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Der häusliche Herd

Der häusliche Herd

Titel: Der häusliche Herd
Autoren: Emile Zola
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gerade auf den Empfangstag fällt.
Wenn wir keine Creme haben, müssen wir Fruchteis haben, und da sind
gleich fünf Franken mehr hinausgeworfen.
    Er machte nicht einmal den Versuch, sich zu rechtfertigen. Da er
nicht wagte, seine Arbeit wieder aufzunehmen, und anderseits sich
nicht entschließen konnte, sie im Stiche zu lassen, begann er mit
dem Federhalter zu spielen. Es entstand ein Schweigen.
    Morgen früh, sagte Frau Josserand trocken, wirst du mir den
Gefallen erweisen, bei den Campardon vorzusprechen und sie in
höflicher Weise zu erinnern, – wenn du es kannst – daß wir am Abend
auf sie zählen … Der junge Mann, den sie erwartet haben, ist
angekommen. Bitte sie, ihn mitzubringen. Ich will, daß er
kommt.
    Welcher junge Mann?
    Ein junger Mann. Es würde zu lange dauern, dir das näher zu
erklären … Ich habe meine Erkundigungen eingezogen. Ich muß
alles versuchen, da du mir deine Töchter auf dem Halse läßt, ohne
sich um ihre Verheiratung mehr zu kümmern als um die des
Großtürken.
    Dieser Gedanke brachte sie wieder in Zorn.
    Du siehst, ich bezwinge mich … Aber ich habe es satt bis
hinauf! … Sage mir nichts! Sage mir gar nichts, oder ich
breche los! …
    Er sagte nichts, sie aber brach dennoch los.
    Das wird nachgerade unerträglich! Ich mache dich rechtzeitig
aufmerksam, daß ich eines Tages durchgehen werde und zwar bald und
dir deine Töchter auf dem Halse lasse! … Bin ich für ein
solches Bettlerleben geschaffen? … Ich muß jeden Sou in vier
Teile zerschneiden, muß mir ein Paar Stiefelchen versagen, kann
meine Freunde nicht anständig empfangen – und alles
deinetwegen! … Schüttele nicht den Kopf! Bringe mich nicht
noch mehr in Wut! Ja, deine Schuld ist es!
Du hast mich betrogen, in unwürdiger Weise betrogen! Man heiratet
nicht, wenn man entschlossen ist, seine Frau an allem Mangel leiden
zu lassen. Du machtest den Prahlhans, hast mir eine schöne Zukunft
vorgespiegelt, gabst dich für den Freund der Söhne deines Chefs
aus, dieser Brüder Bernheim, die dich hinterher schön zum besten
gehalten haben … Was, du wagst es zu leugnen? Du müßtest heute
ihr Teilhaber sein! Du hast aus ihrer Glasfabrik das gemacht, was
sie ist, eines der ersten Häuser von Paris, und bist ihr Kassier
geblieben, ein untergeordneter Beamter, ein besoldeter
Mensch … Du hast keinen Mut, schweig!
    Ich beziehe achttausend Franken, erwiderte der Kassier, das ist
ein schöner Posten.
    Ein schöner Posten nach mehr als dreißig Dienstjahren! rief Frau
Josserand. Man zehrt dich auf, und du bist entzückt! … Weißt
du, was ich getan hätte? Zwanzigmal hätte ich dieses Haus in meine
Tasche gesteckt. Das war federleicht! Ich habe es sofort
eingesehen, als ich dich zum Manne nahm, und habe seither nicht
aufgehört, dich anzutreiben. m Aber dazu gehört Tatkraft und
Verstand. Man darf nicht einschlafen auf seinem Sitzleder wie ein
Faultier.
    Willst du mir etwa vorwerfen, daß ich ehrlich geblieben bin?
    Sie erhob sich, näherte sich ihm und schrie, mit ihrem Band
Lamartine herumfuchtelnd:
    Ehrlich? Was verstehst du darunter? Sei vor allem ehrlich gegen
mich! Die anderen kommen erst später. Ich wiederhole es dir: es
heißt unehrlich sein, wenn man ein junges Mädchen einfädelt, dabei
sich das Ansehen gibt, einst reich sein zu wollen, und sich dann
damit begnügt, die Kasse der anderen zu hüten! … Ja, ich bin
schön betrogen worden! … Ach, wenn ich
heute in die Lage käme … und wenn ich deine Familie gekannt
hätte!
    Sie ging heftig erregt auf und ab. Trotz seiner Friedensliebe
konnte Herr Josserand eine Regung der Ungeduld nicht
unterdrücken.
    Du solltest zu Bett gehen, Eleonore. Ein Uhr ist vorüber und
meine Arbeit ist dringend … Meine Familie hat dir nichts
zuleide getan, sprechen wir nicht darüber.
    Schau, schau! Warum denn nicht? Ist deine Familie etwa heiliger
als andere Familien? Jedermann in Clermont weiß, daß dein Vater,
nachdem er seine Advokaturkanzlei verkauft hatte, sich durch eine
Haushälterin ruinieren ließ. Du hättest deine Töchter längst
verheiratet, wenn dein Vater nicht mit siebzig Jahren solche
sauberen Streiche gemacht hätte. Auch einer, der mich arg getäuscht
hat.
    Herr Josserand erbleichte. Er erwiderte mit bebender, allmählich
lebhafter werdender Stimme:
    Was soll das nützen, daß wir uns wieder einmal unsere Familien
gegenseitig vorwerfen? … Dein Vater hat mir die dreißigtausend
Franken, die er mir als Heiratsgut versprochen hatte,
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