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Der Herr der Augenringe

Der Herr der Augenringe

Titel: Der Herr der Augenringe
Autoren: Dschey Ar Tollkuehn
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schwankten dann mit ihren randvollen Tabletts zu der langen Tafel und begannen so gierig zu essen, als wäre es ihre letzte Mahlzeit.
    »Nicht so dumm, wie sie aussehen«, bemerkte Gutgolf müde zu Legolam links von ihm.
    Der Zauberer, prächtig gekleidet in frischen Hosen, saß zusammengesunken am Kopfende des Tisches mit den stinkevollen Boggies, Legolam, Gimbohr und Eoweh auf den Ehren-Klappstühlen. Nur die Abwesenheit von Faraschlaks und Arabikum verhinderte noch den offiziellen Teil des Abends.
    »Was meinst du, wo sie sind?«, fragte Mopsi schließlich, das Geklapper von Tabletts und Plastikbechern übertönend.
    Mopsis Frage wurde beantwortet, zumindest halb, als sich die Pendeltür des Bankettsaals öffnete und eine blutbefleckte, zerzauste Gestalt erschien.
    »Stapfer!«, rief Pepsi.
    Die Hunderte von Gästen unterbrachen ihr Mahl. Vor ihnen stand Arabikum, noch in seiner Schürze, von der Gesichtsmaske bis zu den Stiefeln blutbedeckt. Eine Hand war mit Binden umwickelt, und unter einem Auge hatte er eine hässlich aussehende Schwellung.
    »Was ist?«, fragte Eoweh. »Wo ist der hübsche Faraschlaks?«
    »Ach«, seufzte der Waldläufer, »Faraschlaks ist tot. Ich habe mich nach Kräften bemüht, seine Wunden zu heilen, aber es war vergeblich. Er hatte viele und schwere Verletzungen.«
    »Was war los mit ihm?«, schluchzten die Roi-Tanner. »Er war munter, als wir uns trennten.«
    »Unheilbare Abschürfungen und Quetschungen«, sagte Arabikum und seufzte wieder, »mit Komplikationen. Seine Nagelhäute waren völlig abgelöst, der arme Kerl. Hatte überhaupt keine Chance.«
    »Ich hätte schwören können, dass er nicht mehr als einen Bums auf den Kopf hatte«, murmelte Legolam im Schutz seines Ärmels.
    »Ja«, erwiderte Arabikum und warf dem Elben einen vernichtenden Blick zu, »so mag es jemandem erscheinen, der ungeschult ist in der Kunst des Heilens. Aber dieser Bums, dieser verhängnisvolle Bums, war sein Untergang. Er war Wasser auf das Gehirn. Das ist zu neunzig Prozent tödlich. Ich musste amputieren. Traurig, sehr traurig.«
    Mit kummervoll zerfurchtem Gesicht begab sich Arabikum zu seinem Klappstuhl. Als wäre das ein vorher verabredetes Zeichen gewesen, sprangen einige verdächtig aussehende Pfadfinderinnen auf und schrien: »Der letzte Truchsess ist tot! Heil Arabikum, Arabeskes Sohn, Heil dem König von Zwiedor!«
    Stapfer legte die Hand an die Hutkrempe als bescheidenen Dank für Zwiedors neue Untertanentreue, und Eoweh, die merkte, woher der Wind wehte, schlang mit einem glaubwürdigen Wonneschrei dem neuen König ihre muskulösen Arme um den Hals: Die übrigen Gäste, die entweder verwirrt oder betrunken waren, jubelten mit tausend Stimmen.
    Aber dann hörte man aus dem Hintergrund eine schrille, hohe Stimme. »Nein, nein«, kreischte sie.
    Arabikum blickte forschend über den Tisch, und die benommene Menge wurde still. Ganz am Ende saß eine vierschrötige Gestalt mit einer schwarzen Nasenklappe, die ganz grün gekleidet war. Es war Magnavox, der Freund des verstorbenen Faraschlaks.
    »Sprich«, befahl Arabikum und hoffte, er würde es nicht tun.
    »Wenn du der rechtmäßige König von Zwiedor bist«, flötete Magnavox trunken, »musst du nach der Prophezeiung unsere Feinde vernichten. Das musst du tun, ehe du König wirst. Diese Tat musst du vollbringen.«
    »Das möchte ich mal sehen«, kicherte Gimbohr.
    Arabikum zwinkerte ängstlich.
    »Feinde? Aber wir sind hier doch alle Freunde …«
    »Pst«, sagte Gutgolf ihm vor. »Sauerkopf? Fordor? Nozdruls? Der du weißt schon was?«
    Stapfer biss sich nervös auf die Lippen und dachte nach.
    »Nun ja, es liegt uns wohl ob, zu Sauerkopf zu marschieren und ihn herauszufordern, nehme ich an.«
    Gutgolf sperrte vor Staunen Mund und Nase auf, aber ehe er Stapfer erwürgen konnte, sprang Eoweh auf den Tisch.
    »Recht hat er! Wir marschieren gegen den Sauerkopfer und machen ihn fertig!«
    Gutgolfs Schreie gingen unter im alkoholischen Beifallsgebrüll des Saals.
    Am nächsten Morgen marschierten die Armeen von Zwiedor gen Osten, beladen mit langen Lanzen, scharfen Schwertern und mörderischem Kater. Die Tausende wurden von Arabikum angeführt, der schlaff auf seinem Damensattel saß und unheimlich sauer war. Gutgolf, Gimbohr und die Übrigen, die mit ihm ritten, beteten, ihr Schicksal möge schnell, schmerzlos und, wenn möglich, das eines anderen sein.
    So manche Stunde mühten sie sich voran, die Schlachtschafe meckerten unter ihrer schweren Last,
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