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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2
Autoren: Alexandre Dumas
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Knabe eine seiner Hoff nungen erfüllt hätte. Frau von Villefort schalt ihren Sohn mit einer Mäßigung, die jedenfalls nicht nach dem Geschmack Rousseaus gewesen wäre.
    »Siehst du«, sagte der Graf auf arabisch zu Ali, »diese Dame bittet ihren Sohn, dir dafür zu danken, daß du ihnen beiden das Leben gerettet hast, und das Kind antwortet, du seiest zu häßlich.«
    Ali wandte einen Augenblick den Kopf und betrachtete das Kind ohne bemerkbaren Ausdruck, aber ein kleines Beben seiner Nasenfl ügel zeigte Monte Christo, daß er bis ins Herz verwundet worden war.
    »Herr Graf«, fragte Frau von Villefort, während sie sich erhob und sich zum Gehen anschickte, »ist dies Ihre ständige Wohnung?«
    »Nein, gnädige Frau«, antwortete der Graf, »das hier ist eine Art Absteigequartier, das ich gekauft habe; ich wohne Avenue des Champs-Elysées Nummer dreißig. Aber ich sehe, daß Sie völlig wiederhergestellt sind und zu gehen wünschen. Ich habe soeben befohlen, daß dieselben Pferde an meinen Wagen gespannt werden, und Ali, dieser häßliche Kerl«, fügte er, dem Kinde zulächelnd, hinzu, »wird die Ehre haben, Sie nach Hause zu bringen, während Ihr Kutscher hierbleibt, um den Wagen ausbessern zu lassen. Sobald diese Arbeit getan ist, wird eins meiner Gespanne den Wagen zu Frau Danglars bringen.«
    »Aber mit denselben Pferden möchte ich nie wieder fahren«, sagte Frau von Villefort.
    »Oh, Sie werden sehen, gnädige Frau«, antwortete Monte Christo,
    »unter der Hand Alis werden sie lammfromm werden.«
    In der Tat war Ali an die Pferde, die man mit vieler Mühe wieder auf die Beine gebracht hatte, herangetreten. Er hielt ein mit aro-matischem Essig getränktes Schwämmchen in der Hand und rieb damit den mit Schweiß und Schaum bedeckten Pferden Nüstern und Schläfen. Sie begannen sofort laut zu schnaufen und zitterten einige Sekunden am ganzen Körper.
    Dann ließ Ali inmitten der Menge, die der zertrümmerte Wagen und das Gerücht von dem Ereignis herbeigelockt hatte, die Pferde an den Wagen spannen, nahm die Zügel und stieg auf den Bock.
    Zum großen Erstaunen der Zuschauer mußte er kräftig die Peitsche gebrauchen, um die vorher so rasenden Apfelschimmel nur vorwärts zu bringen. Die Pferde gingen so matt und langsam, daß Frau von Villefort beinahe zwei Stunden brauchte, um zum Faubourg Saint-Honoré zu kommen, wo sie wohnte.
    Kaum war sie zu Hause und die erste Aufregung der Familie beruhigt, so schrieb sie folgenden Brief an Frau von Danglars:
    »Liebe Hermine!
    Ich und mein Sohn sind soeben wunderbar gerettet worden, und zwar von demselben Grafen von Monte Christo, von dem gestern abend so viel die Rede gewesen ist. Gestern sprachen Sie mit einer Begeisterung, die ich mit der ganzen Kraft meines bißchen Geistes bespötteln muß-
    te, aber heute fi nde ich, daß diese Begeisterung noch weit hinter dem Manne zurückbleibt, der sie einfl ößte. Ihre Pferde waren ganz plötzlich durchgegangen, als ob sie vom Teufel besessen wären, und wir, mein armer Eduard und ich, waren in Gefahr, an dem ersten Baum oder dem ersten Prellstein im Dorf zerschmettert zu werden, als ein Araber, ein Neger, ein Nubier, kurz ein Schwarzer im Dienste des Grafen, auf ein Zeichen seines Herrn, wie ich glaube, die Pferde anhielt, auf die Gefahr hin, selbst zermalmt zu werden, und es ist wahrhaftig ein Wunder, daß dies nicht geschah. Dann eilte der Graf herbei und trug uns beide in sein Haus, wo er Eduard wieder ins Leben zurückrief. Ich bin in seinem Wagen nach Hause zurückgekehrt; Sie werden den Ihren morgen wie-derbekommen. Ihre Pferde werden Sie seit dem Unfall sehr geschwächt fi nden; sie sind wie betäubt; man möchte sagen, sie könnten es sich nicht verzeihen, daß sie sich von einem Menschen haben bändigen lassen. Der Graf läßt Ihnen sagen, daß sie nach zweitägiger Ruhe auf der Streu und bei ausschließlichem Gerstenfutter wieder geradeso blühend, das heißt, geradeso furchtbar sein werden wie gestern.
    Adieu! Ich bedanke mich nicht für meine Spazierfahrt, und doch, wenn ich darüber nachdenke, ist es undankbar, Ihnen die Launen Ihres Gespannes nachzutragen, denn einer dieser Launen verdanke ich es ja, den Grafen von Monte Christo kennengelernt zu haben, und der erlauchte Fremde erscheint mir, abgesehen von den Millionen, über die er verfügt, ein so interessantes Problem zu sein, daß ich ihn um jeden Preis zu studieren gedenke, müßte ich auch nochmals mit Ihren Pferden eine Spazierfahrt ins Bois
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