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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2
Autoren: Alexandre Dumas
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mir meinen Sohn wiedergibt!«
    Monte Christo machte mit der Hand eine Bewegung, um die trostlose Mutter zu beruhigen, öff nete ein Kästchen und nahm daraus ein mit Gold verziertes Kristallfl äschchen, das eine blutrote Flüssigkeit enthielt. Er träufelte dem Kind einen einzigen Tropfen davon auf die Lippen.
    Das Kind öff nete sofort die Augen. Bei diesem Anblick war die Mutter fast außer sich vor Freude.
    »Wo bin ich«, rief sie, »und wem verdanke ich soviel Glück nach einer so grausamen Prüfung?«
    »Sie sind bei einem Manne, der sich glücklich schätzt, Ihnen einen Kummer haben ersparen zu können«, antwortete Monte Christo.
    »Oh, Verwünschte Neugier!« sagte die Dame. »Ganz Paris sprach von diesen prächtigen Pferden der Frau Danglars, und ich war so töricht, sie probieren zu wollen.«
    »Wie«, rief der Graf mit gut gespielter Überraschung, »diese Pferde gehören der Baronin?«
    »Ja, kennen Sie sie?«
    »Frau Danglars …? Ja, ich habe die Ehre und bin doppelt froh, Sie aus der Gefahr gerettet zu sehen; denn Sie hätten mir die Schuld daran geben können. Ich hatte diese Pferde gestern dem Baron abge-kauft, aber die Baronin schien das so zu bedauern, daß ich sie gestern mit der Bitte zurückgeschickt habe, sie von mir anzunehmen.«
    »Dann sind Sie also der Herr Graf von Monte Christo, von dem Hermine mir gestern soviel erzählt hat?«
    »Ja, gnädige Frau«, antwortete der Graf.
    »Ich bin Frau Heloise von Villefort.«
    Der Graf verneigte sich wie jemand, der einen ihm ganz fremden Namen hört.
    »Oh, wie dankbar wird Herr von Villefort sein!« sagte Heloise.
    »Denn er verdankt Ihnen ja unser beider Leben; Sie haben ihm seine Frau und seinen Sohn wiedergegeben. Sicherlich, ohne Ihren mutigen Diener wären dieses Kind und ich verloren gewesen.«
    »Ach, gnädige Frau, ich bebe noch bei dem Gedanken an die Gefahr, in der Sie schwebten.«
    »Oh, ich hoff e, daß Sie mir erlauben, die brave Tat dieses Mannes würdig zu belohnen.«
    »Gnädige Frau«, antwortete Monte Christo, »verderben Sie mir den Ali bitte nicht, weder durch Lob noch durch Belohnung; das sind Gewohnheiten, die er nicht annehmen soll. Ali ist mein Sklave; indem er Ihnen das Leben rettete, diente er mir, und es ist seine Pfl icht, mir zu dienen.«
    »Aber er hat sein Leben aufs Spiel gesetzt«, sagte Frau von Villefort, der dieser herrische Ton seltsam imponierte.
    »Ich habe dieses Leben gerettet, gnädige Frau«, antwortete Monte Christo, »folglich gehört es mir.«
    Frau von Villefort schwieg; vielleicht dachte sie an diesen Mann, der vom ersten Augenblick an einen so tiefen Eindruck hinterließ.
    Während dieses Augenblicks des Schweigens konnte der Graf in Ruhe das Kind betrachten, das die Mutter mit Küssen bedeckte. Es war klein, schlank, mit weißer Haut wie bei rothaarigen Kindern, und doch bedeckte ein Wald von widerspenstigen Haaren seine ge-wölbte Stirn und fi el, das Gesicht einrahmend, auf die Schultern und verdoppelte noch die Lebhaftigkeit seiner Augen, die voll versteckter Bosheit waren. Der Mund, der kaum erst wieder die Farbe des Lebens angenommen hatte, war groß und hatte schmale Lippen; dieses achtjährige Kind hatte die Züge eines zwölfj ährigen. Die erste Bewegung des Knaben war, sich mit einem heftigen Stoß aus den Armen seiner Mutter loszumachen, nach dem Kästchen zu gehen, aus dem der Graf das Fläschchen Elixier genommen hatte, und das Kästchen zu öff nen; ohne jemand um Erlaubnis zu fragen, schickte er sich dann nach Art der Kinder, die gewöhnt sind, alle ihre Launen zu befriedigen, an, die Flaschen zu entkorken.
    »Rühre das nicht an, mein Freund«, sagte der Graf lebhaft, »einige dieser Flüssigkeiten sind nicht nur gefährlich zu trinken, sondern auch zu atmen.«
    Frau von Villefort erbleichte, griff nach dem Arm ihres Sohnes und zog Eduard wieder an sich. Als ihre Furcht beruhigt war, warf sie einen kurzen, aber ausdrucksvollen Blick auf das Kästchen. Der Graf bemerkte ihn. In diesem Augenblick trat Ali ein.
    Frau von Villefort machte eine Bewegung der Freude und sagte, indem sie das Kind noch näher an sich zog: »Eduard, siehst du diesen guten Diener: Er ist sehr mutig gewesen, denn er hat sein Leben eingesetzt, um die Pferde, die mit dem Wagen durchgingen, aufzuhalten. Danke ihm also, denn ohne ihn wären wir jetzt wahrscheinlich alle beide tot.«
    Das Kind verzog den Mund und wandte verächtlich den Kopf ab.
    »Er ist zu häßlich«, sagte es.
    Der Graf lächelte, als ob der
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