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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif
Autoren: Gabriel Galen
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Mädchen sein Pferd und folgte Lardar. Schweigend ritten sie durch den Wald. Nach einer halben Stunde hatten sie den Waldrand erreicht, und vor ihnen e r streckten sich die weiten Felder und Wiesen, die das Schloß von König Tamantes umg a ben.
    Als sie an einen Bach kamen, sprang Coriane leichtfüßig ab, um das Tier trinken zu lassen. Nun stieg auch Lardar ab und setzte sich an den Rand des Baches. Über ihnen zog ein A d ler seine Kreise und ließ hier und da seinen hellen Schrei hören.
    Coriane stand in Gedanken versunken bei ihrem Pferd und tätschelte seinen Hals. So entging ihr, daß Lardar aufstand und den Bogen vom Sattelknauf nahm. Er legte einen Pfeil auf die Sehne und zielte auf den ruhig kreisenden Vogel. Da blickte Coriane auf und erkan n te, was der Prinz im Sinn hatte. Mit einem zornigen Schrei sprang sie auf ihn zu und stieß ihm den Arm zur Seite. Doch zu spät! Schon hatte der Pfeil die Sehne verlassen und zischte in den Himmel.
     
    „Warum schießt Ihr auf den Vogel? Was für einen Nutzen kann Euch sein Tod bri n gen?“ fauchte Coriane den jungen Mann an. „Nur um zu beweisen, daß Ihr doch ein guter Schütze seid, tötet Ihr das erstbeste Tier, das Euch vor den Bogen kommt? Ich finde Eure Tat a b sche u lich, und ich verachte euch dafür!“
     
    „Aber seht, ich habe den Adler doch gar nicht getroffen!“ stammelte der Prinz, ve r blüfft über ihren Zornesausbruch. „Seht doch! Da oben fliegt er ja noch. Ich habe ihn nicht getötet.“
    „Dankt den Göttern, daß Ihr das nicht habt!“ knurrte da eine Stimme hinter den beiden. „Sonst steckte jetzt mein Schwert in Eurer Kehle, denn der Adler gehört zu mir, und das Tier ist mir lieb wie ein Br u der.“
     
    Erschrocken fuhren Lardar und Coriane herum. Drei Schritte hinter ihnen hielt ein Reiter. Das weiche Gras hatte das Hufgeräusch so gedämpft, daß die beiden das Nahen des Fremden nicht bemerkt hatten. Nun glitt der Mann aus dem Sattel und stieß einen lauten Pfiff aus. Hoch droben antwortete der Adler und schoß dann wie ein fallender Stein auf die Gruppe herunter. Zielsicher landete er auf dem ausg e streckten linken Arm des Mannes, der mit einer starken Lederma n schette geschützt war.
    Unwillkürlich war Lardar bei der Annäherung des Adlers zurückgewichen. Jetzt ha t te er sich jedoch wieder gefangen und trat auf den Fremden zu, wobei ihm der Zorn bereits wieder die Wangen rötete.
     
    „Wie könnt Ihr es wagen, in einem solchen Ton mit mir zu reden?“ stieß er heftig hervor. „Ihr wißt wohl nicht, wen Ihr vor euch habt und wo Ihr Euch hier befindet. Das Land gehört K ö nig Tamantes, und mir als seinem Gast steht frei, jedes Wild zu jagen, das mir beliebt.“
     
    „Ich weiß sehr wohl, wer Ihr seid“, antwortete der Fremde. „Ihr seid Lardar, der eitle Sohn von Konias, der sich selbst zum König über Ruwarad gemacht hat, obwohl ihm der Thron gar nicht zustand. Jagt, was Ihr wollt, doch wagt es nicht, mein E i gentum zu berühren! Ich hörte nie, daß König Tamantes es duldet, daß sich in se i nem Reich jemand an fremdem Eigentum vergreift.“
     
    Lardar schnappte erbost nach Luft. Was maßte sich dieser hergelaufene Strolch an? Doch er traute sich nicht, dem Fremden mit dem Schwert zu antworten, denn dieser sah so aus, als sei nicht mit ihm zu spaßen. So begnügte er sich damit, lauthals loszuschimpfen.
     
    „Welche Unverschämtheit!“ geiferte er. „Ich werde König Tamantes davon unterric h ten, was man sich als Gast in seinem Land bieten lassen muß. Sagt mir sofort Euren Namen! Tama n tes wird Euch schon Euren Lohn für Eure Frechheit geben.“
     
    Über die sonnenverbrannten Züge des Fremden flog ein verächtliches Lächeln.
     
    „Mein Name ist nicht für jedermann bestimmt“, sagte er. „Auch bin ich kein Unte r tan des Reiches Imaran. Wollt Ihr also meine Bestrafung, so werdet Ihr sie wohl selbst vornehmen oder Eures Weges ziehen müssen.“
     
    Lardars Hand zuckte zum Schwertgriff, doch dann schien er sich eines Besseren zu besi n nen.
     
    „Mit einem herumstreunenden Niemand fange ich keine Händel an“, sagte er hoc h näsig. „Schert Euch fort und kommt mir nicht mehr unter die Augen! Sehe ich Euch nochmals, we r de ich Euch wie einen Hund mit der Peitsche erschlagen.“
     
    Dann ging er zu seinem Pferd und stieg auf.
     
    „Laßt uns zum Schloß zurückkehren, Coriane!“ sagte er betont gleichgültig im D a vonreiten. „Es ist schon spät, und man wird auf uns
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