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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin
Autoren: Patricia Amber
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und ließ sich gnädig von ihm aus der Kutsche helfen. Als sie vor ihm stand, gut eineinhalb Köpfe kleiner als er, schaute sie ihn streng von unten herauf an. „Ein Wunder wäre es nicht gewesen“, sagte sie. „Ich hatte zumindest nicht das Gefühl, dass mich hier auf dem Schloss jemand vermissen würde.“
    „Aber....“, rief er und errötete, weil Christian und Jeanne herbeigekommen waren und zuhörten. „Aber ich habe dir doch einen Brief geschrieben, Nadine.“
    Christian fuhr bei diesem Satz heftig zusammen und griff sich an den Kopf. „Oh Gott!“, rief er betroffen. „Verzeih mir, René. Und auch du Nadine. Ich habe diesen Brief total vergessen.“
    „Na, großartig“, knurrte René. „Ich habe eine ganze Nacht lang an der Feder gekaut, gut zehn Blätter habe ich in den Papierkorb geworfen – und dann war alles umsonst.“
    „Aber nein“, sagte Christian aufgeregt und wühlte in den Taschen seines Rocks. „Hier ist er doch. Ich habe ihn immer bei mir getragen, sogar im Krieg. Schau, das Siegel ist nicht erbrochen.“
    Bevor René die Hand nach seinem Schreiben ausstrecken konnte, hatte Jeanne es schon in den Fingern.
    „Dann werde ich Nadine jetzt vorlesen, was René ihr geschrieben hat“, meinte sie lächelnd. „Bist du einverstanden, Nadine?“
    „Aber ja....“
    René bekam rote Ohren, doch er konnte nicht verhindern, dass Jeanne seine Sätze nun mit lauter Stimme vortrug.
    „Liebe Nadine. Ich vermisse dich unendlich, meine kleine Freundin – und ich bereue alles, womit ich dich jemals gekränkt habe. Falls du beschließen solltest, wieder in die Normandie zu kommen, werde ich sehr glücklich sein.“
    „Ich wusste gar nicht, dass du so zärtliche Briefe schreiben kannst“, witzelte Christian und stieß den Freund in die Seite, während Nadine voller Rührung schon die Tränen in den Augen standen. René kratzte verlegen mit einem Fuß auf dem Boden herum.
    „Da ist noch ein Nachsatz“, meldete Jeanne. „Seid einmal still. Hier steht: Ich möchte dich
    bitten, meine Frau zu werden, Nadine .“
    Nadine riss die Augen auf – René stand wie vom Donner gerührt.
    „Das.... das habe ich nicht geschrieben“, stammelte er mit hochrotem Gesicht. „Aber…“
    „Aber?“, fragte Nadine lächelnd und nahm seine breite, frostrote Hand in die ihre.
    „Aber genau das habe ich schreiben wollen“, gestand er. „Willst du meine Frau werden, Nadine?“
    Die Antwort ging in Nadines Schluchzen unter, sie warf sich ihrem normannischen Bären an die breite Brust, und er umschlang sie voller Inbrunst und drückte sie an sein Herz.
    Lachend zog man ins Schloss ein, in dem Claude seinen Herrn begrüßte und die bereits recht rundlich gewordene Marie als seine Frau vorstellte. Der kleine Claude hatte sich ein Bärtchen stehen lassen und präsentierte die schwangere Marie mit großem Besitzerstolz. Schließlich war er derjenige, der diese wundervollen Rundungen ihres Leibes zu verantworten hatte.
    Christian gratulierte, versprach Hochzeitsgeschenke, dann erhob sich rege Tätigkeit: Das Gepäck, das Abendessen, das Bad wurde vorbereitet und Kleider für Jeanne. Wobei es mit dem Bad sehr eilig sei, mit den Kleidern nicht ganz so dringlich....
     
    Eine Woche später kam Nachricht aus Paris: Roger de Gironde war wieder wohlauf und seine Stellung bei Hofe besser denn je. Die Drahtzieher des Giftanschlags waren inzwischen bekannt. Roger hatte es bereits vermutet: Marguerite de Fador hatte ihre Hände im Spiel gehabt. Einen Prozess würde es allerdings nicht geben - die kluge Marguerite hatte verlauten lassen, dass verschiedene sehr hochgestellte Persönlichkeiten in die Affaire verwickelt seien, bis hin zu Mme de Montespan. Der König hatte daraufhin beschlossen, die Sache nicht weiter zu verfolgen. Roger bedauerte, nicht zur Hochzeitsfeier kommen zu können – Geschäfte hielten ihn leider in Paris. Doch würden in Kürze seine Geschenke eintreffen und dazu einige auserlesene Kostbarkeiten, die der König selbst für das junge Paar zur Hochzeit ausgewählt habe.
    „Wie schade“, meinte Jeanne, die mit Christian am knisternden Kaminfeuer im Salon saß und sich an ihn schmiegte, während er ihr den Brief vorlas. Draußen vor dem Fenster fielen zarte, weiße Schneeflocken auf die Terrasse und hüllten den verwilderten Schlosspark in ein zauberhaftes Wintergewand. Christian warf das Schreiben auf den Boden und umschlang seine Jeanne mit beiden Armen.
    „Ich kann auf ihn verzichten, mein Schatz“,
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