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Der grosse eBook-Raetselkrimi

Der grosse eBook-Raetselkrimi

Titel: Der grosse eBook-Raetselkrimi
Autoren: Marc Ritter
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Geschirrtuch aus, entnahm das Paket seinem Rucksack und legte es vorsichtig auf das Tuch. Hierher, wo es doch eigentlich hingehörte, und nicht an den Prinzregentenplatz und auch nicht in eine Glasvitrine in der Staatsbibliothek: die wertvollste Handschrift deutscher Zunge, das Weltkulturerbe der Unesco, ein Quell der Inspiration für Wagner ebenso wie ein Quell des Durchhaltewillens für die Nazis, hier vor ihm auf diesem Tisch. Er betrachtete das Werk und getraute sich kaum, es zu öffnen.
    Schön, es war eigentlich nicht nett gewesen, dem Bediensteten der Staatsbibliothek die Nummer mit Günther Jauch vorzuspielen. Einem verdienten Bibliothekar im gehobenen Dienst wie Alfons Boer, der als Bewacher der Ausstellung tagein, tagaus versauerte. Dem er mit Bewunderung für dessen enormes enzyklopädisches Wissen schmeichelte und den er schließlich als »Telefonjoker« gewann. Telefonjoker waren zwar gehalten, während der Aufzeichnung per Festnetz erreichbar zu sein, doch per Rufumleitung aufs Handy ging auch das. Und wirklich klingelte Punkt 9.02 Uhr Boers Mobiltelefon. Schade, wirklich.
    Bedächtig schlug Spindler den Nibelungen-Codex A auf. Die berühmte Handschrift, die er bislang immer nur als Faksimile im Internet studiert hatte. Er blätterte die einzelnen Seiten vorsichtig um. Die Lämmer und Zicklein, aus deren Haut das Pergament geschnitten worden war, hatten ihr kurzes Gastspiel vor über 800 Jahren gehabt.
    Schließlich fand er das Rätsel, das dort seit dem Zusammenbruch des Nazireiches geschrieben stand. Zum ersten Mal sah er es nicht im Faksimile. Zum ersten Mal sah er es im Original. Wunderbares Pergament. Wie sich das anfühlte! Leider musste er morgen in aller Früh weiter, konnte die Nibelungen nicht länger bei Ludwig und Wagner lassen. Das Rätsel hatte er gelöst, besser: Er hatte es fast gelöst. Das Ziel seiner Wanderung kannte er. Nur er. Doch etwas fehlte noch, musste noch fehlen. Das hatte er noch nicht geknackt. »Vermutlich geht das nur mit dem Codex selbst und nicht mit dem Faksimile!«, sprach er sich Mut zu.
    Vor sechs Jahren hatte er im Gefängnis das erste Mal Wind von der Sache bekommen. Vitus Breckmann, ein adretter, eher zu schnieker Mithäftling, hatte ihn gefragt, ob er ihm helfen könne, einen Code zu knacken. Spindler war nicht sonderlich verwundert, denn seine Vorliebe für Rätsel aller Art war bekannt, und etwas Abwechslung im Knastalltag war ihm höchst willkommen. Andererseits wusste er, dass Breckmann einer der Gangs im Knast angehörte – den Ultras, einer höchst unangenehmen Knastkameradschaft. Breckmann war aber keiner der üblichen Mordbrenner. Er war ein hochintelligenter, aalglatter Typ, einer von der Sorte, der Spindler am liebsten gleich eins auf die Zwölf gegeben hätte, wenn auch nur mit Handschuh. Doch der Code interessierte ihn. Sein alter Jagdhundinstinkt war geweckt. Wo der Mithäftling den Code ursprünglich herhatte, das wollte der nicht verraten. Spindler streckte seine Fühler aus, zapfte alte Bekanntschaften an, wühlte in zwielichtigen Internet-Foren und später in alten Handschriften, die als Faksimiles im Internet standen, er recherchierte vorsichtig über Wochen, Monate, Jahre. Dann, es war erst ein paar Wochen her, war er auf das letzte, das bestgehütete Geheimnis des Dritten Reichs gestoßen.
    Breckmann musste wissen, dass es das Geheimnis gab, wusste aber nicht, wie er es deuten sollte. Spindler speiste ihn mit ein paar nebensächlichen Erkenntnissen ab, damit er keinen Verdacht schöpfte. Tat er aber doch. Breckmann hatte gehofft, mit Spindler als Helfer den Code zu knacken und dann als der strahlende Held dazustehen. Nun musste er gegenüber seinen Kameradschaftsoberen zugeben, dass er Spindler ein Zipfelchen des Geheimnisses verraten hatte. Die befanden, dass dies keine gute Idee gewesen war. Spindler bekam Besuch in seiner Sozialwohnung in Neuperlach. Sie stellten seine Bude auf den Kopf. Ihm war klar: Wäre er da gewesen, wäre es jetzt aus mit ihm. Diese Burschen fackelten nicht lange. Spindler wusste: Er musste verschwinden - für die Kameradschaft wahrscheinlich unter die Erde, in seinen eigenen Augen erst einmal über alle Berge. Um diese Kerle loszuwerden, musste er das Geheimnis selbst lüften. Waren Breckmann und Konsorten inzwischen dahintergekommen? Dass die anderen über Verbindungen verfügten, über mächtige Verbindungen, das war Spindler nur allzu klar. Er musste schlau sein, und vor allem musste er schnell sein. Vor diesem
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