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Der Herr der Lüfte

Der Herr der Lüfte

Titel: Der Herr der Lüfte
Autoren: Michael Moorcock
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sorgen, daß diese Übergriffe nicht weitergingen.
    Wir verfügten über ein paar anständige Karten und zwei recht vertrauenswürdige Führer - entfernte Gefolgsleute der Ghurkas -, und wir schätzten, daß wir zwei bis drei Tage nach Teku Benga brauchten, dem Sitz von Sharan Kang, hoch oben in den Bergen und über eine Reihe schmaler Pässe zu erreichen. Da wir also eher in diplomatischer denn in militärischer Mission unterwegs waren, entfalteten wir sorgfältig eine Friedensfahne, als wir die Grenze nach Kumbalari überschritten, dessen kahle, schneebedeckte Berge uns bald auf allen Seiten umgaben.
    Es dauerte nicht lange, bis wir die ersten Kumbalari zu sehen bekamen. Sie ritten auf zottigen Ponies, die wie Ziegen über die hohen Felsvorsprünge kletterten; gedrungene, gelbhäutige Krieger ganz in Leder, Schafsfell und bemaltem Eisen, aus ihren Schlitzaugen blitzten Haß und Mißtrauen. Wenn sie nicht die Nachfahren Attilas des Hunnenkönigs waren, so zumindest die eines frühen Kriegervolkes, das ein oder zwei Jahrtausende lang an diesen Hängen und Schluchten gekämpft hatte, ehe die Geißel Gottes seine Horden nach Osten und Westen getrieben hatte, um Dreiviertel der bekannten Welt zu plündern. Wie ihre Vorfahren waren sie mit Bogen, Lanzen und Breitschwertern bewaffnet, doch sie besaßen auch ein paar Karabiner, vermutlich russischer Herkunft.
    Ich tat so, als sähe ich diese reitenden Beobachter gar nicht, und führte meine Soldaten das Tal hinauf. Einen Augenblick lang war ich überrascht, als oben ein paar Schüsse ertönten und von Gipfel zu Gipfel widerhallten, doch die Führer versicherten mir, daß dies nur Signale waren, um unsere Ankunft in Kumbalari anzukündigen.
    Auf dem steinigen Grund kamen wir nur langsam voran, und zeitweise mußten wir absteigen und unsere Pferde am Zügel führen. Als wir höher und höher kamen, wurde die Luft viel kälter, und wir waren froh, als der Abend hereinbrach und wir ein Lager aufschlagen konnten, um uns am Feuer die Hände zu wärmen und auf unseren Karten nachzusehen, wieviel des Weges wir noch zurückzulegen hatten.
    Die jeweiligen Kommandeure von Kavallerie und Infanterie waren Risaldar Jenab Shah und Subadar J. K. Bisht, beides Männer mit Erfahrung bei solchen Expeditionen. Doch abgesehen von ihrer Erfahrung waren sie noch weit vorsichtiger gegenüber den Kumbalari, und Subadar Bisht riet mir, zwei Wachen vor dem Lager aufzustellen, was ich dann auch tat.
    Subadar Bisht war besorgt wegen, wie er dies nannte, »dem Geruch des Windes«. Er wußte einiges über die Kumbalari, und wenn er sprach, sah ich in seinen Augen etwas flackern, das ich bei jedem außer einem Ghurka für Angst gehalten hätte. »Das ist ein verschlagenes und betrügerisches Volk, Sir«, erklärte er mir, als wir gemeinsam in meinem Zelt zusammen mit Jenab Shah speisten, einem schweigsamen Riesen. »Sie sind die Erben eines althergebrachten Übels - eines Übels, das bestand, ehe die Welt geschaffen wurde. In unserer Sprache heißt Kumbalari das Königreich des Teufels. Erwarten Sie nur nicht, daß die unsere weiße Fahne achten. Das werden sie lediglich tun, wenn es in ihre Pläne paßt.«
    »Wie wahr«, sagte ich. »Aber ich wage zu behaupten, daß sie unsere Zahl und unsere Waffen respektieren werden.«
    »Vielleicht.« Subadar Bisht schaute zweifelnd drein. »Sofern Sharan Kang sie nicht überzeugt hat, daß sie durch seine Zauberei geschützt sind. Er ist bekannt dafür, von unbekannten Göttern Stärke zu bekommen und Teufel unter sich zu haben.«
    »Moderne Gewehre«, erklärte ich, »erweisen sich gewöhnlich als den mächtigsten Teufeln überlegen, Subadar Bisht.«
    Der Ghurka sah mich ernst an. »Gewöhnlich, Hauptmann Bastable. Aber da ist noch ihre Vergangenheit. Sie versuchen vielleicht, unsere Marschkolonne mit den verschiedensten Tricks zu spalten - dann könnten sie uns einzeln angreifen und hätten größere Erfolgschancen.«
    Ich akzeptierte das. »Wir werden uns gewiß vor dieser Art Taktik hüten«, stimmte ich zu. »Aber glauben Sie nicht, daß ich mich vor ihrer Zauberei fürchte.«
    Risaldar Jenab Shah sprach nüchtern mit seiner tiefen, dröhnenden Stimme. »Es geht nicht so sehr darum, wovor wir uns fürchten, sondern darum, was sie glauben.« Er strich über seinen glänzenden, schwarzen Bart. »Ich stimme mit Subadar überein. Wir müssen uns darüber im klaren sein, daß wir es mit Verrückten zu tun haben - rücksichtslosen Fanatikern, denen der Verlust ihres
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