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Der Graf von Monte Christo 2

Der Graf von Monte Christo 2

Titel: Der Graf von Monte Christo 2
Autoren: Alexandre Dumas
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Monte Christo.
    »Nein«, antwortete Morrel.
    »Nicht einmal um mich?« fragte der Graf mit einer tiefen Bewegung.
    Morrel hielt inne; sein reines Auge trübte sich plötzlich und strahlte dann in ungewohntem Glanz; eine dicke Träne rollte ihm über die Wange.
    »Wie?« sagte der Graf. »Sie lassen etwas auf der Erde mit Bedauern zurück und wollen sterben?«
    »Oh, ich beschwöre Sie«, rief Morrel mit unsicherer Stimme, »kein Wort mehr, Graf, verlängern Sie meine Qual nicht!«
    Der Graf glaubte, daß Morrel schwankend wurde. Das weckte seine Zweifel wieder, die er im Schloß If schon einmal überwunden hatte.
    Ich will diesen Menschen glücklich machen! dachte er. Ich sehe das als eine Wiedergutmachung an für das Böse, das ich getan habe.
    Wie, wenn ich mich täuschte? Wenn dieser Mensch nicht unglücklich genug wäre, um das Glück zu verdienen?
    »Hören Sie, Morrel«, sagte er, »Ihr Schmerz ist ungeheuer, aber Sie glauben doch an Gott und wollen nicht das Heil Ihrer Seele daransetzen.«
    Morrel lächelte traurig.
    »Graf«, sagte er, »Sie wissen, daß ich keine poetischen Redensarten liebe, aber ich schwöre Ihnen, meine Seele gehört nicht mehr mir.«
    »Hören Sie, Morrel«, entgegnete Monte Christo, »ich habe, wie Sie wissen, keine Verwandten auf der Welt; ich habe mich daran gewöhnt, Sie als meinen Sohn zu betrachten; nun wohl, um meinen Sohn zu retten, würde ich mein Leben opfern, um wieviel mehr mein Vermögen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich will sagen, Morrel, daß Sie aus dem Leben scheiden wollen, weil Sie die Genüsse nicht kennen, die ein großes Vermögen verschaff t. Morrel, ich besitze ungefähr hundert Millionen und gebe Sie Ihnen; mit einem derartigen Vermögen können Sie jedes Ziel erreichen, das Sie sich stecken. Sind Sie ehrgeizig? Jede Laufbahn wird Ihnen off enstehen. Wenden Sie die Welt um, geben Sie ihr ein andres Aussehen, begehen Sie die hirnverbranntesten Dinge, werden Sie, wenn nötig, zum Verbrecher, aber bleiben Sie leben.«
    »Graf, ich habe Ihr Wort«, antwortete Morrel kalt, »und«, fügte er hinzu, indem er die Uhr zog, »es ist halb zwölf.«
    »Morrel, denken Sie wirklich daran? Soll es unter meinen Augen, in meinem Haus geschehen?«
    »Dann lassen Sie mich fort«, sagte Maximilian, der fi nster geworden war, »oder ich werde glauben, daß Sie mich nicht meinetwegen, sondern Ihretwegen lieben.« Er erhob sich.
    »Gut«, sagte Monte Christo, dessen Gesicht sich bei diesen Worten wieder aufklärte. »Sie wollen es, Morrel, und sind unbeugsam; ja! Sie sind tiefunglücklich, und ein Wunder allein kann Sie heilen; setzen Sie sich, Morrel, und warten Sie.«
    Morrel gehorchte. Monte Christo erhob sich und holte aus einem sorgfältig verschlossenen Schrank, zu dem er den Schlüssel an einer goldenen Kette trug, ein ziseliertes silbernes Kästchen und stellte es auf den Tisch.
    Dann öff nete er es und entnahm ihm eine kleine goldene Büchse, deren Deckel sich durch den Druck auf eine geheime Feder öff ne-te.
    Diese Büchse enthielt eine salbenartige, halbfeste Substanz, deren Farbe sich infolge der Refl exe des polierten Goldes, der Saphire, Rubine und Smaragde, mit denen die Büchse eingefaßt war, nicht bestimmen ließ.
    Der Graf nahm mit einem vergoldeten Löff el ein wenig von dem Inhalt der Büchse und bot es Morrel an, indem er einen langen Blick auf ihn heftete. Man konnte nun sehen, daß diese Substanz grünlich war.
    »Hier ist, worum Sie mich gebeten haben und was ich Ihnen versprochen habe«, sagte er.
    »Noch lebend«, sagte der junge Mann, indem er den Löff el aus des Grafen Hand nahm, »danke ich Ihnen aus tiefstem Herzen.«
    Der Graf nahm einen zweiten Löff el.
    »Was wollen Sie tun?« fragte Morrel, indem er ihm die Hand festhielt.
    »Wahrhaftig, Morrel«, entgegnete der Graf lächelnd, »ich glaube, daß ich, Gott verzeihe mir, des Lebens ebenso müde bin wie Sie, und da sich die Gelegenheit bietet …«
    »Halten Sie inne!« rief der junge Mann. »Oh, Sie, der Sie lieben, Sie, der Sie geliebt werden und den Glauben der Hoff nung haben, o tun Sie das nicht, was ich tun werde; von Ihnen wäre es ein Verbrechen. Leben Sie wohl, mein edler und hochherziger Freund, ich werde Valentine erzählen, was Sie für mich getan haben.«
    Und langsam, ohne sich vorher mehr Zeit zu lassen als um dem Grafen mit der Linken, die er ihm reichte, die Hand zu drücken, verschluckte Morrel die ihm von Monte Christo angebotene geheimnisvolle Substanz.
    Dann
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