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Der goldene Esel

Titel: Der goldene Esel
Autoren: Lucius Apuleius
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einzunehmen. Da ich aber aus Höflichkeit mich weigerte, es zu tun, so zog er mich beim Kleide zu sich und fügte hinzu: »Machen Sie doch keine Umstände und lassen Sie sich nieder; denn wir haben hier weiter keine Stühle noch anderes Gerät, weil wir uns vor den Dieben nichts anschaffen dürfen.« – Ich setzte mich also. – »Ich würde Sie,« nahm er das Wort wieder, »schon an Ihrem feinen Wesen und an Ihrer einnehmenden Bescheidenheit für einen Mann von Stande erkennen, wenn auch mein Freund Demeas nichts davon in seinem Briefe erwähnt hätte. Um so mehr muß ich Sie aber ersuchen, unser kleines enges Häuschen nicht zu verschmähen. Es soll Ihnen hier in dem Nebenzimmerchen an keiner anständigen Bequemlichkeit fehlen. Nehmen Sie nur gütigst bei uns vorlieb. Sie werden dadurch nicht allein uns eine große Ehre erzeigen, sondern zugleich dem ruhmvollen Beispiele des Namensverwandten Ihres Vaters, des Theseus, folgen, der es vormals auch für keine Schande gehalten, unter dem niedern Dache der alten Hekale zu herbergen.« – Und nachdem er das Mädchen gerufen, sagt er zu ihr: »Fotis, packt den Mantelsack des Herrn ab und tragt ihn hier in das Zimmer daneben. Holt auch geschwind aus der Vorratskammer Öl und Badezeug und bringt dann meinen Gast in das nächste Bad; er wird von seiner weiten, beschwerlichen Reise müde sein.« – Als ich das hörte, besann ich mich in der Geschwindigkeit des Charakters und der Kargheit des Milo und suchte mich bei ihm in Gunst zu setzen, indem ich sagte: »O, dessen bedarf ich all nicht; ich pflege es auf Reisen beständig selbst mit mir zu führen, und nach dem Bade will ich mich auch schon allein hinfinden. Will Sie mir aber einen Gefallen tun, Fotis, so sei Sie so gut und nehme hier dies Geld und kaufe mir dafür Heu und Gerste für mein Pferd, mit dem ich heute einen tüchtigen Ritt getan habe.« – Sobald nachher der Mantelsack auf meinem Zimmer war, geh ich zum Bade fort, nehme aber meinen Weg übern Markt, um mich erst mit etwas Mundvorrat zu versehen. Ich finde da herrliche Fische feil, nur forderte man 100 Nummen dafür; ich handelte und bekomme sie noch für 20 Denar. Eben war ich vom Markte wieder herunter, so sah ich einen alten Schulkameraden von mir aus Athen, den Pytheas, hinter mir herkommen. Er erkannte mich auch gar bald wieder, kam liebreich auf mich zu und umhalste und küßte mich sehr freundschaftlich: »I, lieber Lucius,« rief er, »haben wir uns doch so lange nicht gesehen! beim Herkules! seitdem wir aus der Schule sind, nicht wieder! Nun, wie kommst Du einmal hierher?« – »Das sollst Du morgen erfahren,« versetzte ich. »Aber was seh ich? O, viel Glück zu den Lictoren, den Fasces und dem ganzen magistratlichen Ornate!« – »Ich bin hier Proviantverwalter,« antwortete er, »und Ädil, und wenn Du was einzukaufen hast, so kann ich Dir nützlich sein.« – Ich bedankte mich, weil ich an meinen Fischen schon zur Genüge hatte. Inzwischen fiel ihm mein Einkauf in die Augen. Er bückt sich danach herunter, schüttelt ihn herum, ihn desto besser zu besichtigen, und fragt mich: »Wieviel hast Du für den Schund gegeben?« – »Mit genauer Not,« gebe ich zur Antwort, »hat mir ihn der Fischer noch für 20 Denar gelassen.« – Als er das hörte, nahm er mich bei der Hand und führte mich schnurstracks wieder auf den Markt zurück. »Von wem,« sprach er da, »hast Du den Bettel gekauft?« – Ich zeige ihm meinen Mann, der auf einer Ecke feil hatte. Den Augenblick fährt er demselben mit greller Stimme in völligem Amtseifer auf den Hals. – »Nun,« sprach er, »nun schont Ihr auch keinen Freund mehr, geschweige einen Fremden! Ist das wohl erlaubt, die Leute so unverschämt zu schnellen und für solch elendes Zeug von Fischen so viel zu fordern? Wollt Ihr denn mit Eurer gottlosen Überteuerung der Lebensmittel Thessaliens blühendste Stadt durchaus so öde wie einen Fels oder eine Sandwüste machen? Aber das soll Euch nicht ungestraft hingehen! Ich will Euch zeigen, wie man Schurken, wie Ihr seid, in meinem Amte züchtigen kann.« Damit schüttet er alle meine Fische mitten auf die Gasse hin, und ein Scherge muß sich hinstellen und sie mit Füßen treten. Nach dieser verübten exemplarischen Strenge wendet sich Freund Pytheas, höchst mit sich selbst zufrieden, wieder zu mir. – »Jetzt,« sprach er, »verweile ich Dich nicht länger, lieber Lucius, laß Dich von nichts abhalten, die öffentliche Beschimpfung dieses Betrügers ist mir nun
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