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Der Herodes-Killer

Der Herodes-Killer

Titel: Der Herodes-Killer
Autoren: Mark Roberts
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bereute das in seinen Worten mitschwingende Selbstmitleid zutiefst.
    «Es hängt jedoch davon ab, in welchem Zustand der Dachboden ist. Es könnte genauso gut unmöglich sein, in dem Wust aus Glaswolldämmung, halb zerfallenen Zeitungen und dem Schutt ganzer Leben, dem Müll, der seit dem Bau dieser Doppelhäuser 1935 oder 1936 hier lagert, ein einziges Haar zu bergen, das uns weiterbringt.»
    Mit Latexhandschuhen ausgerüstet stieg Parker die Leiter zum Dachboden empor, drückte die von keiner Angel gehaltene Türklappe nach oben und entfernte sie vorsichtig von der Tür. Ein rätselhaftes Lächeln trat auf seine Lippen.
    «Was ist los, Craig?», fragte Rosen.
    «Er hatte jedenfalls gute Sicht auf das Leben der Catons im Badezimmer», sagte Parker und musterte die Türklappe, die er zu Eleanor Willis hinunterreichte. Als sie sie am Rand ergriff, widerstand Rosen dem Drang, «Bitte vorsichtig» zu sagen.
    «Im Holz ist ein daumennagelgroßes Loch», sagte Willis. «Das dürfte wohl gereicht haben.»
    Willis hielt sich die Tür behutsam vors Gesicht, schloss ein Auge und spähte direkt auf Rosen.
    Rosen stieg die Leiter in die kühle Luft hinauf und überlegte: Ein Loch in der Klappe zum Dachboden. Genug, um hindurchzusehen? Direkt ins Badezimmer. Ein guter Blick auf die intimsten Momente.
    Er stieg noch einen Tritt höher, streckte den Kopf durch die Luke und lenkte den Strahl seiner Taschenlampe in die Dunkelheit. Eine zufällige Kombination von Sinneswahrnehmungen prägte sich seinem Gedächtnis unauslöschlich ein: Das ferne Geräusch eines Busses, das zwischen den Schrägen des Dachbodens nachhallte, und die unter den Dachsparren gefangene heftige Kälte. Dann setzte der Regen ein.
    Zwischen Nr. 22 und Nr. 24 gab es eine Trennwand, die das Dach beider Häuser trug. Eine Schicht frischer Staub lag auf dem neuverlegten Speicherboden von Nr. 22. In der Mitte der gemeinsamen Wand klaffte eine dunkle Stelle, wo Backsteine fehlten. Rosen leuchtete die Trennwand an und betrachtete die Öffnung genauer. Sie war so groß, dass sich ein Mann mit einer durchschnittlichen Figur hindurchquetschen konnte.
    Rosen stieg die Leiter hinunter. «Der Mörtel der Trennwand sieht schadhaft aus, wahrscheinlich wegen des undichten Dachs von Nr. 24. Es kann nicht schwer gewesen sein, die Backsteine herauszunehmen. Er hat sich vom Nachbarhaus hierher vorgearbeitet. Er ist in Nr. 24 eingebrochen, auf den Dachboden gestiegen und hat von der anderen Seite her die Backsteine herausgenommen.»
    Rosen knipste die Taschenlampe aus.
    «Das ist jetzt sein fünfter Überfall, aber es ist das erste Mal, dass er das Opfer aus dessen eigenem Haus heraus entführt hat. Entweder ist das hier gar nicht das Werk des Herodes-Killers, oder er hat inzwischen den gefährlichen Drang, immer wagemutiger vorzugehen. Das hier könnte ihn teuer zu stehen kommen, sehr teuer. Vielleicht glaubt er plötzlich, er könnte an die Entführung seiner Opfer genauso verwegen herangehen wie an das Ablegen ihrer Überreste in London.»
    Rosen spürte, wie Willis hinter ihrem Mundschutz seufzte und ihr Körper sich anspannte. Außerdem entging ihm nicht, dass Bellwood die Reaktion ihrer Kollegin auf Julia Catons wahrscheinliches Schicksal aufgefallen war.
    «Carol», erklärte er. «DC Willis war die erste Polizistin, die das Werk des Herodes-Killers mit eigenen Augen gesehen hat, ohne Vorwarnung oder irgendein Vorwissen, was sie erwartete.»
    Eleanor Willis lehnte die Dachbodenklappe gegen die Badewanne und nahm mit ihrer Digitalkamera eine Serie von Bildern auf. Dann wandte sie sich Bellwood zu.
    «Ich war die Erste am Tatort, als Jenny Maguires Leiche gefunden wurde», berichtete sie. «Das Baby war ungeschickt herausgeschnitten worden, das Werk eines nervösen Metzgers. Die Autopsie hat erwiesen, dass er ein Skalpell verwendet hat, aber es sah aus, als hätte er mit einem stumpfen Büchsenöffner auf sie eingehackt. Seine Technik wird jedes Mal besser, die Einschnitte werden gerader und präziser.»
    Der stete Regen ging inzwischen heftiger auf das Dach von Brantwood Road Nr. 22 und 24 nieder. Der Lärm der auf die Ziegel prasselnden Tropfen hallte im Dachboden über ihnen wider.
    «David, Carol, kommen Sie einmal und schauen Sie sich das hier an», rief Craig Parker aus dem Nachbarraum.
    Rosen und Bellwood folgten Parkers Stimme zur Tür des kleinsten der fünf Zimmer, das als Abstellkammer genutzt wurde. Parker wies mit theatralischer Geste auf ein Durcheinander von
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