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Der goldene Greif

Der goldene Greif

Titel: Der goldene Greif
Autoren: Gabriel Galen
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hinunter. Nein, so konnte er sich unmöglich unter Menschen sehen la s sen! Es gab nur eine Möglichkeit: Er mußte in irgendeinem abgelegenen G e höft Kleidung und Schuhwerk stehlen und eines der Goldstücke als Bezahlung zurücklassen. Eine Gel e genheit zu diesem Diebstahl, der dem Bestohlenen noch G e winn bringen würde, ließe sich bestimmt finden.
    So sattelte Raigo sein Pferd und saß auf. Der Adler hatte unterdessen im Feld einen jungen Hasen g e schlagen, den er nun genüßlich zerriß.
     
    „He!“ rief Raigo. „Du hättest mir ruhig etwas abgeben können. Aber nun komm, wir wollen aufbr e chen!“
     
    Der Adler ließ die Reste seiner Mahlzeit fallen und flog auf Raigos ausgestreckten Arm. Da das Tier es sich angewöhnt hatte, sich dort niederzulassen, hatte Raigo den Arm mit einem Stück Fell umwickelt, damit ihm die scharfen Krallen nicht ins Fleisch schnitten. Als Raigo zum Weg zurückritt, fiel ihm ein, daß er dem Adler einen Namen hatte geben wollen. Ang e strengt dachte er nach. Der Name sollte kurz sein, und er mußte gut klingen, denn der Adler war ein prächtiges Tier.
     
    „Ja, ich hab’s!“ rief Raigo aus. „Ich werde dich Argin nennen. Argin heißt Pfeil in der Spr a che von Imaran, und mit dem Pfeil fliegst du um die Wette. Gefällt dir der N a me?“
     
    Der Adler neigte den Kopf zur Seite und sah Raigo mit seinen gelben Augen wie prüfend an. Dann lüftete er leicht die Schwingen, so daß es aussah, als zöge er gleichmütig die Schu l tern hoch.
     
    Raigo lachte. „Nun gut, wenn du nichts dagegen hast, dann bleibt es bei Argin.“
     
     
     
    2. Coriane
     
    Durch den Wald hallten die lauten Rufe der Jagdhörner. Aus dem Dickicht brach ein großer Hirsch. In seinen angstvoll aufgerissenen Augen sah man das Weiße, und die Zunge hing dem gehetzten Tier weit aus dem Maul. In wilden Sprüngen setzte der Hirsch über die Lic h tung, um den schützenden Windbruch zu erreichen, wo er Unterschlupf und Rettung zu fi n den hoffte. Doch dicht hinter ihm stürzte eine Meute Hunde aus dem Wald, die das Wild bald von allen Seiten eingekreist hatte und blaffend und jaulend um den König des Waldes he r umsprang. Schon senkte sich das mächtige Geweih, um den Aufdringlichsten der A n greifer au f zuschlitzen, als eine Schar Reiter den Saum des Waldes erreichte. Der vorderste Reiter spannte seinen Bogen.
     
    „Halt! Laßt mir den ersten Schuß!“ rief einer der Nachfolgenden.
     
    Doch der Pfeil war bereits davongeschnellt. Zu Tode getroffen knickte der Hirsch mit den Vorderläufen ein, dann sank er zur Seite. Krampfhaft fetzten die Hinterlä u fe das Gras, dann lag er still.
    Ein scharfer Pfiff rief die Meute zurück, die sich auf ihr Opfer hatte stürzen wollen. Dann u m ringten die Reiter ihre Jagdbeute.
     
    „Ein prachtvolles Tier und ein prachtvoller Schuß!“ lobte ein älterer Mann den glüc k lichen Schützen.
     
    Nun drängte sich ein junger Mann mit zorngerötetem Gesicht durch den Kreis zu dem Schützen hin.
     
    „Ich bat Euch, mir den ersten Schuß zu lassen, Prinz Scharin!“ schalt er. „Ihr hättet meinen Wunsch erfüllen müssen, denn schließlich bin ich Euer Gast!“
     
    „Wer hinderte Euch zu schießen, Prinz Lardar?“ fragte der Schütze mit spöttischem L ä cheln. „Sollte ich warten, bis Ihr Euer Pferd gemeistert hattet, um den Pfeil aus dem Stand verse n den zu können? Dann würden wir heute Abend beim Mahl wieder mit einem Hammel vorlieb nehmen müssen wie das letzte Mal, als Ihr den Eber verfehltet. Ich habe nun aber mal App e tit auf eine saftige Hirschkeule.“
     
    Wütend wollte Lardar auffahren. Sein hübsches, etwas weichliches Gesicht verzog sich zu einer Gr i masse. Doch da legte sich der ältere Mann ins Mittel.
     
    „Laßt es gut sein, Prinz Lardar!“ sagte er. „Ihr wißt doch, daß mein Sohn ein begeisterter Jäger ist und nur ungern auf das Recht des ersten Schusses verzichtet. Doch ich verspr e che Euch, daß er Euch das nächste Mal den Vortritt lassen wird.“
     
    Lardar verstummte. Mit einem vernichtenden Blick auf den fröhlich lächelnden Scharin riß er sein Pferd herum.
     
    „Wollt Ihr mich begleiten, Coriane?“ rief er dem jungen Mädchen zu, das mit seinem Pferd neben Scharin hielt.
     
    Coriane warf einen flehenden Blick auf den älteren Mann.
     
    „Muß ich ihn begleiten, Oheim?“ fragte sie leise.
     
    „Du bist seine Braut und gehörst an seine Seite!“ antwortete König Tamantes.
     
    Seufzend wendete das
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