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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel
Autoren: Lucius Apuleius
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sondern blieb stehen und betrachtete mir ganz aufmerksam alle Reize dieses drolligen Mädchens. Ich schweige der übrigen, da ich für Kopf und Haar von jeher vorzüglich eingenommen gewesen. Bin ich in Gesellschaft, so sehe ich mich beständig danach um, und in der Einsamkeit habe ich im Stillen meine Lust und Freude daran.
    Der Grund, den ich mir von diesem Vorzuge anzugeben weiß, ist dieser:
    Wäre der Kopf nicht der vornehmste Teil des Körpers, wie würde die Natur denselben so frei in die Augen fallend und, wie auf ein Fußgestell, auf die Schultern erhoben haben? Das Haar aber ist durch seine eigentümliche Schönheit dem Haupte, was den übrigen Gliedern kaum nur der gesuchte Schmuck lachender Farben und prachtreicher Kleider ist. Ja, will eine Schöne recht sich sehen lassen und in all ihrem Reize erscheinen, so wirft sie die Bekleidung ab, jeglicher Schleier fällt: sie tritt allein in ihrer nackten Schönheit auf und vertraut mehr auf die Rosen ihrer Haut als auf das Gold ihres Gewandes. Allein (Frevel ist's, es nur zu sagen, und niemals müsse sich ein Beispiel einer so abscheulichen Untat ereignen) entblößet das Haupt des schönsten Mädchens seines Haares, Ihr raubt zugleich auch dem Gesicht all seine Liebenswürdigkeit! Und käme sie von dem Himmel hernieder, wäre sie aus dem Meere geboren und von den Wellen erzogen, ja wäre sie Venus selbst, umtanzt von den drei Huldgöttinnen, gefolgt von dem ganzen Volke der Amoretten, mit ihrem Gürtel geschmückt, duftete sie Zimmet und tröffe von Balsam, ginge aber kahlköpfig einher, – gefallen könnte sie ihrem Vulkane selbst nicht. Im Gegenteil, was kann bezaubernder sein, als ein Haar von schöner Farbe und blendendem Glanze, das hell in der Sonne blitzt oder nur einen sanften Wiederschein von sich gibt und durch wechselnde Anmut seinen Anblick vervielfältigt; das jetzt wie Gold schimmernd, sanft zur Farbe des Honigs sich verdüstert, jetzt bei Rabenschwärze mit der Täubchen blauspielenden Hälsen wetteifert oder, gesalbt mit arabischem Wohlgeruch, von künstlicher Hand geteilt und glatt zurückgebunden, wie ein Spiegel des gegenüberstehenden Liebhabers Bild verschönert zurückwirft? Was kann man Edleres sehen, als wenn die Fülle desselben, in einem Schopf gewunden, den Scheitel krönt oder ringelnd über den Rücken hinabfließt? Kurz, die Würde des Haares ist so groß, daß, geht eine Schöne auch noch so geschmückt mit Gold, Stoff, Edelgesteinen und allem übrigen Staate und hat nur nicht für die Zierlichkeit ihrer Haare gesorgt, sie deswegen allein von niemand für angeputzt gehalten wird.
    Meine Fotis trug die ihrigen mit einer glücklichen Nachlässigkeit geziert und war darum nur desto reizender. Aufgerollt am Ende und verloren auf dem Wirbel durch eine Schleife befestigt, fielen sie in ihrem ganzen Reichtum auf den Nacken herab, verteilten sich um den Hals herum und ruhten an desselben gekräuseltem Streif.
    Ich konnte mich vor Übermaß der Wollust nicht mehr halten. Ich umfing Fotis und drückte den Spitzen ihrer Haare, wo sie sich über der Stirn in einen Knoten verschlangen, den honigsten Kuß auf.
    Sie bog den Hals zurück, sah mich seitwärts mit durchtriebenen Augen an und sprach:
    »He, kleiner Lecker, das ist bittersüße Ware! Lassen Sie die Näscherei, oder Sie werden sich mit dem zuvielen Honig endlich den Magen vergällen!«
    »Wenn's weiter nichts ist, immerhin!« versetzte ich. »Für einen einzigen Kuß von Dir, Du allerliebstes Mädchen, laß ich mich wohl lebendig auf diesen glühenden Kohlen braten.«
    Mit diesen Worten drückte ich sie fester an mich und küßte sie. Und schon umschlang sie mich, von gleichen Trieben hingerissen und wie ich schmachtend von lechzendem Verlangen; schon sog ich ihren Zimmetatem aus halbgeöffnetem Munde ein, saugte Nektar von ihrer der meinigen begegnenden Zunge und fühlte mich unwiderstehlich zum völligen Genusse der Wollust hingerissen, als ich ausrief:
    »Ich sterbe, Fotis; erbarme Dich, ich sterbe!«
    Unter wiederholten feuervollen Küssen antwortete sie:
    »Sei gutes Muts! Dein Wunsch ist auch der meine, und später denn diesen Abend soll unser Vergnügen nicht verschoben sein. Sobald Licht angesteckt, bin ich auf Deinem Zimmer. Jetzt geh und rüste Dich zum Kampfe. Ich kündige Dir Fehde auf die ganze Nacht an.«
    Nach diesem und ähnlichem Gekose schieden wir voneinander.
    Kaum war es Mittag, so schickte mir Byrrhenna zum Gastgeschenk einen fetten Schweinsbraten, fünf junge
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