Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick
Autoren: Carl Zuckmayer
Vom Netzwerk:
Gesellschaft. Wennse nen Schnaps wollen, schick ich Ihnen rüber.
    PLÖRÖSENMIEZE
ruhig und trocken Uff Ihrn Schnaps frei ick mir schon seit letzte Weihnachten. Essense man Ihre Eier, sonst wernse kalt. Sie ham wol ’n Sonnabendabend bei Ihre selije Großmutter verbracht. Geht weiter.
    V. SCHLETTOW
zu Jellinek Ekliges Weib. Is mir absolut peinlich, so was. Wissense, Doktor – das Vulgäre liecht mir nich. Da kann ich gar nichts mit anfangen. Essend Aber Heiraten is auch nischt. Nette Mädchens haben alle kein Geld.
    JELLINEK
lachend Na, zwischen so einer und ner Erbkomtesse gibt’s ja noch allerhand Zwischenstufen, nich?
    V. SCHLETTOW
Gewiß – wenn man bedenkt – Berlin is ja schließlich groß; aber grade in soner großen Stadt, da is man oft ganz verdammt solo.
    JELLINEK
Ihnen steht doch jeder Salon offen. Gehnse nich viel in Gesellschaften?
    V. SCHLETTOW
Eigentlich nur zu den offiziellen. Regimentsball oder so. Wissen Sie – ich bin kein leichtlebiger Mensch. Ich nehme das alles blödsinnig ernst.
    JELLINEK
rauchend, uninteressiert Das is nu mal so. Wir Deutschen machen’s uns immer so schwer, nich?
    V. SCHLETTOW
Richtig. Das macht die Erziehung, glaub ich. Also ich hab schon im Kadettenkorps sehr viel nachgedacht. Aber was heißt das, man hat ja ’n Dienst, nich? Das geht doch über alles, da wird man wieder ’n Mensch, nich wahr? Wieder ganz frisch Kann Ihnen sagen, wenn man so morgens auf’n Gaul steigt und denn raus auf’n Schießplatz und quer übers Gelände geprescht, und dann ’n paar Kommandos, und sone Truppe entwickelt sich haargenau, sag ich Ihnen, wie son Uhrwerk! Und überhaupt der ganze Kompaniedienst, wo man jeden einzelnen wie seine Tasche kennt –
    JELLINEK
Ja, der Beruf ist natürlich die Hauptsache. Wenn bei uns mal ne ordentliche Bauchhöhlenschwangerschaft vorkommt, oder ’n Zwanzigpfundmyom, oder ’n glatter sauberer Kaiserschnitt – ja, da is man ’n ganz anderer Mensch, da strahlt man wie ’n Weihnachtsbaum!
    V. SCHLETTOW
Nee, nich mein Fall. Denn lieber zehn Stunden Griffekloppen.
    JELLINEK
lacht.
    V. SCHLETTOW
Kann Ihnen sagen – der Dienst – wenn ich das nicht hätte –
    JELLINEK
gelangweilt Rauchen Sie?
    V. SCHLETTOW
Danke, gern! Bedient sich. Beide paffen stumm, haben sich nichts mehr zu sagen.
    PLÖRÖSENMIEZE
ist inzwischen weitergegangen und dabei in der Nähe von Voigt und Kallenberg vorbeigekommen. Die folgen ihr mit den Augen, schauen einander an, zögern eine Weile, dann ruft …
    KALLE
Sie, Frollein, kommense mal ’n bisken näher. Wissense was? Ick sage immer: Morjenstund is aller Laster Anfang.
    PLÖRÖSENMIEZE
sieht ihn über die Schultern an, zeigt ihre Zähne Du meinst wol: Müßigjang hat Jold in Munde, wat?
    KALLE
scheppernd vor Vergnügen Die is richtig! Det ha’ck ja gleich jewußt, die is goldrichtig! Na, bleib doch man, wo willste denn schon wieder hin, Mäusken?
    PLÖRÖSENMIEZE
Wohin? Auf Toilette.
    KALLE
Mußn det jleich sind?
    PLÖRÖSENMIEZE
Nee, eilt jarnich. Bei mir heißt’s immer wie in det scheene Lied: »Is ja nich forn eignen Leib, sondern nur forn Zeitvertreib!« Kommt an den Tisch.
    KALLE
Siehste siehste, det is ne erste Nummer – un de zweite folcht sogleich, wat?
    VOIGT
setzt seine Stahlbrille auf.
    PLÖRÖSENMIEZE
Na, Alterchen, wat kiekstn. Jefall ick dir?
    VOIGT
schmunzelt – schiebt ihr mit höflich einladender Handbewegung seinen nur angetrunkenen Kognak hin.
    PLÖRÖSENMIEZE
Danke, Sießa! Sie setzt sich, trinkt Uff dein jeehrtes Wohlerjehn!
    KALLE
Mensch, da haste ne Eroberung jemacht, haltse fest, solangse noch warm is. Ick hab mir jleich jedacht, Molle, wie’ck dir jesehn habe: »Dieset kleene Aas, macht forn Taler Spaß!«
    PLÖRÖSENMIEZE
Kusch, Kleener, vaschluck dir man nich! Bist wol ’n bisken doof, was? Unter fimf Mark pro Neese is bei mir nischt zu machen, det sag ick immer gleich, damit keene Jereiztheiten uffkommen.
    KALLE
Na, hör mal, Molle, det is doch ’n bisken happig, nich?
    PLÖRÖSENMIEZE
Wat, handeln willste? Noch dazu an Sonntachvormittag, wo’n anständijer Mensch in de Kirche jeht, oder bei die militärische Platzmusik? Scheemste dir ’n jar nich? Nee, so kannste bei mir nich in Omnibus insteijen, so nich.
    VOIGT
Siehste, Kalle.
    KALLE
Schnauze, Mensch! Misch du dir mal nich rin, det vastehste nich. Sehnse, Frollein, wir sind zwee janz armselige jeknickte Unschuldslilien, wir komm neemlich direkt aus de Plötze, da ham wa jahrelang jesessen mutterseelenalleine bei Wasser und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher