irgendwie an Stephen King - Sie wissen schon, diese Szene, als Stanley, der sich in seiner Badewanne die Pulsadern aufgeschnitten hat, mit seinem eigenen Blut das Wort »It« an die Wand schmiert. Ziemlich unheimlicher Gedanke, aber der Augenblick verging gleich wieder, und dieser Ort war die beste Möglichkeit, um einen Schlafplatz ausfindig zu machen.
    Als ich eingetreten war, blieb ich einen Moment lang wie vom Donner gerührt stehen. Ich hatte eine dieser Hinterwäldlerbars erwartet, die ich inzwischen bereits zur Genüge kannte. Und nun erblickte ich stattdessen ein . ja, ein Museum.
    An den Wänden hingen in bunter Mischung Gemälde - eines beispielsweise wurde von einer kleinen Tafel als das Portrait Lord Byrons ausgewiesen - und Filmplakate, die samt und sonders von Leinwandreißern stammten, deren Hauptdarsteller überlange Eckzähne trugen. Sogar Tom Cruise und Brad Pitt waren in trauter Zweisamkeit vertreten. Dazu lief im Radio - welche Überraschung! - Annie Lennox' »Love song for a Vampire«. Es sah ganz so aus, als ob irgendwelche versponnenen Fanatiker hier eine Ruhmeshalle für Vampire errichtet hatten.
    Was aber die Gäste betraf, die hier verkehrten . ich hatte noch nie in meinem Leben so viele gutaussehende Personen auf einem Haufen gesehen. Es war tatsächlich fast schon unheimlich. Männer wie Frauen übten eine so lebhafte Faszination auf mich aus, daß ich das Gefühl hatte, in ihrer Ausstrahlung ebenso gefangen zu sein wie eine Fliege im Netz der Spinne. Mit dem Unterschied, daß die Fliege weiß, in welcher Gefahr sie schwebt. Ich dagegen war blind wie ein Maulwurf.
    Ich war mir der Blicke bewußt, die mir wie Dolche in den Rücken drangen, als ich zu einem freien Tisch in einer Ecke schlenderte. Allerdings hielt ich sie nur für das wohlwollende Interesse an der unbekannten und ziemlich gutaussehenden jungen Frau, die so plötzlich hereingeplatzt war.
    Als nächstes begann ich mich im Raum nach jemandem umzusehen, der möglicherweise dazu bereit sein mochte, mir ein Bett zur Verfügung zu stellen. Normalerweise hielt ich mich dabei immer brav an die weiblichen Besucher, aber ich muß gestehen, daß ich diesmal auch einige Männer in meine Erwägungen aufnahm.
    Es dauerte nicht lange, bis ich Gesellschaft bekam. Eine schwarzhaarige Schönheit erhob sich von einem der Nachbartische und setzte sich zu mir. Sie sagte, sie hieße Persephone, und mir erschien der Name der Geliebten des griechischen Totengottes ziemlich passend für diese Umgebung, auch wenn ich es ein wenig affektiert fand.
    Kaum hatte sie von meinem Problem gehört, als sie sich auch schon erbot, mich bei sich aufzunehmen. Das erschien mir damals wirklich sehr freundlich von ihr, und ich verzieh ihr sogar ihren aufgedonnerten Namen.
    Persephone und ich waren schon bald in eine recht lebhafte Unterhaltung verstrickt und nur der seltsam hungrige Blick, mit dem sie mich manchmal ansah, dämpfte mein Vergnügen an ihrer Gesellschaft ein wenig - allerdings nicht genug, um die Faszination zu durchbrechen, die sie und der ganze Ort auf mich geworfen hatten. Vermutlich hätte es nicht lange gedauert, bis ich mit ihr zusammen das Lokal verlassen hätte, und was dann geschehen wäre, muß ich Ihnen wohl nicht erst erzählen.
    Ihre Pläne, die ahnungslose und reichlich naive Sterbliche auszusaugen, wurden jedoch gestört. Einmal mehr schwang die schwarze Eingangstüre auf, und die Gestalt, die das Sundown nun betrat, hatte absolut gar nichts mit seinen anderen Besuchern gemeinsam.
    Ich sah einen alten Mann, dessen Gesichtszüge abgehärmt und zerfurcht wie der Stamm einer von Sturm und Regen gezeichneten Eiche waren. Die verstaubten und teilweise eingerissenen Kleider hingen von seinem ausgemergeltem Körper herab, als wären es Fahnen an einem windstillen Tag. Das einzige an ihm, was ihn von einem wandelnden Toten unterschied, war das vom Wahnsinn flackernde Licht in seinen unruhigen Augen. Der Mann jagte mir einen nicht geringen Schrecken ein, das kann ich Ihnen sagen.
    Der Anblick des Holzpflocks, den er in seinen faltigen Händen hielt, war auch nicht gerade angetan, mein Entsetzen zu mindern.
    »Jetzt werdet ihr bezahlen, ihr verdammten Bestien!« Die Stimme des Alten zitterte, aber der Pflock blieb ruhig zwischen seinen Händen. Dann
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