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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2
Autoren: Alexandre Dumas
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ihre Pferde zurückzunehmen.
    Die Pferde hatten dasselbe Geschirr, das Frau Danglars am Morgen an ihnen gesehen hatte, nur hatte der Graf in der Mitte jeder Rosette am Ohr einen Diamanten anbringen lassen.
    Auch Danglars erhielt einen Brief. Der Graf bat ihn darum, der Baronin dieses Geschenk machen zu dürfen und die orientalische Art, die Pferde zurückzusenden, zu entschuldigen.
    Am Abend begab sich Monte Christo, von Ali begleitet, nach Auteuil. Am folgenden Tage gegen drei Uhr trat Ali, durch das Glockenzeichen herbeigerufen, in das Zimmer des Grafen.
    »Ali«, sagte dieser, »du hast mir oft von deiner Geschicklichkeit im Lassowerfen erzählt?«
    Ali nickte bejahend und richtete sich stolz auf.
    »Schön …! Du könntest also mit deinem Lasso einen Ochsen aufhalten?«
    Ali nickte.
    »Einen Tiger?«
    Ali bejahte abermals.
    »Einen Löwen?«
    Ali machte eine Bewegung, wie jemand, der ein Lasso wirft, und ahmte ein ersticktes Brüllen nach. »Aber könntest du zwei durch-gehende Pferde im Lauf aufhalten?«
    Ali lächelte.
    »Nun höre«, sagte Monte Christo. »Es wird gleich ein Wagen vorbeikommen, mit dem zwei Apfelschimmel, dieselben Pferde, die ich gestern hatte, durchgehen werden. Du mußt diesen Wagen vor meiner Tür aufhalten, selbst wenn du dabei zermalmt würdest.«
    Ali ging auf die Straße hinunter und zog vor der Tür einen Strich auf dem Pfl aster, dann kam er zurück und zeigte dem Grafen den Strich.
    Der Graf klopfte ihm sanft auf die Schulter: Das war seine Weise, Ali zu danken. Dann ging der Nubier hinunter, um an der Ecke des Hauses auf dem Prellstein seinen Tschibuk zu rauchen, während Monte Christo sich nicht weiter um ihn kümmerte.
    Gegen fünf Uhr jedoch, um die Zeit, da er den Wagen erwartete, begann der Graf fast unmerkliche Zeichen von Ungeduld zu geben.
    Er ging in einem nach der Straße zu gelegenen Zimmer auf und ab, horchte hin und wieder und näherte sich dem Fenster, durch das er Ali Rauchwolken von sich blasen sah, aus deren Regelmäßigkeit ersichtlich war, daß der Nubier ganz bei dieser wichtigen Beschäftigung war.
    Plötzlich hörte man ein fernes Rollen, das sich aber blitzschnell näherte; dann erschien ein Wagen, dessen Kutscher sich vergeblich bemühte, die wütend und blindlings dahinstürmenden Pferde aufzuhalten.
    In dem Wagen befanden sich eine junge Frau und ein Kind von sieben bis acht Jahren, die sich fest umschlungen hielten, vor Schreck unfähig, auch nur einen Schrei auszustoßen; einen Stein oder Baum zu streifen hätte genügt, um den krachenden Wagen vollständig zu zertrümmern. Der Wagen fuhr in der Mitte der Straße, und man hörte die Schreckensrufe der Leute, die ihn kommen sahen.
    Plötzlich legt Ali seinen Tschibuk beiseite, zieht das Lasso aus der Tasche, schleudert es, so daß es sich dreifach um die Vorderbeine des linken Pferdes schlingt, und läßt sich drei oder vier Schritte durch die Gewalt des Ruckes mitziehen; dann aber stürzt das Pferd und fällt auf die Deichsel, die es zerbricht. Während das andere Pferd sich vergeblich bemüht, weiterzustürmen, benutzt der Kutscher den Augenblick, um vom Bock herabzuspringen; aber Ali ist dem Pferd schon mit seinen eisernen Fingern in die Nüstern gefahren, und das vor Schmerz wiehernde Tier streckt sich neben das bereits gefallene auf das Pfl aster.
    Alles dies war das Werk eines Augenblicks. Indessen, dieser Augenblick hat genügt, daß aus dem Haus, vor dem sich der Vorfall zugetragen hat, ein Mann, von mehreren Dienern gefolgt, herausgestürzt ist. Gerade als der Kutscher den Schlag öff net, ergreift Monte Christo die Dame, die sich mit der einen Hand an das Polster klammert, während sie mit der andern ihren ohnmächtig gewordenen Sohn an sich preßt, und trägt beide in den Salon, wo er sie auf ein Sofa niedersetzt …
    »Fürchten Sie nichts mehr, gnädige Frau«, sagte er; »Sie sind gerettet.«
    Die Dame kam wieder zu sich und zeigte ihm zur Antwort ihren Sohn, mit einem Blick, der beredter war als alle Bitten. In der Tat war das Kind noch immer ohnmächtig.
    »Ja, gnädige Frau, ich verstehe«, sagte der Graf, indem er das Kind betrachtete; »aber seien Sie unbesorgt, es ist ihm nichts zugestoßen, und nur die Angst hat ihn in diesen Zustand versetzt.«
    »O mein Herr«, rief die Mutter, »sagen Sie mir das nicht bloß, um mich zu beruhigen? Sehen Sie, wie bleich er ist! Mein Sohn, mein Kind, mein Eduard, antworte doch deiner Mutter! Ach, lassen Sie einen Arzt holen! Mein Vermögen dem, der
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