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Der grüne Tod

Der grüne Tod

Titel: Der grüne Tod
Autoren: Alan Dean Foster
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gewesen, doch hatte er niemals einer ihrer Andachtsfeiern beigewohnt. Zweifellos waren in der Stadt noch einige Dutzend solcher Stätten verstreut. Die Versuchung war groß, sich auf einen der bequemen Sitze sinken zu lassen. Im gegenwärtigen Augenblick erschienen ihm selbst die vereinzelt herumstehenden Thranx-Liegesättel einladend. Doch er beschloss, weiterzugehen. Das Sanktuarium war entschieden zu leicht zu überblicken.
    Ohne jede Vorwarnung erstarb in diesem Moment das Gefühl fortwährender Wut, anhand dessen er Coerlis ausgemacht hatte. Das war wieder einmal typisch für sein verdammtes Talent, das mal aufflackerte, mal erlosch, als hätte er einen Kurzschluss im Gehirn. Beunruhigt blickte er zum Eingang hinüber. Er war nun nicht mehr in der Lage zu erkennen, ob Coerlis und seine Speichellecker ihm immer noch auf den Fersen waren oder eine andere Richtung eingeschlagen hatten. Die emotionale Alarmsirene in seinem Kopf hatte sich sang- und klanglos verabschiedet, und es gab keine Möglichkeit, sie wieder einzuschalten, so sehr er sich auch bemühen würde.
    Er schaute hinunter auf Pip. Er musste sie jetzt gut im Auge behalten. Im Gegensatz zu seinen sprunghaften Fähigkeiten waren die ihren das Ergebnis natürlicher Evolution. Ihr Alarmsystem funktionierte permanent. Das Ärgerliche war nur, dass sie nicht intelligent genug war, um gegen ihn gerichtete Anfeindungen bereits im Vorfeld zu erkennen. Für gewöhnlich ging das Erfassen Hand in Hand mit physischer Nähe, und oft war es dann zu spät zur Flucht. Doch solange sein Talent sich nicht von selbst wieder einstellte, war Pip das Einzige, was er hatte, um vor Coerlis’ etwaiger Anwesenheit gewarnt zu werden.
    Sein Blick wanderte nach links. Wenn die Architektur den üblichen Gepflogenheiten der Vereinigten Kirche folgte, musste sich dort eine Reihe von Bibliothekslesesälen befinden. Er hätte sich in einem von ihnen einschließen können, doch um den Preis einer relativen Sicherheit hätte er sich damit auch jeden Fluchtweg verbaut. Keine gute Idee, sagte er sich, wenngleich er im gesamten offenen Bereich des Sanktuariums viel zu exponiert war.
    Er entschied sich für einen Gang rechts von ihm. Die Haltung eines Besuchers einnehmend, der ganz genau wusste, wohin er wollte, ließ er das Gebetszentrum hinter sich. Kleine leuchtende Buchstaben schwebten vor einer Reihe von Türen, hoben oder senkten sich, während er näher kam, bis sie sich genau auf Augenhöhe befanden. Einige der Zeichen wiesen auf einzelne Personen hin, andere auf spezielle Ressorts.
    Er entschied sich gegen den Aufzug und stieg, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, das Fluchttreppenhaus empor, bis er im dritten Stock angelangt war. Dort trat er in eine weitere Halle. Stille herrschte an diesem Ort. Nur ein paar Angestellte gingen leise ihren Beschäftigungen nach, ganz wie es sich an einem Ort der Kontemplation geziemte.
    Unbehelligt ging Flinx an einigen offen stehenden Türen vorbei, als plötzlich aus einem der Büros eine Stimme an sein Ohr drang.
    »Sie sehen bekümmert aus, mein Sohn. Und müde.« Flinx zögerte. »Kann ich Ihnen irgendwie helfen?«
    Flinx hielt inne und schaute zurück in die Richtung, aus der er gekommen war. Der Korridor lag immer noch verlassen da. Argwöhnisch horchte er in sich. Nichts. Es war, als hätte die emotionale Supernova mit Namen Coerlis nie existiert. Für den Moment jedenfalls blieb Flinx’ empathische Wahrnehmungspalette prekärerweise vollkommen leer.
    Der Mann, der direkt hinter dem Türdurchgang stand, war wesentlich kleiner als Flinx. Und um etliches älter. Offensichtlich jegliches Enthaarungsmittel verschmähend bot er einen Schädel zur Schau, der abgesehen von einem koboldhaften Kranz aus weißen Ringellöckchen völlig kahl war. Diese setzten sich über die Koteletten hinweg fort, um weiter unten in einem dichten Rauschebart zu münden. Die bügelfreie aquamarinfarbene Kluft, die der Geistliche trug, war ohne jeden Makel.
    Ein rascher Blick auf Pip ergab, dass ihre Augen geschlossen waren. Flinx überlegte. Er war eine ganze Weile gerannt und konnte eine kleine Verschnaufpause durchaus gebrauchen. Und dieser Ort schien so gut wie jeder andere zu sein. Der gemütliche, untersetzte Pater musterte ihn mit höflicher Neugier, und ungeachtet dessen, wie Flinx sich entschied, war zumindest eine Antwort angezeigt.
    »Ich bin vor einer Auseinandersetzung geflohen. Ich versuche, Streitigkeiten wann immer es geht zu vermeiden.«
    Das
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