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Der Hauptmann von Koepenick

Der Hauptmann von Koepenick

Titel: Der Hauptmann von Koepenick
Autoren: Carl Zuckmayer
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aktuellen Stoffes her: Ein französischer Kollaborateur wird in Lyon 1948 hingerichtet. Auf dessen Verrat an die Gestapo hin wird eine Gruppe junger Résistance-Mitglieder zusammen mit dem deutschen Funker, der sie warnen wollte, verbrannt. Am Ende des Stücks steht die pazifistische Botschaft, die Z. auch in der Champs-Élysées-Passage seiner Memoiren so deutlich heraushebt: »Sagt nicht:/Das waren ›andre‹. Das war ein ›andres Volk‹./Sprecht nicht,/Das ist der ›Feind‹./(Der erste Engel:) Sprecht immer: DAS BIN ICH!« Die Schlusszeilen betonen die Aufgabe des Künstlers, völkerverbindend zu wirken. Z. gibt darin eine pantheistische Variante der katholischen Erneuerungsbewegung (»renouveau catholique« à la Paul Claudel u.a.) und distanziert sich deutlich vom Existenzialismus: »Was zersprengt wird/Von den Kräften der Zeit,/Bindet […] neu/In Euren Werken.« In unermüdlichen Diskussionen mit jungen Deutschen über Des Teufels General , dessen politischer Inhalt recht fragwürdig gezeichnet war, sollte die Botschaft der Überwindung des Generationenkonflikts und der Ablehnung eines Kollektivschulddenkens an dem zu liebenswert geratenen General Harras und dem zu blass wirkenden Oderbruch als Widerstandsfigur deutlich werden. Im Drama wird diese junge Generation auf Hartmann projiziert, als die Symbolfigur von Harras’ besserem Ich. Z. erlitt durch diese Anstrengung in hunderten von Diskussionen 1948 seinen ersten Herzinfarkt.
    Der großbürgerliche Sohn eines aufstrebenden Mainzer Fabrikanten und einer jüdisch-evangelischen Mutter aus musischem, theaterliebendem Verlegerhaus hatte nicht genug Geduld, um sein Studium durchzuhalten. Z. beschäftigte sich ziemlich systemlos mit Jura und Nationalökonomie, mit Literatur- und Kunstgeschichte, sogar mit Biologie und Zoologie. Er hatte Verbindungen zu dem linken sozialdemokratischen Darmstädter Kreis um Carlo Mierendorff. Schon im zweiten Jahr gab er im jugendbewegten Künstlerkreis von Heidelberg Aufführungen von Bellmann-Liedern zur Laute und verfasste Stücke. Als das Kreuzweg -Drama 1920 in Berlin angenommen wurde, wechselte er endgültig zum Theaterberuf über und zog in die Großstadt. Danach war er Regieassistent in Berlin und Dramaturg in Kiel, später in München. Mit dem Antipoden und Freund Bertolt Brecht arbeitete er seit 1925 bei Max Reinhardt als Dramaturgie-Assistent. Über ihn äußerte Z. 1961, Brecht, dessen anarchischer Baal- Phase sich das Stück Pankraz oder Die Hinterwäldler , ein lehrreicher Misserfolg, verdankt, bleibe für ihn »der genialste Dichter und Szeniker« seiner Generation: »Der Dialektiker, das ist mir nicht so bedeutsam.« So wie Z. als Student die Soziologie nur »als Ausdruck des Zeitgeistes, am Rande« fesselte ( Als wär’s ein Stück von mir. Hören der Freundschaft , 1966), blieb auch seine wirkungsstärkste zeitkritische Komödie, Der Hauptmann von Köpenick , durch die eingearbeiteten Märchenmotive für eine ahistorisch-menschliche Deutung offen: Am Ende des in der Berliner Atmosphäre von 1931 geschriebenen Stücks, worin Z. den nationalsozialistischen Gefolgsleuten und Hindenburg-Deutschen zusetzt, indem er gegen Kadavergehorsam, übertriebene Uniformverehrung und Preußische Militärbürokratie polemisiert, findet auch der deutsche Kaiser noch Grund zum Lachen.
    Z. befürwortete Erich Maria Remarques Im Westen nichts Neues , obwohl die Filmversion dieses Romans von der Zensur verboten wurde. Gleichzeitig attackierte Z. in seinen Reden Joseph Goebbels, so dass er 1933 Aufführungsverbot erhielt und daraufhin emigrierte: zunächst mit seiner Frau (seit 1925), der Schauspielerin und späteren Autorin Alice Herdan, nach Henndorf bei Salzburg, dann über die Schweiz (1938) nach Hollywood und New York. Z.s Mut und die genaue Einschätzung der damaligen Mentalität deutscher Militärs retteten ihm das Leben, als er 1938 an der Schweizer Grenze »wie ein kommandierender General« von einer SS-Ehrenwache zum Schweizer Zug eskortiert wurde; der Autor kam sich vor wie sein eigener Köpenick. In New York war Z. Lehrer an der von Erwin Piscator geleiteten Theaterabteilung einer Exil-Hochschule. Schließlich zog er nach Vermont. Dort pachtete er ab 1941 eine Farm. Der faschistische Einbruch bewirkte, aufs Ganze gesehen, eine Qualitätsverschlechterung des Werks, das um 1930 seinen, auch zeitkritischen, Höhepunkt erreichte, wie wichtige Drehbücher unterstreichen (Sternbergs DER BLAUE ENGEL nach Heinrich Manns Roman
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