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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel
Autoren: Lucius Apuleius
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schon hinlänglich.«
    Ganz bestürzt und erstaunt über dies hochweise Verfahren meines wohlehrsamen Herrn Mitschülers, welches mich so um mein Geld und meine Mahlzeit brachte, verfügte ich mich hierauf in das Bad und von da wieder nach der Wohnung des Milo, in mein Zimmer. Alsbald kam Fotis, mich zum Essen zu rufen. Weil ich aber die Gerätlichkeit ihrer Herrschaft schon kannte, so laß ich mich sehr höflich entschuldigen: ich wäre von meiner Reise mehr müde denn hungrig. Auf dies Kompliment kommt Milo selber, mich zu holen. Er nötigt mich auf das dringendste und reißt mir ganz, wie man zu sagen pflegt, den Ärmel aus, mitzukommen; da ich mich aber immer mit großer Bescheidenheit weigere und es durchaus nicht tun will, so sagt er endlich: »Ich weiche und wanke nicht eher von Ihnen, bis Sie mich begleiten!« und bekräftigt dies noch mit einem großen Schwur. So ungern ich's auch tat, mußte ich nun doch schon nachgeben. Ich gehe also mit zu ihm hinüber.
    Wir setzen uns aufs Bett, und sogleich fängt er an: »Nun, wie befindet sich denn unser Demeas? Wie geht's seiner Frau? Was machen seine Kinder? Wie steht's um sein Gesinde?« – Ich geb ihm von allem und jeglichem umständlichen Bericht . Hierauf geht's an ein Fragen: warum, in welcher Absicht, auf wie lange und wohin ich denn eigentlich diese Reise unternommen hätte? Als ich ihm auch dies alles getreulich beantwortet, so nimmt er mich über mein Vaterland in Verhör; erkundigt sich nach allen darin angesehenen Familien auf das Genaueste, und wie wir damit fertig sind, muß endlich auch sogar der Statthalter kein schlechtes bißchen herhalten. Kurz, er trieb das Ding so lange, bis er sah, daß mich die Müdigkeit von meiner Reise und seinem ewigen Gespräche ganz unter hatte, daß ich mitten in der Rede vor Schlaf stockte und stotterte und stammelte und gar nicht mehr wußte, was ich sprach, dann hob er an: »Ei wirklich, sind Sie doch auch so müde von Ihrer Reise, daß Sie nicht einmal mehr das Essen abwarten können! Das tut mir ja leid, aber zwingen Sie sich meinetwegen nicht. Machen Sie keine Umstände, gehen Sie, gehen Sie immer und legen Sie sich aufs Ohr.« – Damit entließ er mich, und froh, daß ich nur des filzigen Alten Plauder- und Hungermahl entkam, taumelte ich voll Schlafs, aber mit leerem Magen (denn kahle Gespräche machen nicht satt) auf mein Zimmer zurück und ergab mich der sehnlich erwünschten Ruhe.
    * * *

Zweites Buch
    Sobald nach vertriebener Nacht die aufgehende Sonne den Tag erneuet, erwachte ich und verließ mein Bett voll ängstlicher Begierde, die Seltenheiten und Wunder der Stadt zu sehen. Der Gedanke, daß ich mitten in Thessalien, der Magie weltbekannter Heimat, mich befände, und die Erzählung, wozu diese Stadt den ehrlichen Aristomenes veranlaßt, befeuerten meine ohnehin heiße Phantasie noch mehr, und mit höchst gespannter Neugier staunte ich links und rechts alles mit großen Augen an.
    Es war in ganz Hypata nichts, das ich für das, was es war, angesehen hätte. Alles und jedes mußte durch Hexerei in eine andere Gestalt verwandelt worden sein. Die Steine sogar, die ich antraf, hielt ich für vormalige Menschen. Die Vögel, die ich singen hörte, die Bäume, die im Zwinger standen, die Brunnen in den Gassen schienen mir alle ebensoviel befiederte, belaubte, zu Wasser zerflossene Menschen. Ja, ich erwartete, daß Bilder und Statuen einherspazieren, Wände reden, Ochsen und Vieh weissagen und vom Himmel herab mit einemmal aus der Sonnenscheibe Göttersprüche erschallen sollten.
    So in schwärmerischen Vorstellungen entzückt, oder vielmehr von übernatürlichen Wünschen verrückt, schwindelte ich umher, ohne auch nur eine Anzeige oder überhaupt eine Spur von alledem anzutreffen, was ich mir einbildete.
    Ich taumelte wie ein Betrunkener Straße auf, Straße ab, bis ich endlich ganz unvermutet auf den Marktplatz komme.
    Ein Frauenzimmer, von sehr vielen Bedienten umgeben, zog da meine Augen auf sich, und ich beschleunigte meine Schritte, sie einzuholen. Kostbarer Schmuck und goldgestickte Kleider verrieten in ihr eine sehr vornehme Frau. Zu ihrer Seite befand sich ein Herr, schon ziemlich bei Jahren.
    Dieser ward mich nicht sobald gewahr, als er rief: »Beim Herkules, das ist ja Lucius!«
    Er umarmte mich sogleich und raunte dann der Dame, ich weiß nicht was, ins Ohr.
    »Wollen Sie nicht,« sprach er jetzt, »näher herzutreten und hier eine Anverwandte begrüßen?«
    »Ich weiß nicht, ob ich es mich
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