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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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– den lateinischen Psalmgesang im provenzalischen Akzent vertragen kann?“
    „Das ist nur, damit diese verdammten Sänger des Königs von Sizilien angestellt wurden; deshalb hat er’s getan“, belferte ein altes Weib in der Menge unten am Fenster. „Ich bitt Euch nur: tausend Pariser Livres für eine Messe! Und noch obendrein auf den Pacht der Halle der Seefische in Paris.“
    „Still, Alte!“ beschwichtigte ein dicker gewichtiger Mann, der an der Seite einer Fischverkäuferin sich die Nase zuhielt. „Das war ganz in der Ordnung, die Messe zu stiften. Oder wollt Ihr, daß der König in seine Krankheit zurückfallen sollte?“
    „Brav gesprochen, Meister Gilles Lecornu, königlicher Hofkürschner“, schrie der kleine Student, der sich am Kapitäl angeklammert hielt. Ein lautes Gelächter aller Studenten bewillkommnete den verdrießlichen Namen des armen Kürschners der Röcke des Königs.
    „Lecornu! (Der Gehörnte.) Gilles Lecornu!“ riefen die einen. – „Cornutus et hirsutus!“* sagte ein anderer. – „Ja gewiß!“ begann der kleine Teufel des Kapitäls aufs neue. „Was lacht ihr? Das ist der ehrsame Mann Gilles Lecornu, Prévot vom Hotel des Königs, Sohn des Meisters Mahiet Lecornu, ersten Hüters des Waldes Vincennes, sämtlich Bürger von Paris, sämtlich vom Vater bis auf den Sohn verheiratet.“

    * Lateinisch: Der Gehörnte und der Struppige
    Das Gelächter ward verdoppelt. Ohne ein Wort zu erwidern, bemühte sich der dicke Kürschner, sich den von allen Seiten auf ihn gerichteten Blicken zu entziehen; allein er schwitzte und schnaubte vergeblich; er glich einem Keil, der ins Holz getrieben wird; alle seine Bemühungen befestigten nur um so mehr sein breites, apoplektisches, von Ärger und Zorn glühendes Gesicht zwischen den Schultern seiner Nachbarn. Endlich kam einer von diesen, ebenso dick, kurz und ehrwürdig wie er selbst, ihm zu Hilfe.
    „Verflucht! Studenten sprechen so unverschämt mit Bürgern! Zu meiner Zeit hätte man sie mit Knütteln geprügelt und dann auf den Prügeln verbrannt!“
    Der ganze Haufe brach in Gelächter aus.
    „Holla! He! Wer plärrt dieses Lied? Wer ist der Uhu des Unheils? – Wart, ich erkenne dich! Du bist Meister Andry Musnier. – Weil er einer von den vier geschworenen Buchhändlern der Universität ist. – In seiner Bude ist überall die Zahl vier. Vier Nationen, vier Fakultäten, vier Feste, vier Prokuratoren, vier Wähler, vier Buchhändler. – Ja, ja“, fiel Jehan Frollo ein, „wir müssen Ihnen vier Teufel auf den Hals schicken. Musnier, wir verbrennen deine Bücher, – Musnier, wir prügeln deinen Bedienten, – Musnier, wir zerzausen deine Frau – die gute dicke Oudarde – die so frisch und munter ist, als wäre sie schon Witwe.“
    „Der Teufel mag Euch holen“, brummte Meister Andry Musnier.
    „Meister Andry, schweig“, fiel Jehan ein, der noch immer auf dem Kapitäl hing, „oder ich falle dir auf den Kopf.“
    Meister Andry schlug die Augen auf, schien einen Augenblick lang die Höhe des Pfeilers und die Schwere des Schelms zu messen, multiplizierte diese Schwere mit dem Quadrat ihrer Geschwindigkeit und schwieg.
    Jehan fuhr triumphierend fort, als Herr des Schlachtfeldes: „Ja, ja, das tu ich, ob ich auch der Bruder eines Archidiakonus bin.“
    „Schöne Herren, unsere Oberen in der Universität! Sie machen nicht einmal an einem Tage, wie heute, unsre Privilegien geltend! Maibaum und Freudenfeuer in der Stadt, Mysterien, Narrenpapst und flamländische Gesandte in der Altstadt, in der Universität nichts!“
    „Der Platz Maubert ist ja groß genug“, bemerkte einer der Schreiber, über das Fensterbrett gebeugt. – „Nieder mit dem Rektor, den Wählern und Prokuratoren!“ rief Johannes. – „Heute abend“, fiel ein anderer ein, „muß man auf dem Champ-Gaillard von den Büchern des Meisters Andry ein Freudenfeuer machen! – und mit den Pulten der Schreiber! – und mit den Stäben der Pedelle! – und mit den Spucknäpfen der Dekane – und mit den Schränken der Prokuratoren – und mit den Backtrögen der Wähler! – und den Fußschemeln des Rektors!“
    „Nieder mit ihnen!“ begann der kleine Jehan aufs neue kreischend, „nieder mit Meister Andry! Nieder mit den Pedellen und Schreibern, Theologen, Ärzten und Dekretisten! Nieder mit den Prokuratoren, Wählern und dem Rektor!“
    „Das Ende der Welt ist nah“, brummte Meister Andry, sich die Ohren verstopfend. – „Beiläufig gesagt, da kommt der Rektor
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