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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel
Autoren: Lucius Apuleius
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eines Menschenmordes schuldig, verließ ich Vaterland und Haus und Hof und begab mich freiwillig ins Elend. Jetzt bin ich nun wieder verheiratet und in Ätolien ansässig.« – Also Aristomenes.
    Sein Begleiter, der sich gleich von Anfang ungläubig gegen diese Geschichte bewiesen hatte, sprach: »Ich bleibe dabei, das ist die abenteuerlichste aller Fabeln, die albernste Lüge, die es nur gibt! Und sag Er mir nur, Herr,« wandte er sich zu mir, »Er ist doch nun der Kleidung und dem Ansehen nach ein stattlicher Mann, mag Er denn in aller Welt ein solches Märchen glauben?« – »Ich meines Teils,« geb ich ihm zur Antwort, »ich halte nichts für unmöglich, sondern bin der Meinung, daß, was das Schicksal nur fügt, alles den Sterblichen auch begegne. Es widerfahren uns ja, mir sowohl als Euch und allen übrigen Menschen, so manche wundersame und fast unerhörte Dinge, die, wenn wir sie einem Fremden wiedererzählten, gewiß nicht den mindesten Glauben finden würden! Daher glaube ich, beim Herkules! die herrliche Erzählung, womit uns Aristomenes so angenehm unterhalten hat, nicht allein vom Anfang bis zum Ende vollkommen, sondern ich weiß ihm auch den herzlichsten Dank dafür! Bin ich doch darüber weder der Länge noch der Rauhigkeit des Weges gewahr geworden. Auch mein Gaul hat sich wohl dabei gestanden; da ich so sonder Beschwerde seines Rückens auf dem Vergnügen meiner Ohren bis vor das Tor dieser Stadt hergeritten bin.« –
    Hier hatte mit unserm Gespräche auch der gemeinschaftliche Weg ein Ende, denn meine beiden Reisegefährten gingen links ab nach benachbarten Dörfern, und ich in die Stadt hinein. Vor dem ersten Wirtshause, das ich antraf, halt ich still und frage die Gastwirtin, die schon bei Jahren war: »Bin ich hier recht? heißt die Stadt Hypata?« – Sie nickte. – »Kennt Ihr nicht einen gewissen Milo, einen von den Ersten in der Stadt?« – Sie lachte. »O,« sprach sie, »Milo kann mit gutem Fuge der Allererste hier heißen; da er am Zwinger gleich zu Anfang der Stadt wohnt.« – »Scherz beiseite,« versetzte ich, »sagt mir doch, ich bitte Euch, gute Mutter, wer er ist und in welchem Hause er wohnt.« – »Sehen Sie da ganz unten nicht die Fenster,« sprach sie, »die zur Stadt hinausgehen? und auf der andern Seite die Tür dem kleinen nahen Gäßchen gegenüber? Allda wohnt der Milo, ein steinreicher, überaus wohlhabender Mann, der aber bei aller Welt als der abscheulichste, schmutzigste Geizhals verschrien ist. Kurz, er leihet immer auf Gold- und Silber-Pfänder gegen reichliche Zinsen, steckt wie eingeschlossen in seiner Hütte und brütet da überm Geldkasten, und ungeachtet er eine Frau zur Mitgenossin seines kümmerlichen Lebens hat, so hält er doch nur eine einzige Magd und zieht nicht ein Haar anders einher als ein Bettler.« – Ich lache darauf in meinem Herzen und denke im Weiterreiten: »Da hat ja Freund Demeas ausnehmend wohl und gütig für Dich gesorgt, daß er Dich auf Deiner Reise einem solchen Manne empfohlen hat, in dessen Hause Du weder von Rauch noch von Küchendampf wirst behelligt werden!«
    Hiermit gelange ich nach einem kurzen Wege vor der Tür an, die ich scharf verriegelt fand. Ich mußte lange anklopfen und »Holla« rufen. Endlich und endlich kommt die Magd heraus. – »He,« sprach sie, »wer pocht denn? Worauf gedenken Sie zu borgen, mein Herr? es wird Ihnen nicht unbekannt sein, daß hier keine anderen Pfänder denn Gold und Silber angenommen werden.« – »Ich komme in ganz anderer Absicht, mein Kind!« versetzte ich, »sage Sie mir nur, finde ich Ihren Herrn zu Hause?« – »O ja,« sprach sie; »warum?« – »Ich habe Briefe vom Demeas aus Korinth an ihn abzugeben.« – »So warten Sie nur ein wenig, ich will Sie melden.« – Mit den Worten geht sie wieder hinein und riegelt hinter sich zu. Bald, so erscheint sie wieder, macht mir die Tür auf und sagt: »Sie möchten doch so gut sein und hereinkommen!« – Ich tu's und finde den Milo eben bei Tische. Er lag auf einem kleinen Bettchen und seine Frau saß ihm zu Füßen. Er zeigte auf die vor ihm stehende leere Schüssel und sprach: »Sie sind mir hierauf freundlich willkommen!« Ich dankte und überreichte ihm sofort den Brief des Demeas. Als er ihn geschwind durchgelesen, sagte er: »Ich bin meinem Freunde außerordentlich viel Dank schuldig, daß er die Gütigkeit hat, mir einen so vornehmen Gast zuzuweisen.« Darauf läßt er seine Frau aufstehen und nötigt mich, ihren Platz
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