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Der gute Mensch von Sezuan

Der gute Mensch von Sezuan

Titel: Der gute Mensch von Sezuan
Autoren: Hermann Hesse
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Zwischen den Augen.
    SUN Mehr am rechten oder mehr am linken?
    SHEN TE Mehr am linken.
    SUN Gut. Nach einer Weile, schläfrig. Und mit den Männern bist du fertig?
    SHEN TE lächelnd: Aber meine Beine sind nicht krumm.
    SUN Vielleicht nicht.
    SHEN TE Bestimmt nicht.
    SUN sich müde an den Baum zurücklehnend: Aber da ich seit zwei Tagen nichts gegessen habe und nichts getrunken seit einem, könnte ich dich nicht lieben, Schwester, auch wenn ich wollte.
    SHEN TE Es ist schön im Regen.
    Wang, der Wasserverkäufer, kommt. Er singt das
    L IED DES W ASSERVERKÄUFERS IM R EGEN
    Ich hab Wasser zu verkaufen
    Und nun steh ich hier im Regen
    Und ich bin weithin gelaufen
    Meines bißchen Wassers wegen.
    Und jetzt schrei ich mein: Kauft Wasser!
    Und keiner kauft es
    Verschmachtend und gierig
    Und zahlt es und sauft es.
    Kauft Wasser, ihr Hunde!
    Könnt ich doch dies Loch verstopfen!
    Träumte jüngst, es wäre sieben
    Jahr der Regen ausgeblieben:
    Wasser maß ich ab nach Tropfen!
    Ach, wie schrieen sie: Gib Wasser!
    Jeden, der nach meinem Eimer faßte
    Sah ich mir erst an daraufhin
    Ob mir seine Nase paßte.
    Da lechzten die Hunde!

    Lachend.
    Ja, jetzt sauft ihr kleinen Kräuter
    Auf dem Rücken mit Behagen
    Aus dem großen Wolkeneuter
    Ohne nach dem Preis zu fragen
    Und ich schreie mein: Kauft Wasser!
    Und keiner kauft es
    Verschmachtend und gierig
    Und zahlt es und sauft es.
    Kauft Wasser, ihr Hunde!

    Der Regen hat aufgehört. Shen Te sieht Wang und läuft auf ihn zu.
    SHEN TE Ach, Wang, bist du wieder zurück? Ich habe dein Traggerät bei mir untergestellt.
    WANG Besten Dank für die Aufbewahrung! Wie geht es dir, Shen Te?
    SHEN TE Gut. Ich habe einen sehr klugen und kühnen Menschen kennengelernt. Und ich möchte einen Becher von deinem Wasser kaufen.
    WANG Leg doch den Kopf zurück und mach den Mund auf, dann hast du Wasser, soviel du willst. Dort die Weide tropft noch immer.
    SHEN TE Aber ich will dein Wasser, Wang.
    Das weither getragene
    Das müde gemacht hat
    Und das schwer verkauft wird, weil es heute regnet.
    Und ich brauche es für den Herrn dort drüben.
    Er ist ein Flieger. Ein Flieger
    Ist kühner als andere Menschen. In der Gesellschaft der Wolken
    Den großen Stürmen trotzend
    Fliegt er durch die Himmel und bringt
    Den Freunden im fernen Land
    Die freundliche Post.
    Sie bezahlt und läuft mit dem Becher zu Sun hinüber.
    SHEN TE ruft lachend zu Wang zurück: Er ist eingeschlafen. Die Hoffnungslosigkeit und der Regen und ich haben ihn müde gemacht.
    Z WISCHENSPIEL
W ANGS N ACHTLAGER IN EINEM K ANALROHR
    Der Wasserverkäufer schläft. Musik. Das Kanalrohr wird durchsichtig, und dem Träumenden erscheinen die Götter.
    WANG strahlend: Ich habe sie gesehen, Erleuchtete! Sie ist ganz die alte!
    DER ERSTE GOTT Das freut uns.
    WANG Sie liebt! Sie hat mir ihren Freund gezeigt. Es geht ihr wirklich gut.
    DER ERSTE GOTT Das hört man gern. Hoffentlich bestärkt sie das in ihrem Streben nach Gutem.
    WANG Unbedingt! Sie tut soviel Wohltaten, als sie kann.
    DER ERSTE GOTT Was für Wohltaten? Erzähl uns davon, lieber Wang!
    WANG Sie hat ein freundliches Wort für jeden.
    DER ERSTE GOTT eifrig: Ja, und?
    WANG Selten geht einer aus ihrem kleinen Laden ohne Tabak, nur weil er etwa kein Geld hat.
    DER ERSTE GOTT Das klingt nicht schlecht. Noch anderes?
    WANG Eine achtköpfige Familie hat sie bei sich beherbergt!
    DER ERSTE GOTT triumphierend zum zweiten: Achtköpfig! Zu Wang: Und womöglich noch was?
    WANG Mir hat sie, obwohl es regnete, einen Becher von meinem Wasser abgekauft.
    DER ERSTE GOTT Natürlich, diese kleineren Wohltaten alle. Das versteht sich.
    WANG Aber sie laufen ins Geld. So viel gibt ein kleiner Laden nicht her.
    DER ERSTE GOTT Freilich, freilich! Aber ein umsichtiger Gärtner tut auch mit einem winzigen Fleck wahre Wunder.
    WANG Das tut sie wahrhaftig! Jeden Morgen teilt sie Reis aus, dafür geht mehr als die Hälfte des Verdienstes drauf, das könnt ihr glauben!
    DER ERSTE GOTT etwas enttäuscht: Ich sage auch nichts. Ich bin nicht unzufrieden mit dem Anfang.
    WANG Bedenkt, die Zeiten sind nicht die besten! Sie mußte einmal einen Vetter zu Hilfe rufen, da ihr Laden in Schwierigkeiten geriet.
    Kaum war da eine windgeschützte Stelle
    Kam des ganzen winterlichen Himmels
    Zerzaustes Gevögel geflogen und
    Raufte um den Platz und der hungrige Fuchs durchbiß
    Die dünne Wand und der einbeinige Wolf
    Stieß den kleinen Eßnapf um.
    Kurz, sie konnte alle die Geschäfte allein nicht mehr überblicken. Aber
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